BAG: Annahmeverzug – Beschäftigungsmöglichkeit

Der Vergütungsanspruch eines Arbeitnehmers entfällt, wenn der Zeitraum für die
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall abgelaufen ist und der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen
Gründen weiterhin nicht in der Lage ist, die vertragsgemäße Arbeit zu
erbringen. Daran ändert auch das Angebot der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer
nichts. Hat der Arbeitnehmer eine bestimmte, an sich mögliche Arbeit abgelehnt,
kann der Vergütungsanspruch nicht darauf gestützt werden, der Arbeitgeber hätte
diese Arbeit anbieten müssen. Das gilt auch dann, wenn eine Beendigungskündigung
des Arbeitgebers rechtskräftig mit der Begründung für unwirksam erklärt worden
ist, der Arbeitgeber hätte trotz der Ablehnung seitens des Arbeitnehmers die
entsprechende Arbeit im Wege der Änderungskündigung anbieten müssen.
Die Klägerin ist Kommissioniererin in einer Molkerei. Sie meldete sich nach ca. eineinhalbjähriger
krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bei ihrem Arbeitgeber arbeitsfähig.
Zu einem Arbeitseinsatz kam es nicht, weil der Arbeitgeber sie weiterhin für
arbeitsunfähig hielt. Er kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Begründung einer fehlenden
Beschäftigungsmöglichkeit. Gegen diese Kündigung klagte die Arbeitnehmerin
mit Erfolg. In dem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesarbeitsgerichts
wird zur Begründung ausgeführt, der Arbeitgeber hätte der Klägerin im Wege
der Änderungskündigung eine schonende Tätigkeit im Labor anbieten müssen, auch
wenn die Klägerin diese Tätigkeit zuvor bereits abgelehnt habe. Das Landesarbeitsgericht
hat hieraus weiter einen Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs hergeleitet.
Dem ist der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts nicht gefolgt. Annahmeverzug
liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer zur Leistung der Arbeit außerstande
ist oder diese abgelehnt hat. Das Landesarbeitsgericht muss nunmehr in einem neuen
Berufungsverfahren klären, welche Arbeiten die Klägerin angeboten bzw. abgelehnt
hat und zu welchen Arbeiten sie gesundheitlich in der Lage war.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. August 2008 – 5 AZR 16/08 –

Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Mai 2007 – 11/19 Sa
1217/06 –