OVG NRW: Oberverwaltungsgericht stoppt vorläufig die vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wegen überlanger Wartezeit verfügte Studienplatzvergabe in medizinischen Studiengängen

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat am 29. September 2011 die Stiftung für Hochschulzulassung (früher ZVS) im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflich­tet, Studienbewerber vorläufig zum Studium der Tier- bzw. Humanmedizin zuzulas­sen, weil diese bereits seit sechs Jahren auf eine Zulassung warteten. Gegen diese Entscheidungen des Verwaltungsgerichts hat die Stiftung für Hochschulzulassung heute beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, die Vollziehung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts bis zur Entscheidung über die dagegen gerichteten Beschwerden auszusetzen. Der 13. Senat des Oberverwal­tungsgerichts hat diesen Anträgen entsprochen.

Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Vollziehung der Beschlüsse des Verwal­tungsgerichts sei einstweilig auszusetzen, weil die Beschlüsse sich mit überwiegen­der Wahrscheinlichkeit als fehlerhaft erweisen dürften. Aller Voraussicht nach hätten die schon sechs Jahre auf einen Studienplatz wartenden Antragsteller derzeit keinen Anspruch auf Zulassung zum Studium der Medizin/Tiermedizin. Es sei derzeit nicht ersichtlich, dass die Studienbewerber endgültig keinen Studienplatz erhalten würden. Auch wenn der Studienbewerber bereits länger als die Dauer des Regelstudiums auf die Zulassung zum Stu­dium der Medizin/Tiermedizin warte, folge hieraus nicht, ge­rade in dem hier in Rede stehenden Wintersemester 2011/2012 zugelassen zu wer­den. Eine Benachtei­ligung wäre erst dann als Grundrechtsverletzung zu beurteilen, wenn sich diese Be­nachteiligung nicht mehr ausgleichen ließe und der Studienplatz­bewerber endgültig keinen Studienplatz erhalten würde. Das sei hier nicht zu erken­nen. Vielmehr sei da­von auszugehen, dass eine Zulassung zum Wintersemester 2012/2013 hinreichend wahrscheinlich sei. Damit wäre die verfassungsrechtlich ab­gesicherte Chance einer (wenn auch verspäteten) Zulassung zum gewünschten Stu­dium noch gegeben.
Des Weiteren würde die Vollziehung der vom Verwaltungsgericht verfügten einstwei­ligen Anordnung Bewerber im Auswahlverfahren der Hochschulen verdrängen, ob­wohl ein grundsätzlicher Vorrang des möglicherweise überlang wartenden Studien­bewerbers nicht ohne Weiteres bejaht werden könne. Die damit verbundene Frage, ob das hochschulrechtliche Zulassungsverfahren einer Einzelabwägung kollidieren­der und im Grundsatz gleichrangiger Rechtsgüter der Bewerber(-gruppen) über­haupt zugänglich ist, müsse gegebenenfalls einer späteren Entscheidung vorbehal­ten blei­ben.

Schließlich sei nicht davon auszugehen, dass ein Studienbewerber bei einer unzu­mutbar langen Wartezeit einen unmittelbaren Anspruch auf Zulassung zum ge­wünschten Studium habe. Vielmehr obliege die Entscheidung über Umfang und Prio­ritäten des Hochschulausbaus in erster Linie dem Gesetzgeber. Danach habe der Gesetzgeber unter Beachtung der bekannten verfassungsrechtlichen Vorga­ben selbst ein verfassungsgemäßes Auswahlverfahren zu schaffen und die tatsäch­liche Entwicklung des hochschulzulassungsrechtlichen Vergabeverfahrens zu be­obachten und gegebenenfalls das Verfahren nachzubessern.

Die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts sind unanfechtbar. Wann über die Be­schwerden entschieden wird, ist zurzeit noch nicht abzusehen.

Pressemitteilung zum Beschluss vom 29. September 2011 – Az.: 13 B 1214/11, 13 B 1215/11, 13 B 1216/11, 13 B 1217/11 und 13 B 1218/11.