VG Koblenz: Obdachlose müssen für Unterbringung in Gemeindewohnung nicht zahlen

Hat eine Verbandsgemeinde Personen, denen die Obdachlosigkeit drohte, in eine gemeindeeigene Wohnung eingewiesen, so kann sie Kostenerstattung hierfür nur verlangen, wenn sie dies in einer Gebührensatzung geregelt hat. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz.

Den Klägern, einem Ehepaar aus dem Kreis Bad Kreuznach, drohte nach Kündigung ihrer Wohnung die Obdachlosigkeit. Die Verbandsgemeinde Rüdesheim wies die Kläger in eine Wohnung ein, die sie zum Zweck der Unterbringung von Obdachlosen angemietet hatte.Als die Kläger nach etwa zweieinhalb Monaten eine neue Wohnung gefunden hatten, bezahlte die Verbandsgemeinde auch den Umzug. Anschließend erließ sie Kostenerstattungsbescheide, mit denen sie von den Klägern eine Entschädigung für die Nutzung der Wohnung sowie die Erstattung der Umzugskosten verlangte.

Der hiergegen gerichteten Klage gab das Verwaltungsgericht Koblenz statt und hob die Kostenerstattungsbescheide auf. Nach Ansicht der Koblenzer Richter fehlte es an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage für den Erlass derartiger Leistungsbescheide. So gebe es im rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz keine Vorschrift, durch die die Gemeinden ermächtigt würden, derartige Forderungen mit Kostenerstattungsbescheiden durchzusetzen. Die Beklagte verfüge auch nicht über eine Gebührensatzung, auf deren Grundlage sie zumindest die geforderte Nutzungsentschädigung hätte von den Klägern verlangen können. Zwar handele es sich bei der von der Beklagten angemieteten Wohnung um eine öffentliche Einrichtung. Denn sie sei von ihr im öffentlichen Interesse zur Unterbringung von Obdachlosen bereitgestellt worden. Deshalb habe es sich bei der Einweisung der Kläger in diese Wohnung nicht um ein privatrechtliches Mietverhältnis, sondern um eine öffentlich-rechtliche Gebrauchsüberlassung von Wohnräumen gehandelt. Das hierfür geforderte Nutzungsentgelt sei daher eine öffentlich-rechtliche Benutzungsgebühr. Nach dem rheinland-pfälzischen Kommunalabgabengesetz könne eine solche Benutzungsgebühr aber nur erhoben werden, wenn ihre Voraussetzungen in einer kommunalen Gebührensatzung geregelt seien. Fehle es an einer solchen Satzung, könne die Gemeinde zur Begründung des Anspruchs auf das Nutzungsentgelt auch nicht auf allgemeine Rechtsinstitute, wie den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, zurückgreifen. Denn die insoweit abschließenden Regelungen des Kommunalabgabengesetzes hätten gegenüber derartigen allgemeinen Rechtsgrundlagen als Sonderregelungen Vorrang.

Erst recht habe der Beklagten die Befugnis gefehlt, die Umzugskosten durch einen Kostenerstattungsbescheid zu fordern. Da die Beklagte hier Leistungen wie eine Privatperson erbracht habe, fehle es bereits an einem typischen Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen ihr und den Klägern. Dies sei aber Voraussetzung für den Erlass von vollstreckbaren Leistungsbescheiden.

Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Berufung zum OVG Rheinland-Pfalz zugelassen.

(Urteil vom 20. Juni 2003; Az.: 2 K 526/03.KO)