OVG Rheinland-Pfalz: Prostitutionsverbote unwirksam

Die für den gesamten Rhein-Lahn-Kreis und das Gebiet der Verbandsgemeinde Puderbach
(Landkreis Neuwied) ausgesprochenen Prostitutionsverbote sind unwirksam. Dies
entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Durch Rechtsverordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes erließ
die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier (ADD) flächendeckende
Prostitutionsverbote u.a. für den Rhein-Lahn-Kreis und die Verbandsgemeinde Puderbach
im Landkreis Neuwied. Hiergegen haben die Antragsteller, die Wohnungen an
Prostituierte vermieten bzw. der Prostitution nachgehen, Normenkotrollanträge
gestellt, die zur Aufhebung der Verbote führten.

Zwar könne in kleineren Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnern wegen der Art und
Überschaubarkeit der dort vorhandenen Sozialstrukturen und der damit verbundenen
erhöhten sozialen Wahrnehmbarkeit der Prostitution aus Gründen des Jugendschutzes und
des öffentlichen Anstandes ein flächendeckendes Prostitutionsverbot verhängt werden.
Jedoch habe der Verordnungsgeber auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen
Sachverhaltsermittlung im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu berücksichtigen,
dass insbesondere mit Blick auf das Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 2001 die
Bewertung der Prostitution als gemeinschaftsschädlich nicht mehr der heutigen Zeit
entspreche und von weiten Teilen der Bevölkerung nicht geteilt werde.

Die ADD habe die örtlichen Verhältnisse nicht ausreichend überprüft. Der
Rhein-Lahn-Kreis ebenso wie Teile der Verbandsgemeinde Puderbach seien bisher nicht
von einem Prostitutionsverbot erfasst worden, ohne dass es zu Beeinträchtigungen des
Jugendschutzes und des öffentlichen Anstandes gekommen wäre. Nicht nachvollziehbar
sei, weshalb dort ein Prostitutionsverbot ergangen sei, in anderen Landkreisen und
Verbandsgemeinden mit vergleichbaren ländlichen Strukturen hingegen nicht.
Anhaltspunkte für eine Abwägung der gegenseitigen Rechtspositionen lägen nicht vor.
Eine Übergangsvorschrift, mit der den berechtigten Interessen solcher Personen
Rechnung getragen werde, die bislang im Rhein-Lahn-Kreis und der Verbandsgemeinde
Puderbach der Prostitution nachgegangen seien, fehle. Schließlich habe der
Verordnungsgeber nicht geprüft, ob ein begrenztes Prostitutionsverbot verhältnismäßig
gewesen wäre, so das Oberverwaltungsgericht.

Urteile vom 10. Oktober 2005

Aktenzeichen: 12 C 11023/05.OVG und 12 C 11236/05.OVG