Die Betreibergesellschaft hatte bereits im Jahre 1999 auf einem etwa 28 m hohen Gebäude im Stadtteil Karthause eine Mobilfunkantennenanlage errichtet, die eine Gesamthöhe von 3,84 m hat und der Versorgung der Stadtteile Karthause und Oberwerth dient. Die Anlage wurde nach Ausstellung einer Standortbescheinigung der zuständigen Telekommunikationsregulierungsbehörde noch im Jahre 1999 in Betrieb genommen. Eine Baugenehmigung wurde nicht eingeholt. Das Gebäude liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der für diesen Bereich eine Sonderbedarfsfläche “Altenheim, Altenwohnheim” festsetzt. Es wird auch tatsächlich als Altenheim genutzt. In der Nachbarschaft gibt es u.a. ein allgemeines und ein reines Wohngebiet. Im Oktober 2001 untersagte die beklagte Stadt die Nutzung der Mobilfunkanlage. Daraufhin stellte die Klägerin einen Antrag, die Mobilfunkanlage zu genehmigen. Zugleich betonte sie, dass sie die Anlage eigentlich für nicht genehmigungspflichtig halte. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Sendeanlage dem Bebauungsplan widerspreche. Eine Befreiung vom Bebauungsplan werde nicht erteilt.
Das Verwaltungsgericht Koblenz gab der gegen den Ablehnungsbescheid gerichteten Klage statt und verpflichtete die Stadt Koblenz, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Nach Ansicht der Koblenzer Richter unterliegt die Mobilfunksendeanlage zwar der Baugenehmigungspflicht, weil dem bisher ausschließlich zur Altenpflege genutzten Hochhaus eine neue gewerbliche Nutzung hinzugefügt werde. Jedoch habe die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Dabei könne offen bleiben, ob Festsetzungen des Bebauungsplans der Errichtung der Anlage entgegenstünden. Jedenfalls habe die Klägerin einen Anspruch auf Befreiung von etwaigen entgegenstehenden Festsetzungen. Die Grundzüge derPlanung würden nicht berührt, weil die Ausübung der planerischen Festsetzung “Altenheim” nicht in Frage gestellt werde. Die Abweichung vom Bebauungsplan sei auch aus Gründen des Allgemeinwohls erforderlich und städtebaulich vertretbar. Die flächendeckende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen, der die Antennenanlage diene, liege im Allgemeinwohl. Das Hochhaus sei als Standort für eine der Versorgung mehrerer Stadtteile dienende Mobilfunkanlage besonders geeignet. Von der Anlage gingen auch keine für das Altenheim oder die umliegende Wohnbebauung unzumutbaren Immissionen aus. Aus der Standortbescheinigung ergebe sich, dass der Sicherheitsabstand eingehalten und die gültigen Grenzwerte für elektromagnetische Wellen nicht überschritten würden. Durch die Zulassung der Anlage werde auch der Anspruch der Nachbarn auf Wahrung des Gebietscharakters nicht verletzt. Denn das Hochhaus liege in einem als Sonderfläche für ein Altenheim ausgewiesenen Gebiet, das von dem reinen und dem allgemeinen Wohngebiet räumlich getrennt sei. Auch falle die Anlage optisch nicht ins Auge und entfalte lediglich die Wirkung einer untergeordneten baulichen Anlage. Unter diesen Voraussetzungen sei das Ermessen der Beklagten bei der Entscheidung über die Befreiung dahin reduziert, dass die Erteilung der Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans die einzig rechtmäßige Entscheidung sei.
(Urteil vom 8. Oktober 2002; Az.: 1 K 1471/02.KO; – nicht rechtskräftig -)
Anmerkung: Die Entscheidung kann bei der Pressestelle des Verwaltungsgerichts (Tel.: 0261/1307-139 oder -138 oder per e-mail: entscheidungen@ovg.jm.rlp.de) angefordert werden.