OVG NRW: Beobachtung von MdB Bodo Ramelow durch den Verfassungsschutz des Bundes ist rechtswidrig

Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf den Bundestagsabgeordneten Bodo Ramelow, DIE LINKE, nicht mehr beobachten. Dies hat der 16. Senat des Oberver­waltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom heutigen Tag entschieden.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhebt seit über zehn Jahren Informationen über den Abgeordneten Ramelow aus allgemein zugänglichen Quellen wie etwa Zeitungen, Zeitschriften, Veröffentlichungen im Internet sowie Presseerklärungen und anderen Verlautbarungen. Das Bundesamt verdächtigt DIE LINKE wie zuvor die Linkspartei.PDS und die PDS verfassungsfeindlicher Bestrebungen und hält es des­halb für gerechtfertigt, auch Ramelow als langjährigen führenden Funktionär der Partei zu beobachten. Als Ramelow dies erfuhr, klagte er auf Feststellung, dass die Datenerhebung sowohl aus allgemein zugänglichen Quellen als auch mit nachrich­tendienstlichen Mitteln rechtswidrig war, sowie auf Unterlassung künftiger Beobach­tung. Er machte geltend, weder er selbst noch DIE LINKE verfolgten verfassungs­feindliche Bestrebungen. Als Abgeordneter – zunächst in Thüringen, heute im Deut­schen Bun­destag – dürfe er ohnehin nicht beobachtet werden. Das Verwaltungsge­richt Köln gab der Klage für den Beobachtungszeitraum ab Oktober 1999 mit Urteil vom 13. Dezember 2007 insgesamt statt. Die Berufung hatte teilweise Erfolg: Das Oberverwaltungsgericht wies die Klage von Ramelow gegen den Einsatz nachrich­tendienstlicher Mittel als unzulässig ab. Es bestätigte das Urteil des Verwaltungsge­richts, dass die Datenerhebung aus allgemein zugänglichen Quellen rechtswidrig sei.

In der mündlichen Urteilsbegründung führte die Vorsitzende des 16. Senats aus: Es lägen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die Partei DIE LINKE Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolge. Die Kommunistische Plattform, das Marxistische Forum und die Linksjugend [’solid] seien auch nach der Verschmelzung der Linkspartei.PDS mit der WASG bedeutsame Personenzusam­menschlüsse innerhalb der Partei DIE LINKE. Es gebe Hinweise, dass diese Perso­nenzusammenschlüsse weiterhin die Diktatur des Proletariats im klassisch marxis­tisch-leninistischen Sinne anstrebten und damit zentrale Werte des Grundgesetzes wie die Menschenrechte, das Recht auf allgemeine und gleiche Wahlen, das Recht zur parlamentarischen Opposition sowie die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung außer Kraft setzen wollten. Diese Zusammenschlüsse seien auch weiterhin aktiv, ihre Ziele innerhalb und außerhalb der Partei durchzusetzen. Außerdem gebe es aus der Mitte der Partei sowie von füh­renden Parteimitgliedern Erklärungen zur DDR und zu Kuba, die ebenso Anhalts­punkte für eine mangelnde Verfassungstreue der Partei DIE§LINKE lieferten wie die Zusammenarbeit der Partei mit linksextremistischen Organisationen (im Inland etwa mit der DKP).

Ein so begründeter Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen lasse es gleich­wohl nicht zu, Ramelow in die Beobachtung durch den Verfassungsschutz einzube­ziehen. Er sei zwar Spitzenfunktionär der Partei DIE LINKE und habe bereits in der PDS und in der Linkspartei.PDS herausgehobene Funktionen wahrgenommen. Das freie Mandat des Abgeordneten stehe aber in seinem Einzelfall der Beobachtung entgegen.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist die Nichtzulassungsbe­schwerde zum Bundesverwaltungsgericht möglich.

Az.: 16 A 845/08