Die 1963 geborene Irakerin ist seit 1990 mit ihrem Landsmann verheiratet. Dieser war bereits 1977 eine Ehe mit einer anderen Irakerin eingegangen. Der Ehemann kam 1996 nach Deutschland; er ist als Flüchtling anerkannt und im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis. Die beiden Ehefrauen reisten 1999 gemeinsam nach Deutschland ein. Seither leben die drei in Ludwigshafen. Nachdem das Standesamt beide Ehen als nach dem Recht des Heimatstaates rechtsgültig anerkannt hatte, erteilte die Stadtverwaltung der Erstehefrau eine Aufenthaltsbefugnis, lehnte den entsprechenden Antrag der Zweitehefrau aber ab. Diese erhob daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße. In erster Instanz blieb die Klage erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht verpflichtete jetzt aber die Stadt Ludwigshafen, auch ihr eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen.
Das Begehren der Zweitehefrau, ihren Aufenthalt ebenfalls zu legalisieren, sei unter den hier vorliegenden Umständen schutzwürdig, befanden die Richter. Zwar könne sie sich nicht auf das sog. Ehegattenprivileg berufen, wonach der Ehegatte eines in Deutschland aufenthaltsbefugten Ausländers zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft auch seinerseits eine Aufenthaltsbefugnis erlangen kann. Denn nach den hiesigen kulturellen Wertvorstellungen gelte dies grundsätzlich nur für einen Ehepartner.
Unabhängig davon sei zugunsten der klagenden Zweitehefrau aber zu berücksichtigen, dass ihrer freiwilligen Ausreise jedenfalls derzeit Hindernisse entgegenständen, die sie nicht zu vertreten habe. Nicht nur sei ihre nach dem Recht ihrer Heimat wirksam begründete und seit vielen Jahren zunächst im Irak gelebte Ehe mittlerweile auch in Deutschland in gleicher Weise als rechtsgültig anerkannt worden wie die Erstehe ihres Ehemannes. Wesentlich sei vor diesem Hintergrund vielmehr vor allem, dass die Klägerin nicht etwa ihren Nachzug ins Bundesgebiet anstrebe, sondern lediglich die rechtliche Absicherung ihres schon seit vielen Jahren währenden und von der Stadt Ludwigshafen hingenommenen Aufenthaltes an der Seite ihres Ehemannes. Im Laufe dieser Zeit sei sie in die “hier gelebte Lebensgemeinschaft mehr und mehr hineingewachsen”, so dass es unzumutbar wäre, sie aus dieser Gemeinschaft herauszulösen, während die beiden anderen in Deutschland bleiben dürften.
Eine weitergehende Verfestigung des Bleiberechts sei mit der nunmehr zuerkannten Aufenthaltsbefugnis allerdings nicht verbunden, stellten die Richter klar: Sollte die hier bestehende Lebensgemeinschaft aufgelöst werden – sei es durch Trennung, sei es durch Rückkehr des Ehemannes in den Irak – dürfte auch die Aufenthaltsbefugnis der Zweitfrau nicht mehr verlängert werden.
Das Oberverwaltungsgericht ließ die Revision an das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.
Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. März 2004, Aktenzeichen:10 A 11717/03.OVG