Eigenjagdbezirk. Alle Grundflächen einer Gemeinde, die nicht zu einem
Eigenjagdbezirk gehören, bilden einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk,
wenn sie im Zusammenhang mindestens 150 ha umfassen. Die Eigentümer der
Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden
kraft Gesetzes eine Jagdgenossenschaft. Ihr steht im gemeinschaftlichen
Jagdbezirk das Jagdausübungsrecht zu. Die Jagdgenossenschaft nutzt die
Jagd in der Regel durch Verpachtung.
Der Beschwerdeführer, der die Jagd auf Tiere aus Gewissensgründen
ablehnt, ist Eigentümer eines Grundstücks, das zu einem
gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört. Er hält die Zwangsmitgliedschaft
in der Jagdgenossenschaft für verfassungswidrig. Seinem Antrag auf
Entlassung aus der Jagdgenossenschaft wurde nicht entsprochen; die
hiergegen erhobene Klage blieb vor den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg.
Seine Verfassungsbeschwerde wurde von der 2. Kammer des Ersten Senats
des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Das Eigentumsgrundrecht ist nicht verletzt. Die Regelungen des
Bundesjagdgesetzes über die gemeinschaftlichen Jagdbezirke und das
Jagdausübungsrecht durch die Jagdgenossenschaften stellen eine
zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar. Sie
verfolgen legitime Ziele, sind erforderlich und beeinträchtigen die
Eigentümerinteressen nicht unverhältnismäßig.
Die gesetzgeberischen Ziele erschöpfen sich nicht in der Ermöglichung
der Jagdausübung und der Vermeidung von Wildschäden, sondern umfassen
auch Gesichtspunkte des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des
Tierschutzes. Der Gesetzgeber hat mit dem Jagdrecht ausdrücklich die
Pflicht zur Hege verbunden. Die Hege hat die Erhaltung eines den
landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten
artenreichen und gesunden Wildbestandes, sowie die Pflege und
Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel. Ein dem Gedanken der Hege
verpflichtetes Jagdrecht dient auch dem Schutz der natürlichen
Lebensgrundlagen (Art. 20 a GG).
Der Gesetzgeber durfte annehmen, dass die Zwecke des Jagdrechts
einschließlich der Hege am besten in grundstücksübergreifender Weise
verwirklicht werden können. Würde man einzelnen oder allen
Eigentümern das Jagdrecht zur freien Ausübung belassen, bedürfte es –
um die genannten Jagd- und Hegeziele zu erreichen – eines
voraussichtlich erheblich höheren Regelungs- und Überwachungsaufwands
durch den Staat, als dies gegenwärtig gegenüber den auch
selbstverwaltend tätigen Jagdgenossenschaften der Fall ist.
Demgegenüber stellen sich die Einschränkungen der
Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers nicht als besonders
gravierend dar. Zudem sieht das Gesetz in den Mitwirkungsrechten des
Beschwerdeführers in der Jagdgenossenschaft und in seinem nicht
abdingbaren Teilhaberecht am Pachterlös einen angemessenen Ausgleich
für die Beschränkung des Eigentums vor.
2. Der Beschwerdeführer ist nicht in seiner Gewissensfreiheit verletzt.
Der Gewissensfreiheit des Beschwerdeführers stehen kollidierende
Verfassungsgüter gegenüber. Es handelt sich dabei um die gleichen,
auf verfassungsrechtliche Wertentscheidungen rückführbaren Ziele des
Jagdrechts, die auch die jagdrechtliche Inhalts- und
Schrankenbestimmung des Grundeigentums rechtfertigen. Müssten das
Grundstück des Beschwerdeführers und die Grundstücke weiterer
Eigentümer, die die Jagd ebenfalls ablehnen, aus der
Jagdgenossenschaft ausscheiden, wäre die vom Gesetzgeber bezweckte
Eigentums- und Hegeordnung in Gefahr. Demgegenüber wiegt die
Beeinträchtigung des Beschwerdeführers dadurch, dass er die Ausübung
der Jagd auf seinen Grundstücken hinnehmen muss, geringer, auch wenn
sie ihn subjektiv nicht unerheblich belasten mag. Der
Beschwerdeführer wird nicht gezwungen, die Jagd auszuüben oder diese
tätig zu unterstützen.
3. Die Gerichte haben in den angegriffenen Entscheidungen die
Europäische Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausreichend
berücksichtigt. Insbesondere haben sie das Urteil des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte vom 29. April 1999 zum französischen
Jagdrecht in den Blick genommen und hierbei die Unterschiede der
rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse nach deutschem Jagdrecht
gegenüber den seinerzeit maßgeblichen nach französischem Recht
herausgearbeitet.
Pressemitteilung Nr. 3/2007 vom 12. Januar 2007
Zum Beschluss vom 13. Dezember 2006 – 1 BvR 2084/05 –