OVG NRW: Abzug der Kostendämpfungspauschale von der Beihilfe ist rechtswidrig

Der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteilen vom 18. Juli 2007 ent­schieden, dass der Abzug der Kostendämpfungspauschale von der Beihilfe rechts­widrig ist.

Die Krankheitsvorsorge für Beamte, Richter, Versorgungsempfänger (Pensionäre) und bis 1998 ein­gestellte Angestellte ist in Nordrhein-Westfalen so geregelt, dass sie einen Teil ihrer Arzt-, Kranken­haus- und Arzneimittelkosten vom Land ersetzt erhal­ten (sogenannte Beihilfe). Den verbleibenden Rest der Kosten, der je nach Familien­situation zwischen 50 % und 20 % beträgt, bringen die Beihilfe­berechtigten selbst auf, indem sie eine private Krankenversicherung für jedes Familienmitglied ab­schließen und aus ihrem Gehalt bezahlen müssen.

Seit dem Jahr 1999 wird den Beihilfeberechtigten ein bestimmter Betrag als Kosten­dämpfungspau­schale von der Beihilfe abgezogen, den auch die private Krankenver­sicherung nicht ersetzt. Die Kos­tendämpfungspauschale ist gestaffelt und beträgt je nach Gehaltshöhe zwischen 150 Euro und 750 Euro jährlich.

Gegen den Abzug der Kostendämpfungspauschale hatten zahlreiche Beihilfeberech­tigte mit Erfolg beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen geklagt. Die Berufungen des Landes Nordrhein-Westfalen gegen die Urteile des Verawaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht nunmehr mit den o.g. Urteilen zurückgewiesen. Zur Begrün­dung hat es ausgeführt:

Nach der aus der Verfassung folgenden Pflicht zur Alimentation müsse der Dienst­herr den gesamten Lebensunterhalt des Beamten decken. Dazu gehörten auch die Krankheitskosten. Das ausgezahlte Gehalt sei so zusammengesetzt, dass es neben dem Anteil für alle übrigen Bedürfnisse auch einen Anteil für Krankheitskosten ent­halte. Im Rahmen der Eigenvorsorge beteilige sich der Beamte an sei­nen Krank­heitskosten, indem er diesen Gehaltsanteil einsetze, um die notwendigen Krank­heits­kostenversicherungen für sich und seine Familie abzuschließen. Nach der Kon­zeption von Eigenvor­sorge und Beihilfe wirkten beide so zusammen, dass es idealty­pisch ungedeckten Unterhaltsbedarf in Krankheitsfällen nicht geben könne.

Der Dienstherr unterlaufe durch die Kostendämpfungspauschale die Grundsätze, nach denen er das Gehalt bemesse. Er verhalte sich widersprüchlich, wenn er einer­seits der Besoldung einen – wenn auch nicht genau bezifferten – Anteil beifüge, mit dem der Beamte die Eigenvorsorge für den Krank­heitsfall betreiben solle, anderer­seits aber den Beamten über diese Eigenvorsorge hinaus belaste, indem er die Bei­hilfe um die Kostendämpfungspauschale kürze. Mit der Kostendämpfungspauschale als einer dritten Finanzierungsgrundlage der Krankheitskosten handele der Dienst­herr eigenen Vor­entscheidungen zuwider und treuwidrig.

Die Kostendämpfungspauschale verstoße außerdem gegen das Gebot der beamten­rechtlichen Rück­sichtnahme, weil ungedeckter krankheitsbedingter Unterhaltsbedarf nur hinzunehmen sei, soweit die Beihilfevorschriften aus praktischen Gründen nicht mit jedem Versicherungstarif zur Deckung zu brin­gen seien. Die Kostendämpfungs­pauschale stelle dagegen keine unvermeidbare Folge, sondern eine gewollte Belas­tung der Beihilfeberechtigten dar, die zudem nicht versicherbar sei.

Der Senat weicht mit seiner Entscheidung von einem Urteil des Bundesverwaltungs­gerichts (vom 3. Juli 2003 – 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277) ab, mit dem dieses eine vergleichbare frühere Regelung in Niedersachsen für rechtmäßig erklärt hatte. Des­wegen ist die Revision zum Bundesverwaltungsge­richt zugelassen, die das unterle­gene Land Nordrhein-Westfalen einlegen kann.

Aktenzeichen.: 6 A 3535/06 u.a.