Der klagende Sanitätsoffizier hat sich als Soldat für zwanzig Jahre bis 2006 bei der Bundeswehr verpflichtet. Er studierte Medizin und ließ sich später zum Facharzt ausbilden. Im September 2003 – nach 18 Jahren Dienst bei der Bundeswehr – bat er um seine Entlassung. Gleichzeitig beantragte er seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer mit der Begründung, er leide unter einem schwerwiegenden Gewissenskonflikt, da der Dienst in der Bundeswehr seinen inneren Wertvorstellungen widerspreche. Er habe 1998 Verletzte nach einem schweren Handgranatenunglück bei der Bundeswehr und Anfang 2003 die Opfer des Attentates von Kabul behandeln müssen. Die blutenden Soldaten und die Schreie der Schwerverletzten könne er nicht vergessen. Bei seinem dreimonatigen Einsatz in Bosnien im Jahre 2000/2001 habe er erstmals gemerkt, dass er als Offizier im Ernstfall selbst schießen oder den Befehl dazu geben müsse. Für seine Gewissensentscheidung nehme er auch gravierende finanzielle Einbußen – den! Verlust von Übergangsgeldern und der Eingliederungshilfe – in Kauf.
Das Personalamt der Bundeswehr sowie das Verteidigungsministerium lehnten die Entlassung ab, da sie keine schwere Gewissensnot des Sanitätsoffiziers feststellen konnten. Aus seinen Personalakten ergebe sich, dass er schon immer an einem beruflichen Aufstieg interessiert gewesen sei. So habe er sich 1998 um Übernahme als Berufssoldat und 2001 um einen höher dotierten Dienstposten beworben. Noch in seiner dienstlichen Beurteilung im September 2003 sei er für eine förderliche Verwendung als Berufssoldat vorgeschlagen worden. Der Sanitätsoffizier versuchte daraufhin, seine Entlassung gerichtlich durchzusetzen.
Auch die Koblenzer Verwaltungsrichter waren nicht von der Gewissensnot des Klägers überzeugt. Nach dem Soldatengesetz sei der Kläger zu entlassen, wenn ihm sein Gewissen den Sanitätsdienst in der Bundeswehr verbiete, damit er nach der Entlassung seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer entsprechend seinem Grundrecht aus Artikel 4 GG beantragen könne. Die Kriegsdienstverweigerung dürfe jedoch nicht nur vorgeschoben sein, um das grundsätzlich unkündbare Soldatenverhältnis auf Zeit vorzeitig beenden zu können. So sei dem Gericht aus anderen Rechtsstreitigkeiten bekannt, dass Bleibeverpflichtungen von Ärzten im öffentlichen Dienst, die wegen gewährter Studienförderung und Facharztausbildung bestünden, aus privatwirtschaftlichen Gründen nicht eingehalten würden. Schon im Entlassungsverfahren sei daher zu prüfen, ob eine ernsthafte Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst vorliege.
Aufgrund der Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung gelangte das Gericht zu der Überzeugung, dass dessen Gewissensbelastung nur vorgeschoben sei. Nach den vorliegenden Personalakten habe es bis zu seinem Antrag auf Entlassung keine Anzeichen dafür gegeben, dass der Kläger nicht mehr als Sanitätsoffizier dienen könne. Bei einer Bewerbung habe er zudem angegeben, dass er nach seinem regulären Ausscheiden bereits eine zivile Tätigkeit im Raum Koblenz/Bonn plane. Insbesondere habe er aber nicht den Eindruck erweckt, dass er eine sittliche, d. h. an den Kategorien von gut und böse orientierte Entscheidung gegen das Töten von Menschen im Rahmen von militärischen Auseinandersetzungen getroffen habe. Denn entscheidend habe er vor der Kammer in auffälligem Gegensatz zu seinen früheren Ausführungen darauf verwiesen, er könne die Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht mehr länger vertreten. Dies stelle jedoch keine grundsätzliche Entscheidung gegen den Kriegsdienst mit der W!affe dar, sondern lediglich eine von der Gewissensfreiheit des Art. 4 GG nicht geschützte Stellungnahme gegen den Entschluss des Staates, die Streitkräfte zu einem konkreten politischen Zweck einzusetzen. Erst Recht habe der Kläger nicht plausibel gemacht, wie es zu einem Sinneswandel in Bezug auf die Einstellung zur eigenen Wehrdienstleistung gekommen sei.
Gegen das Urteil kann der Kläger Berufung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz einlegen.
(Urteil der 2. Kammer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2004 –
2 K 1599/04.KO -)