OVG Rheinland-Pfalz erklärt Planfeststellungsbeschluss zum Hochmoselübergang für rechtswidrig – Mangel möglicherweise zu beseitigen

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat heute über die beiden Klagen des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland – BUND – gegen den sog. Hochmoselübergang entschieden und einer der beiden Klagen teilweise stattgegeben. Ausschlaggebend hierfür ist u.a., dass dem BUND als anerkanntem Naturschutzverband erstmals durch das neue Bundesnaturschutzgesetz vom April 2002 ein umfassendes Klagerecht eingeräumt wurde und zwar rückwirkend für ab Juli 2000 erlassene Planfeststellungsbeschlüsse.

Die beiden Klagen richten sich gegen die Planung der Bundesstraße 50 neu, und zwar im Einzelnen gegen den Planfeststellungsabschnitt I (von der A 48 bis Platten) und den Planfeststellungsabschnitt II (von Platten bis Longkamp einschließlich einer 150 m hohen Moselbrücke bei Ürzig). Die Fernstraße A 60/B 50 soll in ihrem Endzustand den belgisch-niederländischen Raum mit dem Rhein-Main-Gebiet verbinden.

Die gegen den Planfeststellungsabschnitt II gerichtete Klage des BUND hatte teilweise Erfolg. Zwar hob das Oberverwaltungsgericht den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 28. Dezember 2000 nicht auf. Jedoch stellte es seine Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit fest, was eine nachträgliche Beseitigung des festgestellten Mangels in einem sog. ergänzenden Verfahren zulässt.

Die Rechtwidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses folgt aus der Tatsache, dass die geplante Straßentrasse im Abschnitt II unmittelbar westlich der geplanten Hochmoselbrücke durch den Zeltingen-Rachtiger-Wald und damit durch ein faktisches Vogelschutzgebiet verläuft. Er verstößt deshalb gegen das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Europäischen Vogelschutzrichtlinie. Diese setzt nach der das Oberverwaltungsgericht bindenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts der straßenrechtlichen Fachplanung von vornherein enge Grenzen. Die Einstufung des Zeltingen-Rachtiger-Walds als faktisches Vogelschutzgebiet ergibt sich aus dem Ministerratsbeschluss der Landesregierung vom 2. Juli 2002, wonach das Gebiet “Wälder zwischen Wittlich und Cochem” unter Einschluss des Zeltingen-Rachtiger-Walds zum Europäischen Vogelschutzgebiet bestimmt und ein entsprechendes Ausweisungsverfahren in die Wege geleitet werden soll. Es dient der Erhaltung von nach der

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgericht ist es aber möglich, diesen Mangel nachträglich in einem ergänzenden Verfahren zu beseitigen. Dies setzt zunächst voraus, dass das faktische Vogelschutzgebiet in dem von der Landesregierung eingeleiteten Ausweisungsverfahren durch entsprechende Rechtshandlungen rechtlich verbindlich zum Vogelschutzgebiet erklärt wird. Ist dies der Fall, kann in einem ergänzenden Verfahren eine sog. Verträglichkeitsprüfung gemäß § 34 BNatSchG durchgeführt werden. Nach dieser Regelung dürfen zum Beispiel Vorhaben, die zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Europäischen Vogelschutzgebiets führen, auch dann zugelassen werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art notwendig ist. Nach Auffassung des OVG ist die Behebung des von ihm festgestellten Mangels der Planfeststellung nach seiner Art und Schwere in einem solchen ergänzenden Verfahren nicht von vornherein ausgeschlossen.

Das Oberverwaltungsgericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen.

Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht die Klage des BUND gegen den Planfeststellungsabschnitt I abgewiesen. Der betroffene Bereich stelle im Gegensatz zu dem Planfeststellungsabschnitt II kein faktisches Vogelschutzgebiet dar. Auch sei die Auffassung der Landesregierung nicht zu beanstanden, dass die von der geplanten Trasse durchquerte Lieser-Talaue nach den maßgeblichen ökologischen Kriterien der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie kein FFH-Schutzgebiet bilde. Diese Ansicht werde durch den beim Vollzug der FFH-Richtlinie eröffneten naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum gedeckt.

Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Januar 2003, Aktenzeichen: 1 C 10187/02.OVG und 1 C 10393/01.OVG