Die Polizei in Rheinland-Pfalz kann laut Gesetz “zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr” von öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen personenbezogene Informationen verlangen. Gestützt auf diese Bestimmung wurden nach den Anschlägen vom 11. September 2001 mutmaßliche Täterprofile zusammengestellt. Sodann bat das Landeskriminalamt bestimmte Institutionen, darunter Universitäten, um die Übermittlung einschlägiger Daten.
Ein 25-jähriger Marokkaner, der als Student an der Universität Mainz eingeschrieben ist, vermutet, dass er zu dem überwachten Personenkreis gehört. Dagegen wendete er sich mit einem Eilantrag, durch den er dem Landeskriminalamt die Speicherung und Verarbeitung der betreffenden Informationen untersagt wissen wollte. Bereits das Verwaltungsgericht Mainz lehnte diesen Antrag ab. Auch die Beschwerde des Mannes vor dem Oberverwaltungsgericht blieb jetzt erfolglos.
Die Rasterfahndung ist rechtens, weil sie der Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr dient, entschieden die Richter: Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines konkreten Schadenseintritts seien umso geringer, je größer der zu erwartende Schaden sei. Die andauernde Gefahrenlage, die sich in den geschehenen Attentaten bereits verwirklicht habe und noch weitere Terroranschläge befürchten lasse, reiche zur Rechtfertigung der polizeilichen Maßnahmen aus. Denn die terroristischen Aktivitäten, die von Osama Bin Laden und seinem Netzwerk Al Qaida ausgingen, seien keineswegs beendet. Die Terrororganisation sei offenbar noch nicht zerschlagen, sondern weiterhin aktiv. Deshalb “liegt eine aktuelle Gefahr vor, die angesichts der Schwere möglicher Rechtsgutverletzungen, wie sie die Ereignisse vom 11. September 2001 nicht deutlicher hätten vor Augen führen können, auch weiterhin droht”, so das Oberverwaltungsgericht.
Unerheblich sei dagegen, ob derzeit konkrete Hinweise auf Gefahren gerade für Deutschland oder gar für Rheinland-Pfalz vorlägen: Die Polizei habe die Aufgabe, umfassend für öffentliche Sicherheit zu sorgen. Zugreifen dürfe sie daher selbstverständlich auch dann, wenn die Gefahr sich außerhalb Deutschlands zu verwirklichen drohe.
Ein milderes Mittel, um für terroristische Gewalttaten bereitstehende “Schläfer” ausfindig zu machen, gebe es nicht. Denn diese Personen verhielten sich in ihrem Lebensumfeld völlig unauffällig. Sonst übliche Ermittlungsmethoden wie Vernehmung, Durchsuchung, Beschlagnahme, Telefonüberwachung o.ä., für die zunächst individualisierbare Anknüpfungspunkte vorhanden sein müssten, seien darum nicht erfolgversprechend. In dieser besonderen Gefahrenlage sei eine Rasterfahndung, die sich an dem spezifischen Täterprofil orientiere, rechtmäßig; insoweit müsse der Einzelne gewisse Einschränkungen im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen, betonte das Oberverwaltungsgericht.
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz aufgrund der Beratung vom 22. März 2002 Aktenzeichen:12 B 10331/02.OVG
Die Entscheidung kann beim Oberverwaltungsgericht angefordert werden.