VG Koblenz: Kein Schulbesuch an der König Fahad Akademie in Bonn bei längerem Aufenthalt in Deutschland

Auch ausländische Schüler muslimischer Religionszugehörigkeit müssen grundsätzlich zur Erfüllung der Schulpflicht eine deutsche Schule besuchen. Nur ausnahmsweise ist der Besuch einer ausländischen Schule in Deutschland zulässig, wenn insbesondere kein längerfristiger Verbleib des Schülers im Bundesgebiet beabsichtigt ist. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz mit Eilbeschlüssen vom 30. Juli 2004 entschieden.

Die Antragsteller begehrten im Eilverfahren, die König Fahad Akademie in Bonn statt der staatlichen Grundschule in Remagen besuchen zu dürfen. Sie sind grundschulpflichtige Schüler im nördlichen Rheinland-Pfalz, die der muslimischen Religion zugehören und zum Teil die doppelte Staatsangehörigkeit besitzen. Die Antragsteller verwiesen zur Begründung u. a. darauf, dass bereits Geschwister von ihnen die König Fahad Akademie besuchten und sie in zwei Sprachen und Kulturen aufwachsen würden. Das Lehrangebot an der Grundschule in Remagen sei für sie unzureichend. Ferner sei der Schulbesuch für die Antragsteller mit besonderen Problemen verbunden, wie der Befreiung vom Sexualkunde- und Sportunterricht oder von Klassenfahrten, der Rücksichtnahme auf Feiertage oder religiöse Fastenpflichten bei Klassenarbeiten; der Erteilung von nicht-christlichem Religionsunterricht, dem Tragen von Kopftüchern sowie der Kollision mit religiösen Speisevorschriften. Nachdem die Schulbehörde (Aufsichts!- und Dienstleistungsdirektion) die Antragsteller verpflichtet hatte, auf eine deutsche Schule zu gehen, suchten sie Eilrechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht Koblenz.

Das Verwaltungsgericht teilte die ablehnende Haltung der Schulbehörde und wies die Eilanträge zurück. Die Koblenzer Richter führten aus, dass die Schulpflicht nach dem rheinland-pfälzischen Schulgesetz unabhängig von der Staatsangehörigkeit und Religion bestehe und grundsätzlich an einer deutschen Schule zu erfüllen sei. Denn die Schule solle auf ein Leben im hiesigen Kulturraum unter Beachtung und Wahrung der Wertvorstellungen vorbereiten, die auch in § 1 des Schulgesetzes niedergelegt seien. Bildung und Erziehung in deutschen Schulen würden die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration in die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse Deutschlands schaffen. Der Gesetzgeber habe den inländischen Schulen diesen staatlichen Erziehungsauftrag gegeben. Das gesetzgeberische Ziel könne insbesondere bei Kindern im Grundschulalter nur dann erreicht werden, wenn die Kinder in einer deutschen Schule auch in sprachlicher Hinsicht integriert würden und damit die Grundlage für e!in Leben in Deutschland auf unabsehbare Zeit gelegt werde. Das Bundesverfassungsgericht sehe ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit daran, der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten „Parallelgesellschaften“ entgegenzuwirken und Minderheiten zu integrieren. Daher sei der Besuch einer ausländischen Schule nur im Ausnahmefall gerechtfertigt, wenn beispielsweise ein Schüler nicht auf ein Leben in der hiesigen Gesellschaft vorbereitet werden müsse, weil er in absehbarer Zeit ausreise. Auf die Antragsteller treffe diese Ausnahme nicht zu, da sie sich voraussichtlich längerfristig im Bundesgebiet aufhalten würden.

Die Grundschule in Remagen berücksichtige die Bedürfnisse von Kindern, die zum Teil in einem anderen kulturellen Umfeld als deutsche Kinder aufwachsen. Sie erfülle die Vorgaben der Grundschulordnung, wonach ausländischen Kindern mit unzureichenden Deutschkenntnissen im Rahmen der personellen und organisatorischen Möglichkeiten Förderunterricht und Unterricht in ihrer Landessprache angeboten werden solle. So sollten die Schüler ihre sprachliche und kulturelle Eigenständigkeit bewahren, ihre Leistungen verbessern und in die Schulgemeinschaft integriert werden. Die Grundschule in Remagen biete für diejenigen Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch sei, Förderunterricht an. Zusätzlich gebe es muttersprachlichen Unterricht in Arabisch. Die von den Antragstellern vorgetragenen Konfliktmöglichkeiten seien rechtlich nicht erheblich. Denn deutsche Schulen seien dem Gebot der Neutralität in politischen, weltanschaulichen und religiösen Fragen verpflichtet. Diese Verpflichtung stelle! sicher, dass es keine unzumutbaren Glaubens- und Gewissenskonflikte gebe und die Schüler nicht indoktriniert würden. So habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass weder die Grundrechte eines Schülers noch die seiner Eltern verletzt würden, wenn von ihm erwartet werde, dass er sich einem Dialog mit Andersdenkenden und -gläubigen nicht verschließe. Die Schulbehörde habe auch ausdrücklich zugesichert, auf Religion und Tradition ausländischer Schüler im Rahmen des rechtlich Möglichen Rücksicht zu nehmen. Schließlich werde auch das elterliche Erziehungsrecht ausreichend gewahrt. Der Besuch der Grundschule in Remagen lasse den Eltern genügend Zeit, ihre Kinder im Sinne ihrer Vorstellungen und Ziele zu erziehen.

Gegen die Beschlüsse können die Antragsteller Beschwerde beim OVG Rheinland-Pfalz einlegen.

(Beschlüsse vom 30. Juli 2004 – 7 L 2024/04.KO; 7 L 2025/04.KO; 7 L 2026/04.KO; 7 L 2027/04.KO -)