VG Trier: Beamter darf im Einzelfall auch während einer Erkrankung Pflichten aus seinem Ehrenamt wahrnehmen

Ein Polizeibeamter, der neben seinem Hauptamt das Amt eines ehrenamtlichen Ortsbürgermeisters ausübt, begeht nicht ohne Weiteres ein Dienstvergehen, wenn er im Zeitraum einer längeren Erkrankung Pflichten aus dem Ehrenamt nachkommt. Das hat die landesweit zuständige Kammer für Disziplinar-sachen des Verwaltungsgerichts Trier entschieden.

Der Entscheidung lag der Fall eines Polizeibeamten aus der Region Trier zu Grunde, der auch Orts-bürgermeister einer kleineren Ortsgemeinde ist. Von Mitte Juni bis Ende Juli 2000 war der Mann auf Grund einer Knieverletzung dienstunfähig erkrankt. Mitte Juli 2000 nahm der Polizeibeamte in seiner Funktion als ehrenamtlicher Ortsbürgermeister an dem Altstadtfest der Ortsgemeinde teil. Er hielt eine Festansprache und zeigte verschiedentlich Präsenz. Im Rahmen der Berichterstattung über das Fest veröffentliche das örtliche Presseorgan auch ein Bild von der offiziellen Festeröffnung. Dabei war der Polizeibeamte zu erkennen. Dem Dienstherrn wurde das Foto zugespielt. Dieser leitete daraufhin ein Disziplinarverfahren ein. Das Verfahren wurde im Juli 2001 eingestellt. Dabei wurde jedoch festgestellt, dass der Kläger mit seinem Verhalten gegen seine Pflichten verstoßen habe. Durch seine Teilnahme an dem Altstadtfest während seiner Erkrankung habe er den Anschein erweckt, zwar nicht dienstfähig zu sein, gleichwohl aber aktiv an Vergnügungsveranstaltungen in der Öffentlichkeit teilnehmen zu können. Hierin sei ein Dienstvergehen zu sehen.

Das Verwaltungsgericht Trier teilte diese Auffassung nicht. Es hob die Feststellung, dass der Beamte ein Dienstvergehen begangen habe, auf. Zur Begründung führen die Richter in ihrer Entscheidung aus, dass sich ein dienstunfähig erkrankter Beamter im Allgemeinen während der Dauer einer Erkrankung in der Öffentlichkeit größte Zurückhaltung aufzuerlegen habe, um Zweifel an seinem Berufsethos, die sich schädigend auf das Ansehen der gesamten Beamtenschaft auswirken könnten, zu vermeiden. Grundsätzlich verstoße ein dienstunfähig erkrankter Beamte bereits gegen das Gebot zu achtungs-würdigem Verhalten, wenn er sich während einer Krankheit auf Vergnügungsveranstaltungen oder in Gaststätten aufhalte. Ein derartiges Gebaren müsse in der Regel sowohl beim Dienstherrn als auch in der Allgemeinheit auf Unverständnis stoßen und Zweifel an der Integrität des Beamten wecken. Vorliegend seien jedoch aus dem Verhalten des Beamten wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles keine derartigen negativen Folgen zu besorgen. Dabei sei zunächst zu berücksichtigen, dass der Beamte das Knie wieder voll habe belasten dürfen und dass ihm Gehtraining angeraten worden sei. Überdies sei der Kläger als ehrenamtlicher Bürgermeister Landes-Ehrenbeamter auf Zeit und müsse sich auch diesem Ehrenamt mit voller Hingabe widmen. Er habe sich daher zu bemühen gehabt, sowohl seinem Amt als Berufsbeamter als auch seinem Amt als Ehrenbeamter gerecht zu werden und bei entgegengesetzten Pflichten diese soweit wie möglich in Einklang zu bringen. Hier habe der Kläger mit seinem Erscheinen auf dem Fest seiner Pflicht als Bürgermeister genügt, die Gemeinde als ihr Vertreter bei ihrem Altstadtfest, das als touristische Attraktion einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellen dürfe, zu repräsentieren. Gegenüber dieser, mit dem Ehrenamt des Klägers aufs Engste verbundenen und grundsätzlich von ihm selbst und nicht von seinem Vertreter zu übernehmenden Verpflichtung habe die hiermit kollidierende Pflicht aus dem Hauptamt zur Mäßigung ausnahmsweise zurücktreten dürfen (Az.: 3 K 1596/01.TR)

Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.