StGH Hessen: Urteil des Staatsgerichtshofes im Verfassungsstreitverfahren wegen des Untersuchungsausschusses 18/2 des Hessischen Landtags

Der Staatsgerichtshof des Landes Hessen hat mit Urteil vom heutigen Tage den Anträgen von 42 Abgeordneten der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im
Hessischen Landtag zu dem sogenannten Polizeichef-Untersuchungsausschuss in zwei von drei Punkten stattgegeben.

Die Beteiligten haben darüber gestritten, ob die Mehrheit des Untersuchungsausschusses drei Beweisanträge der Minderheit zu Recht abgelehnt hat.

Die Mitglieder der Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatten im Untersuchungsausschuss zum einen beantragt, ein Rechtsgutachten zu der Frage
einzuholen, ob das Innenministerium bei der Besetzung der Präsidentenstelle der Hessischen Bereitschaftspolizei den Vorgaben des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes
entsprochen hat. Der Staatsgerichtshof hat entschieden, dass die Ausschussmehrheit diesen Antrag nicht ablehnen durfte. Nach der Hessischen Verfassung (HV) haben
Untersuchungsausschüsse auch Beweise zu erheben, die nur eine Minderheit für erforderlich erachtet (Art. 92 Abs. 1 Satz 2 HV). Das kann auch die Einholung eines
Rechtsgutachtens sein.

Zum anderen hatte eine Minderheit im Ausschuss verlangt, den Vizepräsidenten der Hessischen Bereitschaftspolizei, Herrn Ritter, noch einmal als Zeugen zu vernehmen. Dadurch
sollten Widersprüche zu den Angaben der Zeugen Bouffier und Rhein geklärt werden, die sich nach deren Vernehmung ergeben hätten. Der Staatsgerichtshof hat auch die
Ablehnung dieses Beweisantrags als rechtswidrig erachtet. Zum Anspruch der Minderheit, einen bestimmten  Beweis zu erheben, gehört auch das Recht auf Fortsetzung der
Zeugenvernehmung, solange sie noch nicht abgeschlossenen ist. Der Zeuge Ritter war aber noch nicht förmlich entlassen worden, als die Minderheit eine Fortsetzung seiner
Vernehmung beantragte.

Unbegründet war hingegen der dritte Antrag der Ausschussminderheit. Die Minderheit wollte zwei Zeuginnen wegen widersprüchlicher Aussagen vereidigen lassen. Die
Ausschussmehrheit hat dies im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Eine beeidete Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags wäre nach der Neufassung des
§ 162 Abs. 2 StGB im Jahre 2008 lediglich als uneidliche Falschaussage (§ 153 StGB) strafbar. Da aber ein falscher Eid vor einem Untersuchungsausschuss nicht härter
bestraft wird als eine uneidliche Falschaussage, ist schon die Vereidigung selbst unzulässig.

Pressemitteilung zum Urteil vom 16.11.2011