VGH Baden-Württemberg: Keine Wiederholung einer Examensklausur für alle Teilnehmer an der Zweiten juristischen Staatsprüfung

VGH Baden-Württemberg, AZ: 9 S 613/2000

Nach einer am 03.04.2000 vom Verwaltungsgerichtshof Baden- Württemberg
bekannt gegebenen Entscheidung hat eine Panne beim Zweiten juristischen
Staatsexamen keine Auswirkungen für sämtliche 590 Assessorkandidaten des
Landes. Es bleibt bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe,
dass nur elf Rechtsreferendare aus Heidelberg eine von acht fünfstündigen
Aufsichtsarbeiten, die im schriftlichen Teil des 2. Examens verlangt werden,
zu wiederholen hatten.

Nach dem bisherigen, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gewonnenen
Erkenntnisstand besprach im Oktober 1999 der Leiter einer
Arbeitsgemeinschaft für Rechtsreferendare in Heidelberg in seiner
Unterrichtsveranstaltung Themen, die dann neben anderen im November 1999 in
einer Examensklausur zu behandeln waren. Die Gesamtheit der vom
Arbeitsgemeinschaftsleiter gemachten Äußerungen – so das
Verwaltungsgericht – habe den anwesenden Rechtsreferendaren den Eindruck
vermitteln müssen, dass die besprochenen Themen Gegenstand einer der
anstehenden Examensklausuren sein könnten, was dann tatsächlich der Fall
war. Nachdem dieser Sachverhalt im Januar 2000 dem Stuttgarter
Landesjustizprüfungsamt bekannt geworden war, annullierte es die Klausur der
bei der Unterrichtsveranstaltung anwesenden elf Heidelberger
Rechtsreferendare und ordnete für diese eine Wiederholung an. Dies wollten
vier der Betroffenen nicht akzeptieren und beantragten beim
Verwaltungsgericht Karlsruhe einstweiligen Rechtsschutz. Damit hatten die
vier jungen Juristen allerdings keinen Erfolg: der Antrag wurde abgelehnt.
Die vier nahmen den Richterspruch hin und schrieben zusammen mit den anderen
sieben betroffenen Prüfungskandidaten am 03.03.2000 die Ersatzklausur.

Ebenfalls abgelehnt hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den Antrag eines
zur Wiederholung nicht verpflichteten Rechtsreferendars, der für alle 590
Prüfungskandidaten des Landes die Wiederholung der Examensklausur verlangte.
Er brachte vor, die elf Rechtsreferendare hätten ihr “unzulässiges
Sonderwissen” auch anderen Examenskandidaten weitergegeben, weshalb er in
seinem Recht auf Chancengleichheit verletzt sei. Es sei damit zu rechnen,
dass wegen dieses Wissens andere Kandidaten ungerechtfertigterweise bessere
Ergebnisse als er erzielt hätten. (Nach Abschluss des Examens wird vom
Landesjustizprüfungsamt jedem Prüfling eine “Platzziffer” vergeben, die für
dessen Chancen auf dem Arbeitsmarkt von Bedeutung sein kann.)

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe vertrat hingegen die Auffassung, dass es
keine konkreten Anhaltspunkte dafür gebe, eine nennenswerte Anzahl weiterer
Kandidaten habe in vergleichbarem Umfang daraus Vorteile ziehen können.
Dieser Argumentation hat sich nun auch der Verwaltungsgerichtshof
Baden-Württemberg angeschlossen und die Beschwerde gegen die
erstinstanzliche Entscheidung nicht zugelassen.