Ein heute neunjähriges Kind aus dem Landkreis Bad Dürkheim leidet an Autismus, verbunden mit einer leichten Intelligenzminderung und Verhaltensstörungen. Es besucht keine
Sonderschule, sondern die (allgemeine) Grundschule. Hierfür benötigt es einen Integrationshelfer, der es beim Schulbesuch begleitet. Die dafür notwendigen Kosten
übernahm zunächst der Kreis als Träger der Jugendhilfe. Er vertrat allerdings die Auffassung, dass es sich letztlich um eine schulische Angelegenheit handele, für die
das Land Rheinland-Pfalz als Träger der Schulverwaltung aufkommen müsse. Daher verklagte er das Land auf Erstattung der Kosten ab Beginn des Schuljahres 2002/2003;
inzwischen sind rund 55.000,00 ? aufgelaufen. Die Klage scheiterte schon in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße. Das
Oberverwaltungsgericht bestätigte jetzt dieses Urteil und wies die Berufung des klagenden Landkreises zurück.
Weder das betroffene Kind noch der Träger der Jugendhilfe könne vom Land die Bereitstellung eines Integrationshelfers bzw. die Übernahme der dadurch entstehenden
Kosten beanspruchen, heißt es in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts. Zwar habe die Schule den gesetzlichen Auftrag, die Anlagen des Einzelnen zu fördern und seine
Fähigkeiten zu erweitern. Diese Aussage habe indes “nur Grundsatzcharakter”. Denn es sei gesetzlich nicht näher bestimmt, in welchem konkreten Umfang die Schule das Recht
der Schüler auf Bildung und Erziehung zu gewährleisten habe. Auch das im Grundgesetz verankerte Verbot, Behinderte zu benachteiligen, umfasse nicht die Verpflichtung des
Landes, einer bestimmten Schule zur integrativen Unterrichtung behinderter Schulkinder weiteres Personal oder zusätzliche Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Vielmehr
habe der Kreis die Aufwendungen für den Integrationshelfer im Rahmen der Eingliederungshilfe zu tragen.
Diese geltende Rechtslage sei für die örtlichen Träger der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe zwar unbefriedigend, betonten die Richter. Denn die vom
Bildungsministerium geförderte integrative Unterrichtung behinderter Kinder in der Regelschule statt in der Sonderschule verlagere Kosten aus dem Bereich der
Schulverwaltung auf die Sozial- und Jugendhilfe. Die daraus für die Kreise und kreisfreien Städte entstehende Kompensationslücke könnten aber nicht die Gerichte, sondern
allein der Gesetzgeber schließen. Gegebenenfalls sei die Bereitstellung zusätzlicher Mittel im Wege des Finanzausgleichs zu prüfen.
Das Oberverwaltungsgericht ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Urteil aufgrund der Beratung vom 16. Juli 2004,
Aktenzeichen: 12 A 10701/04.OVG