OVG NRW: Potenzsteigernde Medikamente dürfen in NRW nicht generell von der Beihilfe ausgeschlossen werden

Der 6. Senat hat mit Urteilen vom 31. August 2007 entschieden, dass der generelle und voll­ständige Ausschluss von Medikamenten zur Potenzsteigerung (“Viagra” u. ä.) von der Bei­hilfe rechtswidrig ist.

Seit dem Jahr 2004 schließt die Beihilfenverordnung des Landes Nordrhein-Westfa­len eine Beihilfe für Medikamente, die überwiegend der Behandlung der krankhaften erektilen Dys­funktion dienen, generell aus. In den entschiedenen Fällen war die erektile Dysfunktion als Folge einer Prostataoperation aufgetreten.

Die Krankheitsvorsorge für Beamte, Richter, Versorgungsempfänger (Pensionäre) und bis 1998 eingestellte Angestellte ist in Nordrhein-Westfalen so geregelt, dass sie einen Teil der von ihnen gezahlten Arzt-, Krankenhaus- und Arzneimittelkosten vom Land ersetzt erhalten (sogenannte “Beihilfe”). Den verbleibenden Rest der Kosten, der je nach Familiensituation zwischen 50 % und 20 % beträgt, bringen die Beihilfe­berechtigten selbst auf, indem sie eine private Krankenversicherung für jedes Fami­lienmitglied abschließen und aus ihrem Gehalt bezahlen müssen.

Das Oberverwaltungsgericht hat den gegen den Ausschluss der Beihilfe erhobenen Klagen im Wesentlichen aus folgenden Gründen stattgegeben:

Nach § 88 Landesbeamtengesetz NRW steht den Beihilfeberechtigten im Krank­heitsfall eine Beihilfe zu ihren notwendigen und angemessenen Aufwendungen zu. Das Beamtengesetz sieht nur in bestimmten Fällen wie beispielsweise Zahnarztbe­handlungen, beim Einsatz von Pflegekräften oder bei Kuraufenthalten Einschnitte in die Beihilfe vor. Bei der Versorgung mit medizinisch notwendigen Arzneimitteln sind Beihilfeeinschränkungen gesetzlich nicht zuge­lassen.

Zwar lässt das Beamtengesetz dem Finanzministerium beim Erlass der Beihilfever­ordnung einen gewissen Spielraum, die Angemessenheit der Aufwendungen näher zu regeln. Das Finanzministerium überschreitet diesen Spielraum jedoch, wenn es die Ausgaben der be­troffenen Beamten für potenzsteigernde Arzneimittel aus­nahmslos für unangemessen erklärt.

Der Senat hat nicht entschieden, ob die Beihilfe für Potenzmittel durch eine Neure­gelung eingeschränkt werden kann.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Be­schwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Az.: 6 A 2321/06 u.a.