Seit dem Jahr 2005 besteht in Europa die Möglichkeit, mit Berechtigungen
zur Emission von Treibhausgasen zu handeln. Grundlage hierfür ist die
von der Europäischen Gemeinschaft erlassene Emissionshandelsrichtlinie.
Danach sind von den teilnehmenden Staaten an die ansässigen Betriebe
Emissionszertifikate auszugeben. Sie berechtigen zum Ausstoß einer
bestimmten Menge von Treibhausgasen. Unterschreiten die Emissionen die
in den Emissionszertifikaten festgelegten Grenzen, können die
betreffenden Unternehmen die Zertifikate an andere Unternehmen
verkaufen, deren Treibhausgasausstoß die ihnen zugewiesenen Kontingente
überschreitet. Der Handel soll auf eine kosteneffiziente und
wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von
Treibhausgasemissionen hinwirken.
Der deutsche Gesetzgeber hat in Umsetzung des Gemeinschaftsrechts unter
anderem das Zuteilungsgesetz 2007 (ZuG 2007), das am 31. August 2004 in
Kraft getreten ist, erlassen. Dieses legt die Gesamtmenge an
Kohlendioxid-Emissionen in Deutschland für die Zuteilungsperiode 2005
bis 2007 sowie Regeln für die Zuteilung von Emissionsberechtigungen
fest. Das Zuteilungsgesetz 2007 unterscheidet zwischen bestehenden
Anlagen und Neuanlagen. Neuanlagen werden bei der Zuteilung von
Berechtigungen gegenüber bestehenden Anlagen aufgrund unterschiedlicher
Zuteilungsregeln grundsätzlich begünstigt. Eine besondere
Zuteilungsregelung enthält § 12 ZuG 2007, der die Anerkennung
frühzeitiger Emissionsminderungen vorsieht. Emissionsminderungen auf
Grund von Modernisierungsmaßnahmen zwischen dem 1.1.1994 und dem
31.12.2002 werden für zwölf auf den Abschluss der
Modernisierungsmaßnahme folgende Kalenderjahre bei der Zuteilung
gegenüber nicht modernisierten Bestandsanlagen bevorteilt. Mit dieser
Regelung soll sichergestellt werden, dass die erheblichen Vorleistungen
bei der Sanierung der Industrie und Energiewirtschaft insbesondere in
den neuen Bundesländern jedenfalls teilweise bei der Zuteilung
berücksichtigt werden können.
Das vorliegende Normenkontrollverfahren betrifft § 12 ZuG 2007. Die
Regierung des Landes Sachsen-Anhalt ist der Meinung, dass die Norm
insbesondere mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar sei, da sie
frühzeitige Modernisierungsmaßnahmen nicht hinreichend würdige.
Besonders für viele ostdeutsche Unternehmen ergäben sich hierdurch
Wettbewerbsnachteile. Unternehmen, die durch Modernisierungsmaßnahmen in
den neunziger Jahren bereits frühzeitig zur Minderung von Treibhaus-
Emissionen beigetragen haben, würden benachteiligt. Deren Vorleistungen
würden entweder gar nicht (bei Modernisierung bis 1994), oder ?
verglichen mit Neuanlagen ? nur zu einem geringen Maß (bei
Modernisierung bis einschließlich 2002) anerkannt. Im Vergleich mit
Unternehmen, die in der Vergangenheit keinerlei Emissionsreduktion
herbeigeführt haben, würden Unternehmen, die am längsten und
umfangsreichsten zur Minderung des Kohlendioxidausstoßes beigetragen
haben, bei der handelbaren Emissionsmenge stark benachteiligt.
Der Normenkontrollantrag hatte keinen Erfolg. Der Erste Senat des
Bundesverfassungsgerichts stellte fest, dass § 12 ZuG 2007 mit dem
Grundgesetz vereinbar ist. Insbesondere verletzt die Regelung nicht das
Gleichbehandlungsgebot. Die Bevorzugung von Neuanlagen bzw. nach 2005
modernisierten Anlagen gegenüber frühzeitig modernisierten Anlagen ist
sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber darf im Interesse eines aktiven
Klimaschutzes besondere Investitionsanreize für zusätzliche Neuanlagen
und künftige Modernisierungen vorsehen. Hierin liegen gerade Sinn und
Zweck des Emissionshandels.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
 I. Das Bundesverfassungsgericht kann die Verfassungsmäßigkeit des § 12
   ZuG 2007 vollumfänglich prüfen. Zwar wird auch die innerstaatliche
   Umsetzung von Richtlinien des Gemeinschaftsrechts, die zwingende
   Vorgaben enthalten, vom Bundesverfassungsgericht und den
   Fachgerichten nicht am Maßstab des Grundgesetzes gemessen, solange
   die Europäischen Gemeinschaften einen wirksamen Schutz der
   Grundrechte der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell
   gewährleisten, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar
   gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist
   (Solange II – Rechtsprechung). Die Anerkennung frühzeitiger
   Emissionsminderungen, wie § 12 ZuG 2007 sie vorsieht, ist jedoch
   ausdrücklich in das Gestaltungsermessen der Mitgliedstaaten gestellt
   und hat daher keinen verpflichtenden Charakter.
II. § 12 ZuG 2007 verletzt nicht das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3
   Abs. 1 GG.
   Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Anlagen,
   bei denen bereits frühzeitig Emissionsminderungen vorgenommen wurden
   (§ 12 ZuG 2007), gegenüber Anlagen, die im Jahr 2005 oder später
   durch eine Neuanlage ersetzt wurden (§ 10 ZuG 2007), liegt nicht
   vor. Die Begünstigung von Neuanlagen gegenüber Anlagen mit
   frühzeitigen Emissionsminderungen bei der Vergabe von Zertifikaten
   ist sachlich gerechtfertigt. § 10 ZuG 2007 hat in besonderem Maße
   die Zielerreichung ? die Minderung der Treibhausgasemissionen bis
   2012 um 21 % gegenüber 1990 ? im Blick. Die Vorschrift schafft für
   zusätzliche Neuanlagen Innovationsanreize und dient damit dem
   aktiven Klimaschutz. Maßnahmen, die vor Inkrafttreten des
   Emissionshandelssystems ergriffen wurden, haben dagegen keine
   weiteren Klimaschutzeffekte. Bei § 12 ZuG 2007 geht es nur noch um
   eine angemessene Honorierung für Vergangenes.
   Auch bei einem Vergleich der Zuteilung für nach dem 1. Januar 2005
   vorgenommene bloße Modernisierungen von Altanlagen mit der Zuteilung
   für frühzeitige Emissionsminderungen nach § 12 ZuG 2007 kann eine
   verfassungsrechtlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht
   festgestellt werden. Der Gesetzgeber darf für künftige
   Modernisierungen besondere Anreize vorsehen, zumal dann, wenn die
   erreichten Kohlendioxid-Reduktionen von beträchtlichem Ausmaß sind.
   Hierin liegen gerade Sinn und Zweck des Emissionshandels.
   Eine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung
   von unter § 12 ZuG 2007 fallenden Anlagen im Vergleich zu Anlagen,
   die vor dem Jahr 1994 modernisiert wurden, liegt ebenfalls nicht
   vor. Zwar erhält ein Betreiber, der seine Anlagen bis Ende 1993
   modernisiert und dadurch zur Reduktion der Treibhausgase beigetragen
   hatte, keine Vergünstigung. Er wird behandelt wie Betreiber nicht
   modernisierter Bestandsanlagen. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch
   gerechtfertigt. Die Anknüpfung an den Stichtag 31. Dezember 1993 ist
   von der Bundesregierung sachgerecht damit begründet worden, dass
   belastbares Datenmaterial, das für die Feststellung einer relevanten
   frühzeitigen Emissionsminderungsmaßnahme erforderlich ist,
   anderenfalls nicht greifbar gewesen wäre. Im Übrigen ist auch die
   Erwägung des Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden,
   dass er solche Maßnahmen unter klimapolitischem Blickwinkel aus
   Sicht des heutigen Standes der Technik nicht mehr für besonders
   honorierungswürdig hält, die bei Inkrafttreten des Emissionshandels
   mindestens elf Jahre zurück liegen und von denen heute kein
   zusätzlicher Nutzen für eine weitere Reduktion der
   Treibhausgasemissionen mehr ausgeht.