OVG Rheinland-Pfalz: Bebauungsplan für Windkraftanlagen: Abwehranspruch einer Nachbargemeinde nur bei “gewichtigen” Gründen

Gegen die Bauleitplanung einer Gemeinde, die ein Sondergebiet für Windkraftanlagen ausweist, kann sich unter Umständen eine Nachbargemeinde wehren. Rechtsschutz kommt aber nur in Betracht, wenn die Nachbargemeinde “gewichtige Auswirkungen” geltend machen kann, entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Die Ortsgemeinde Waldrach (Kreis Trier-Saarburg) beschloss einen Bebauungsplan für eine bisherige Außenbereichsfläche nahe der Gemarkungsgrenze zur Nachbargemeinde Fell. Darin setzte sie innerhalb einer Fläche für die Landwirtschaft sechs kleine Sonderflächen für Windkraftanlagen fest. Der einschlägige Flächennutzungsplan weist für diesen Bereich Sonderbauflächen für die Windkraft aus. Die Gemeinde Fell stellte gegen den Bebauungsplan einen sog. Normenkontrollantrag vor dem Oberverwaltungsgericht. Sie befürchtete eine Beeinträchtigung ihrer touristischen Attraktivität, da die meisten Menschen ihren Urlaub nicht an Orten verbringen wollten, die mit Windenergieanlagen zugebaut seien. Das Oberverwaltungsgericht folgte dieser Argumentation nicht.

Zwar könne sich eine Nachbargemeinde je nach den Umständen des Falles durchaus gegen einen Bebauungsplan der hier umstrittenen Art wehren, befand das Gericht. Voraussetzung sei aber grundsätzlich, dass “unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde” drohen. Dies sei hier nicht der Fall. Der Ortsrand von Fell sei nämlich von dem fraglichen Sondergebiet knapp 2 km und damit so weit entfernt, dass nennenswerte Beeinträchtigungen durch Lärm oder Schattenwurf ausschieden.

Was mögliche optische Beeinträchtigungen anlangt, überzeugten sich die Richter anhand mehrerer Fotomontagen davon, dass von Fell aus gesehen die Windräder wegen der großen Entfernung “lediglich untergeordnete Bestandteile des Horizonts” sein werden. Angesichts dieser Umstände konnte das Oberverwaltungsgericht nicht erkennen, inwiefern von den geplanten Anlagen gewichtige, nachteilige Auswirkungen auf die touristische Entwicklung von Fell ausgehen könnten. Dabei berücksichtigte es auch, dass die Umgebung des Standortes bereits durch die dort verlaufende Bundesstraße 52 vorbelastet ist. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte müsse die Nachbargemeinde den Bebauungsplan hinnehmen, heißt es in dem Urteil.

Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. März 2002, Aktenzeichen: 8 C 11131/01.OVG