Das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt (LKA) hat u. a. von den Hochschulen im Land die Übermittlung personenbezogener Daten Angehöriger bestimmter
Studentengruppen verlangt, die es mit vorhandenen Datenbeständen abgleichen will. Hierdurch sollen sich möglicherweise in Rheinland-Pfalz aufhaltende potentielle
Terroristen und Unterstützer frühzeitig erkannt werden. Das LKA befürchtet, dass sich weitere, bislang noch nicht identifizierte sogenannte “Schläfer” in Deutschland
aufhalten, die in künftige terroristische Anschläge involviert sein könnten. Es sei auch nicht auszuschließen, dass potentielle islamitische Terroristen Deutschland
als Ruheraum oder logistische Basis für Anschläge im Ausland nutzen.
Der Antragsteller ist Student und islamischer Religionszugehörigkeit. Er wandtesichandasVerwaltungsgerichtMainzmitdemBegehren,dem Antragsgegner (Land Rheinland-Pfalz
vertreten durch das LKA) zu untersagen, die an das LKA übermittelten,ihn betreffenden Daten zu speichern und zu verarbeiten,weildiesseinRechtaufinformationelle
Selbstbestimmung verletze. Die Vorgehensweise des LKA sei gesetzwidrig. Es fehle an einer gegenwärtigen Gefahr bezüglich terroristischer Anschläge in Deutschland.
Die Richter haben den Antrag mit folgender Begründung abgelehnt: Die Anforderung, Speicherung und Verarbeitung der Daten sei nach dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz
(POG) zulässig. Die erforderliche gegenwärtige erhebliche Gefahr liege vor. Die zurückliegenden terroristischen Attentate seien Teil einer planmäßig angelegten
Strategie islamitischer Fanatiker, die mit den Anschlägen vom 11.09.2001 nicht ihren Abschluss gefunden hätten; es bestehe eine Dauergefahr. Eine Gefahrensituation könne
nicht allein deshalb verneint werden, weil – hierauf hebe etwa das Landgericht Berlin ab – nach Mitteilung der Sicherheitsbehörden derzeit keine konkreten Hinweise auf
terroristische Anschläge inDeutschland vorlägen. Entscheidend sei, dass auch im Ausland begangene Straftaten im Zusammenhang mitAttentaten,wiesieweiterhin drohten,eine
Gefahr seien, welchedieRasterfahndung rechtfertigten. Hierbeigeheesnämlichum solche Delikte (z.B. Sprengstoffverbrechen und Angriffe auf den Luftverkehr), die nach dem
sogenannten Weltrechtsprinzip unabhängig vom Recht des Tatorts dem deutschen Strafrecht unterfielen. Soweit es um im Ausland begangene Straftaten gegenüber Deutschen gehe,
gelte ohnedies stets das deutsche Strafrecht.
Der Informationsabgleich sei auch zur Abwehr der Gefahr erforderlich. Man müsse annehmen, dass sich weitere “Schläfer” in Deutschland aufhalten, nachdem dies bei drei der
Verdächtigten für die Anschläge vom 11.09.2001 der Fall gewesen sei, Ende November 2001 eine weitere solche Person festgenommen worden sei und im Bundesgebiet mehr als
30.000 Personen lebten, die von den Sicherheitsbehörden als islamitische Extremisten eingestuft würden. Die Rastermerkmale seien ferner geeignet, im Wege der
Datenüberprüfung solche Personen aufzuspüren, die ein entsprechendes Sicherheitsrisiko darstellten. Da esumdievorbeugendeBekämpfungschwerster Verbrechengehe,die
hochrangigeRechtsgütervielerMenschenunddie Sicherheitsinteressen von Staaten berührten, sei der mit der Rasterfahndung verbundene Eingriff für den Antragsteller, der im
Wesentlichen eine Befragung seines Umfeldes und eine Überprüfung seiner Kontenbewegungen befürchte, auch nicht unverhältnismäßig.
Az.: 1 L 1106/01.MZ