Trotz ihres Konzepts, dass Mobilfunkanlagen einen Abstand von 200 m zur nächst gelegenen Wohnbebauung einzuhalten haben,
muss die Stadt Bingen eine D1 Basismobilfunkstation baurechtlich genehmigen. So die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz
in folgendem Fall:
Die Klägerin beantragte bei der Stadt Bingen eine Baugenehmigung zur Errichtung einer D1 Basismobilfunkstation auf dem Dach
der Kreisberufsschule in Bingen. Der Standtort liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Erweiterungsgebiet Mittelpfad in
Bingen, Teil I“, der die Festsetzung „Sondergebiet Schule“ trifft.
Die Stadt lehnte den Antrag ab. Das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Befreiung von den
Festsetzungen könne nicht erteilt werden, weil der Bauausschuss beschlossen habe, dass Mobilfunkanlagen einen Abstand von
200 m zur nächst gelegenen Wohnbebauung einhalten müssen, was bei der geplanten Anlage der Klägerin nicht der Fall sei.
Die Klägerin hat sich an das Verwaltungsgericht gewandt und unter anderem geltend gemacht, dass die Abstandsregelung des
Bauausschusses willkürlich sei und einer rechtlichen Grundlage entbehre.
Die Richter der 7. Kammer haben der Klägerin Recht gegeben. Ihre geplante Anlage sei im Wege einer Befreiung von den
Festsetzungen des Bebauungsplans zu genehmigen. Das Vorhaben berühre nämlich nicht die Grundzüge der Planung und Gründe des
Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung. Das Wohl der Allgemeinheit sei hier berührt, weil ein gesteigertes
öffentliches Interesse an einer flächendeckenden Versorgung im jeweiligen Mobilfunknetz und damit an der Schließung von
Versorgungslücken bestehe, um die es hier gehe.
Das Standortkonzept des Bauausschusses, eine Mobilfunkanlage nur zu genehmigen, wenn sie einen Mindestabstand von 200 m zum
nächst gelegenen Wohngebiet einhalte, rechtfertige es nicht, eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes und
damit die Erteilung der Baugenehmigung zu versagen. Es sei noch nicht einmal erkennbar, welche gewichtigen Gründe den
Ausschuss zur Festlegung der 200 m – Ausschlusszone veranlasst haben. Auch ein mit dem Konzept eventuell angestrebter Schutz
vor Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Mobilfunkanlagen erlaube es nicht, das Baugesuch abzulehnen. Denn nach der
Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post würden mit der geplanten Anlage die derzeit
gültigen immissionsschutzrechtlichen Personengrenzwerte nicht überschritten und diese Grenzwerte seien für die Beklagte
verbindlich.
7 K 234/05.MZ