VG Koblenz: Krankengymnastik darf andere Prüflinge nicht stören

Ein Prüfling, der während seiner Examensklausuren Krankengymnastik machen muss, hat keinen Anspruch darauf, die Gymnastik an seinem Schreibplatz im Prüfungsraum durchzuführen. Das entschied das Verwaltungsgericht Koblenz.

Der Antragsteller ist Rechtsreferendar und schreibt derzeit die Klausuren für die Zweite Juristische Staatsprüfung im Koblenzer Schloss. Nach amtsärztlicher Bescheinigung soll er aufgrund einer chronischen Wirbelsäulenerkrankung gelegentlich einen Wechsel seiner Körperhaltung sowie krankengymnastische Bewegungsübungen durchführen. Das Gesundheitsamt befürwortete eine Verlängerung der regulären Bearbeitungszeit für die Klausur um eine Zeitstunde. Daraufhin gestattete das Landesprüfungsamt für Juristen dem Rechtsreferendar, während der Bearbeitungszeit für die Klausuren Pausen bis zu insgesamt höchstens einer Stunde pro Klausur einzulegen und ihm wurde die in Anspruch genommene Pausenzeit von höchstens einer Stunde als Schreibverlängerung bewilligt; außerdem ordnete es an, dass die Pausen außerhalb des Raumes zu verbringen seien, in welchem die Klausuren geschrieben werden.

Der Antragsteller war mit dieser Regelung nicht einverstanden und suchte beim Verwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nach, um die Pausen an seinem Schreibplatz nehmen zu können.

Das Gericht lehnte dies ab. Die gesetzliche Regelung, so die Richter, verlange, Examenskandidaten mit einer Behinderung „angemessene Erleichterungen“ zu gewähren. Hierdurch solle der im Prüfungsrecht geltende Grundsatz der Chancengleichheit für die aufgrund einer Behinderung benachteiligten Examenskandidaten gewahrt werden. Ein solcher Nachteilsausgleich werde durch die vom Justizprüfungsamt getroffene Maßnahme erreicht. Denn das amtsärztliche Attest bescheinige die Notwendigkeit von krankengymnastischen Bewegungsübungen, nicht aber die Notwendigkeit, während der Durchführung der Übungen zwingend am Prüfungsplatz weiter sitzen bleiben zu müssen und nur so die Gymnastik erfolgreich durchführen zu können. Zudem wahre das Prüfungsamt mit der von ihm getroffenen Pausenregelung auch die Chancengleichheit der übrigen Examenskandidaten. Würde der Antragsteller nämlich an seinem Schreibplatz bleiben und dort die gymnastischen Übungen durchführen, könnten andere Examenskandidaten bei! ihrer Klausurbearbeitung gestört werden. Außerdem verhindere die angeordnete Pausenregelung, dass der Antragsteller während der Durchführung seiner Gymnastik am Arbeitsplatz die Examensklausur anhand der ihm dann vorliegenden Unterlagen weiter durchdenken könne. Bestünde diese Möglichkeit, wäre der Grundsatz der Chancengleichheit zu Lasten der übrigen Prüflinge verletzt. Denn dem Antragsteller stünde dann durch die Schreibverlängerung faktisch eine zusätzliche Bearbeitungszeit zur Verfügung, während sie lediglich einen Nachteilsausgleich für seine Behinderung bewirken solle.

(Beschluss aufgrund der Beratung vom 19. Oktober 2004 – 7 L 3053/04.KO -).