VerfGH NRW: Vb gegen Kommunalisierung von Versorgungs- und Umweltverwaltung zurückgewiesen

Mit vier heute verkündeten Urteilen hat der Verfassungsgerichtshof NRW kommu-nale Verfassungsbeschwerden von 19 Städten und zwei Kreisen gegen die Kommu¬nalisierung von Aufgaben des Umweltrechts sowie von 21 Städten, zwei Kreisen und den Land¬schaftsverbän¬den Rheinland und West¬falen-Lippe gegen die Kommunali¬sierung der Versorgungsverwaltung zurückgewie¬sen.
Die Beschwerdeführer hatten sich nicht gegen die jeweiligen Aufgabenübertragun-gen als solche gewandt. Sie sahen sich vielmehr in erster Linie in ihrer Finanzhoheit verletzt, weil sie die mit der neuen Aufgabenverteilung verbundene Kostenzuweisung für un¬zureichend hielten. Städte und Landschaftsverbände machten ergänzend gel¬tend, der Landesgesetzgeber habe die Bestimmungen zur Über¬leitung von Beamten auf die neuen Aufgabenträger kompetenzwidrig und im Widerspruch zum Bundes¬recht erlassen.
Dem ist der Verfassungsgerichtshof NRW nicht gefolgt. In der mündlichen Urteilsbe¬gründung führte Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. Bertrams hierzu u. a. aus:
Das Konnexitätsprinzip verpflichte den Gesetz¬geber bei Aufgabenübertragungen an die Kommunen, einen finanziellen Ausgleich für die entstehenden notwendigen, durchschnittlichen Ausgaben zu schaffen. Hierfür müsse er sich über die finanziellen Auswirkungen der gesetzlichen Regelung auf die Ge¬meinden und Gemeindever¬bände klar werden und seine Entscheidungsgrundlagen, ins-besondere zum Schutz der Kommunen, transparent machen. Dabei sei er an die zentralen von ihm selbst gesetzten Maßstäbe des Ausführungsgesetzes gebunden. Die verfassungsgericht¬liche Kontrolle sei in¬soweit jedoch auf die Frage beschränkt, ob der Gesetzgeber seine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bindung an das Ausführungsgesetz ver¬kannt habe.
Der jeweils vorgesehene Belastungsausgleich werde diesen Anforderungen unter den gegebenen Umständen, unter denen verfassungsrechtliches Neuland über die konkreten Anforderungen des Konnexitätsprinzips betreten worden sei, noch ge-recht. Die Kostenfolgeabschätzungen des Gesetzgebers orientierten sich am Konnexitätsausführungsgesetz, ließen die wesentlichen Entschei-dungsgrundlagen ausrei¬chend erkennen und erlaubten eine grobe Nachvoll-ziehbarkeit der An¬sätze. Dies ge¬nüge derzeit vor allem deshalb verfassungsrechtli-chen Anforderungen, weil der Ge¬setzge¬ber kurzfristig zu einer Überprüfung seiner Ansätze und gegebe¬nenfalls zur Selbst¬korrektur verpflichtet sei. Künftig sei der Ge-setzgeber bei Aufga¬benübertra¬gungen jedoch gehalten, die Grundannahmen und Berechnungen seiner Kosten¬prognose nicht nur grob, sondern im Einzelnen nach-vollziehbar offen zu legen und auf diese Weise einen konsensori¬entierten partner-schaftlichen Dialog mit den kom¬munalen Spitzenverbänden zu er¬möglichen.
Die landesgesetzlichen Regelungen zur Zuordnung von Beamten auf kommunale Aufgabenträger im Zuge der Aufgabenübertragungen hielten sich im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Landes zur Einrichtung von Behörden bzw. zum kommunalen Organisa¬tionsrecht, weil die Rechtsstellung der übergehen¬den Beam-ten gewahrt bleibe und in angemessener Frist von höchstens sechs Monaten be-stimmt werde, von welchen Körperschaften die einzelnen Beamten zu übernehmen seien.

VerfGH 19/08, 21/08, 28/08 und 29/08