OVG Koblenz: Bei medizinischer Indikation müssen Kosten für “Viagra” von der Beihilfe übernommen werden

Das potenzsteigernde Mittel “Viagra” ist ein Arzneimittel, dessen Kosten bei entsprechender medizinischer Indikation nicht grundsätzlich von der Beihilfegewährung ausgeschlossen werden dürfen, entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Der damals 56-jährige Beamte musste sich einer Prostatakrebsoperation unterziehen. Seither leidet er an einer erektilen Dysfunktion. Zur Behandlung dieser Funktionsstörung kommt nach einer universitätsärztlichen Bescheinigung allein das Mittel “Viagra” in Betracht. Auf eine entsprechende Anfrage des Beamten lehnte die zuständige Oberfinanzdirektion es jedoch ab, die Kosten für das Präparat zu übernehmen, weil potenzsteigernde Mittel generell nicht beihilfefähig seien. Schon das Verwaltungsgericht Neustadt gab dem Beamten jedoch Recht, und auch das Oberverwaltungsgericht entschied jetzt in seinem Sinne.

“Viagra” von der einem Beamten im Krankheitsfall geschuldeten Beihilfe auszuschließen, sei in dieser Allgemeinheit rechtlich nicht vertretbar, urteilte das Oberverwaltungsgericht. Die Richter betonen, dass ein Leistungsausschluss zwar gerechtfertigt ist, wenn durch die Einnahme des Mittels “Viagra” nur “alters- oder konstitutionsbedingte Schwächen behoben oder gar medizinisch regelgerechte Körperfunktionen gesteigert werden sollen”. Mit diesen Fällen darf aber – so das Oberverwaltungsgericht – eine ärztlich verordnete Einnahme des Medikaments nicht gleichgesetzt werden, die dazu dient, den krankheitsbedingten Verlust einer Körperfunktion in gewissem Umfange wieder auszugleichen. Die undifferenzierte Gleichbehandlung beider Fallgruppen im Sinne eines vollständigen Ausschlusses von der Beihilfefähigkeit gehe daher zu weit.

Bei der Neuordnung der Beihilferegelungen – so betont das Gericht – dürfen allerdings eine zumutbare Eigenbeteiligung oder auch Höchstbeträge eingeführt werden. Solange der Dienstherr von solchen Gestaltungsmöglichkeiten keinen Gebrauch mache, müsse er aber in Fällen der vorliegenden Art die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen anerkennen.

Urteil des OVG Rheinland-Pfalz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2002, Aktenzeichen: 2 A 11755/01.OVG