OVG Rheinland-Pfalz: Abfälle aus Apartments für betreutes Wohnen als Abfälle aus Privathaushalten

Bei den in Apartments für betreutes Wohnen einer Seniorenwohnlage anfallenden
Abfällen handelt es sich um Abfälle aus privaten Haushaltungen, für die eine
abfallrechtliche Grundgebühr zu entrichten ist, entschied das Oberverwaltungsgericht
in einem jetzt veröffentlichten Urteil.

Der Landkreis Bad Kreuznach erhebt nach seiner Abfallgebührensatzung für die
Abfallentsorgung aus privaten Haushaltungen neben einer Leistungsgebühr, die sich nach
Zahl und Größe des Abfallgefäßes bestimmt, zusätzlich für jeden auf dem Grundstück
bestehenden Haushalt Grundgebühren. Für Abfälle aus Industrie, Gewerbe und Verwaltung
ist dagegen nach der Satzung lediglich eine Leistungsgebühr zu entrichten. Die
Klägerin betreibt eine Seniorenwohnanlage mit Wohneinheiten für betreutes Wohnen und
Pflegeplätzen. In Anwendung der satzungsrechtlichen Bestimmungen über die
Abfallentsorgung aus privaten Haushaltungen zog der Landkreis die Klägerin für das
Jahr 2003 neben einer Leistungsgebühr zu Grundgebühren in Höhe von jeweils rund 60 €
für die im Veranlagungszeitraum vorhandenen 62 Apartments heran. Hiergegen wandte sich
die Klägerin. Ihrer Ansicht nach stellten die Apartments für betreutes Wohnen keine
selbständigen Haushalte im abfall- bzw. abfallgebührenrechtlichen Sinne dar. Vi!
elmehr seien auch die dort anfallenden Abfälle als gewerbliche Abfälle anzusehen,

für die lediglich eine Leistungsgebühr festgesetzt werden dürfe. Das
Verwaltungsgericht Koblenz gab der Klägerin Recht. Das Oberverwaltungsgericht hob
dieses Urteil jetzt auf und entschied zu Gunsten des beklagten Landkreises.

Die in den Apartments einer Seniorenwohnanlage anfallenden Abfälle stellten Abfälle
aus privaten Haushaltungen dar, wenn dort eine private Haushalts- und Lebensführung
stattfinde. Davon sei im konkreten Fall angesichts der mit den Bewohnern der
Apartments abgeschlossenen Heimvereinbarung auszugehen. Nach dieser Vereinbarung
verpflichte sich die Klägerin ausdrücklich, die Selbständigkeit, Selbstbestimmung und
Selbstverantwortung der Bewohner zu wahren und zu fördern. Die Bewohner könnten sich
selbst versorgen. Jede Wohneinheit verfüge über eine Kochgelegenheit. Während
Frühstück und Abendessen nur gegen eine zusätzliche Vergütung im Restaurant
eingenommen werden könnten, sei zwar das Mittagessen von dem monatlich zu zahlenden
Entgelt umfasst, könne aber von den Bewohnern auch selbst zubereitet werden. Die
Bewohner seien zudem berechtigt, die Apartments vollständig mit eigenen Möbeln
individuell auszustatten. Im Übrigen sei die Klägerin lediglich bei vorübergehender
Erkrankung!

verpflichtet, bis zu vierzehn Tagen einfache Maßnahmen der Grund- und

Behandlungspflege sowie einfache hauswirtschaftliche Maßnahmen zu erbringen. Wenn eine
fachgerechte Betreuung in der Seniorenwohnanlage nicht mehr möglich sei, sei sie
hingegen zur außerordentlichen Kündigung befugt. Damit stehe das eigenverantwortliche
Wohnen der älteren Menschen im Vordergrund. Diese erhielten daneben lediglich
zusätzliche Serviceleistungen (z.B. Notrufsystem und ständige Erreichbarkeit der
Notrufzentrale), die gerade die Fortführung der selbstbestimmten Haushaltsführung
ermöglichten. Von daher unterscheide sich ihre Lebensführung nicht in erheblicher
Weise von einer solchen bei Verbleib in der eigenen Wohnung unter dortiger
Inanspruchnahme von notwendigen Hilfsdiensten (z.B. Essen auf Rädern).

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Auslegung des Begriffes der privaten
Haushaltungen ließ das Oberverwaltungsgericht die Revision zum
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.

Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2005,
Aktenzeichen: 12 A 11963/04.OVG