OVG Koblenz: SCHUFA muss Auskunft bei Verdacht auf sog. “Schläfer” erteilen

Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ist die SCHUFA zur Auskunft über die Daten solcher Personen verpflichtet, bei denen die Polizei konkrete Hinweise auf “Schläfer” hat. So entschied jetzt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Nach den Ereignissen des 11. September 2001 führte die Polizei, u.a. in Rheinland-Pfalz, eine elektronische Rasterfahndung durch, um terroristische “Schläfer” ausfindig zu machen. Dafür erstellte das Landeskriminalamt mutmaßliche Täterprofile und bat sodann bestimmte Institutionen, etwa Universitäten, um die Übermittlung einschlägiger Daten.Angesichts der erheblichen und andauernden Gefahr schwerster terroristischer Straftaten hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz diese Rasterfahndung seinerzeit für rechtmäßig erklärt (s. Pressemitteilung Nr. 16/02 vom 26. März 2002).

In den rund 100 Prüffällen, die als Ergebnis dieses Informationsabgleichs zunächst “im Raster hängen blieben”, führte die Polizei weitere Einzelermittlungen durch. Lediglich in fünf dieser Fälle, in denen sich dabei der Verdacht erhärtet hatte, forderte die Polizei nun von der SCHUFA bestimmte Informationen über die finanzielle Lage der Betroffenen. Der Antrag der SCHUFA auf vorläufigen Rechtsschutz gegen diese Aufforderung hatte vor dem Verwaltungsgericht in erster Instanz zunächst Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht gab der Beschwerde des Landes jedoch statt und lehnte den Eilantrag der SCHUFA ab.

Zum Schutz besonders wichtiger Rechtsgüter im Einzelfall könne jeden eine Auskunftspflicht gegenüber der Polizei treffen, betonte das Oberverwaltungsgericht. Eine derartige Gefahrenlage sei immer noch gegeben. Von religiösem Fanatismus angetriebene, in ihrem Umfang und ihren Auswirkungen nicht zu beherrschende Terrorakte seien nach wie vor zu befürchten. Bei den von dem Auskunftsverlangen betroffenen Personen lägen mittlerweile konkrete Hinweise vor, dass es sich um “Schläfer” handeln könnte. Insbesondere seien bei ihnen beträchtliche Geldzuflüsse aus nicht nachvollziehbaren Quellen sowie entsprechende Überweisungen an unbekannte Adressaten festgestellt worden. Allein die SCHUFA sei aufgrund ihres umfangreichen Datenbestandes in der Lage, den zusätzlichen Informationsbedarf der Polizeibehörden zu decken.

Den Einwänden der SCHUFA, die hierin einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Datenschutz sah, folgten die Richter nicht. So habe die Polizei alles ihr Mögliche getan, um durch eigene Einzelermittlungen den Kreis der Personen weitestgehend einzuschränken, deren nähere finanzielle Daten nun offen zu legen sind. In diesen wenigen Fällen habe das Allgemeininteresse Vorrang, auch wenn unter Umständen eine unbeteiligte Person betroffen sein könnte. Auch der Datenschutzbeauftragte habe diese Auffassung ausdrücklich geteilt. Von einer flächendeckenden Inanspruchnahme der SCHUFA und einer weitreichenden Offenlegung geschützter Daten könne deshalb keine Rede sein, betonte das Oberverwaltungsgericht.

OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27.08.2002, Aktenzeichen:12 B 11008/02.OVG