Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, der nach eigenen Angaben bereits in etwa 350 Verfahren als Insolvenzverwalter tätig war, wurde vom Amtsgericht in einem Insolvenzverfahren zum
vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Nach Erstattung eines Gutachtens durch den Beschwerdeführer eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren, bestellte aber
nicht den Beschwerdeführer, sondern einen früher bei ihm beschäftigten Rechtsanwalt zum Insolvenzverwalter. Nach Angaben des Beschwerdeführers wurde er seitdem vom
Amtsgericht nicht mehr zum Insolvenzverwalter bestellt und hierdurch in nahezu einhundert Verfahren nicht berücksichtigt. Seinen Antrag, die Bestellung seines früheren
Mitarbeiters aufzuheben und an dessen Stelle ihn, den Beschwerdeführer, zum Insolvenzverwalter zu ernennen, verwarf das Oberlandesgericht als unzulässig, da das Gesetz
insoweit ein Rechtsmittel nicht vorsehe. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Nach § 56 Abs. 1 Insolvenzordnung ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner
unabhängige natürliche Person zum Insolvenzverwalter zu bestellen. Diese Regelung dient der sachgerechten Durchführung des Insolvenzverfahrens und damit der Wahrung der
Interessen der Gläubiger sowie auch des Schuldners. Sie ist nicht zu dem Zweck geschaffen, Insolvenzverwaltern die berufliche Betätigung zu ermöglichen und schafft daher
für sich genommen keine subjektiven Rechte hinsichtlich der Bestellung zum Insolvenzverwalter. Im Hinblick auf das Verbot einer willkürlichen Ungleichbehandlung darf der
mit dem konkreten Fall befasste Richter seine Entscheidung für einen bestimmten Insolvenzverwalter jedoch nicht nach freiem Belieben treffen; vielmehr hat er sein
Auswahlermessen pflichtgemäß auszuüben. Insofern verfügt jeder geeignete Bewerber um das Insolvenzverwalteramt über ein subjektives Recht auf pflichtgemäße
Ausübung des Auswahlermessens des Insolvenzrichters. Für dieses subjektive Recht muss Rechtsschutz gewährleistet sein.
2. Eine Anfechtung der Bestellung zum Insolvenzverwalter durch nicht zum Zuge gekommene Mitbewerber ist hierbei jedoch ebenso ausgeschlossen wie die Verhinderung einer
Bestellung im Wege vorläufigen Rechtsschutzes.
Es stehen sich die Interessen des Staates und die insoweit gleichgerichteten Interessen vor allem der Gläubiger sowie in zweiter Linie auch des Schuldners auf der einen
Seite sowie die Interessen der Bewerber um das Insolvenzverwalteramt auf der anderen Seite gegenüber. Das Ziel der bei der Bestellungsentscheidung des Insolvenzgerichts
nicht berücksichtigten Prätendenten ist darauf gerichtet, auf dem Wege einer Drittanfechtung der Bestellung anstelle des aus ihrer Sicht zu Unrecht ausgewählten
Mitbewerbers zum Insolvenzverwalter berufen zu werden. Demgegenüber sind namentlich die Gläubiger daran interessiert, dass weitere Kosten, Verzögerungen und
Komplikationen im Ablauf des Insolvenzverfahrens durch gerichtliche Auseinandersetzungen um die Person des Insolvenzverwalters unterbleiben. Im Fall einer durch die
Anfechtung des Prätendenten bewirkten Entlassung des zunächst bestellten Insolvenzverwalters wären mit einer nachfolgenden erneuten Auswahlentscheidung des
Insolvenzrichters und anschließenden erneuten Anfechtungsmöglichkeiten schwerwiegende Verzögerungen verbunden, die mit der Eilbedürftigkeit des Insolvenzverfahrens
nicht zu vereinbaren sind. Zu Verzögerungen, die den Verfahrenszweck gefährden, kommt es auch, wenn der ausgewählte Prätendent zunächst nicht bestellt, sondern den
Mitbewerbern vorläufiger Rechtsschutz gewährt wird.
Bei dieser Interessenlage kann dem ? auf das Eigentumsgrundrecht gestützten ? Interesse der Gläubiger nur dadurch Rechnung getragen werden, dass der Rechtsschutz zugunsten
der Bewerber um das Insolvenzverwalteramt unter Ausschluss einer Möglichkeit zur Drittanfechtung der Bestellung wie auch unter Ausschluss vorläufigen Rechtsschutzes
gewährt wird. Diese Lösung ist angemessen, weil nach dem vom Gesetzgeber mit Blick auf die Gewährleistung des Eigentums verfolgten Ziel des Insolvenzverfahrens den
Interessen der Gläubiger und des Schuldners Vorrang gegenüber den Interessen der Prätendenten an beruflicher Betätigung zukommt.
Nr. 62/2006 vom 11. Juli 2006
Beschluss vom 23. Mai 2006
1 BvR 2530/04