Vor der Erteilung einer AP- Nummer erfolgt eine sogenannte Sinnenprüfung des Weins. Dabei prüfen Sachverständige den Wein unter anderem hinsichtlich Geruch, Geschmack und Harmonie, wobei die Mindestpunktzahl für jedes der drei Prüfmerkmale 1,5 betragen muss.
Nach einem neuen Erlass des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau aus dem Jahr 2003 ist die Prüfung nur dann bestanden, wenn im Mittel der Urteile aller Sachverständigen jedes Prüfmerkmal mit der Mindestpunktzahl bewertet wird. Dieser Prüfungsmaßstab gilt auch in anderen Bundesländern.
Nach der früheren Erlasslage war entscheidend, dass die Mehrheit der Sachverständigen bei jedem Prüfmerkmal die Mindestpunktzahl vergeben hat.
Die Richter der 1. Kammer haben die neue Verfahrensweise verworfen. Zu den fundamentalen Prinzipien der Demokratie gehöre das Mehrheitsprinzip. Dies besage, dass Entscheidungsbefugnisse der Mehrheit nicht prinzipiell durch Entscheidungsbefugnisse der Minderheit ersetzt werden dürfen. Die im Erlass aus dem Jahr 2003 vorgesehene Mittelung der Sachverständigenurteile sei aber geeignet, den Mehrheitsgrundsatz förmlich auszuhebeln. Im Einzelfall könne nämlich das Votum eines einzelnen Sachverständigen über das Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung entscheiden und damit die gegenteiligen Voten der übrigen Prüfer dominieren. Beispielsweise sei es möglich, dass ein Wein durch die Mittelwertbildung „durchfalle“, wenn ihn vier Prüfer mit 1,5 Punkten „bestehen lassen“ und nur der fünfte Prüfer weniger Punkte vergibt. Die damit verbundene unterschiedliche Gewichtung der Prüferurteile widerspreche auch dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz. Denn aus dem leite sich ab, dass be!i der Meinungsbildung eines Gremiums grundsätzlich jede Stimme gleiches Gewicht hat.
Die Richter haben deshalb im konkreten Fall dem Kläger – ein Winzer aus Rheinhessen – einen Anspruch auf die beantragte AP-Nummer zuerkannt. Der fragliche Wein war von drei Sachverständigen, also mehrheitlich, bezüglich aller Prüfmerkmale mit 1,5 Punkten und nur von zwei Sachverständigen mit 0 Punkten bewertet worden. Die Behörde hatte die Erteilung der AP-Nummer abgelehnt, weil die Prüfer im Mittel nur 0,9 Punkte vergeben hatten.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zugelassen.
1 K 367/04.MZ