BVerfG: Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung von Arbeitslosenhilfe verfassungsgemäß

Die Verfassungsbeschwerde eines Arbeitnehmers, der sich dagegen wandte, dass bei der Bemessung
der Arbeitslosenhilfe einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nicht berücksichtigt wurde, hatte keinen Erfolg.
Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nahm die Verfassungsbeschwerde
nicht zur Entscheidung an.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer stand bis 1991 in einem Beschäftigungsverhältnis. Im Anschluss daran erhielt er
Arbeitslosengeld, ab September 1993 Arbeitslosenhilfe. In dem für die Bemessung der Arbeitslosenhilfe
maßgebenden Zeitraum waren ihm Weihnachtsgratifikationen in Höhe von insgesamt 1.876 DM sowie
Urlaubsentgelt in Höhe von 714,88 DM ausgezahlt worden.

Der Beschwerdeführer ist der Meinung, bei der Festsetzung der Arbeitslosenhilfe hätten auch Einmalzahlungen
seiner Lohnabrechnung berücksichtigt werden müssen. Als Bezieher von Arbeitslosenhilfe sieht er
sich gegenüber Beziehern von Arbeitslosengeld ungerechtfertigt benachteiligt, weil bei dessen Bemessung,
anders als in seinem Fall, Einmalzahlungen Berücksichtigung fänden. Die Klage des Beschwerdeführers
vor den Sozialgerichten und seine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht
blieben ohne Erfolg.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Art. 3 Abs. 1 GG (Allgemeiner Gleichheitssatz) ist nicht verletzt. Die unterschiedliche Behandlung der
Bezieher von Arbeitslosengeld und von Arbeitslosenhilfe war sachlich gerechtfertigt. Zwischen beiden
Leistungen bestanden grundlegende Unterschiede. Das Arbeitslosengeld ist eine auf Beiträge gestützte
Versicherungsleistung, bei der Arbeitslosenhilfe handelt es sich um eine steuerfinanzierte Leistung. Daher
können auch nicht die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts in seinen Beschlüssen vom 11. Januar
1995 (BVerfGE 92, 53) und vom 24. Mai 2000 (BVerfGE 102, 127) zur Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes auf die Arbeitslosenhilfe übertragen werden. Das
Bundesverfassungsgericht hat wesentlich darauf abgestellt, dass alle Arbeitsentgeltbestandteile, die der
Beitragspflicht unterworfen werden, einen grundsätzlich gleichen Erfolgswert haben müssen. Für die Arbeitslosenhilfe
trifft diese Erwägung nicht zu; sie war eine Leistung, die nicht aus Beiträgen finanziert wurde.
Auch im Verhältnis der Bezieher von Arbeitslosenhilfe war die unterschiedliche Behandlung sachlich
gerechtfertigt. Zwar wurden Berechtigte dadurch umso stärker benachteiligt, je höher der Anteil von
Einmalzahlungen am Gesamtentgelt war. Der Gesetzgeber konnte sich aber darauf berufen, die Einbeziehung
von Einmalzahlungen in die Bemessung der Arbeitslosenhilfe als einer grundsätzlich zeitlich unbegrenzten
Leistung würde dazu führen, dass Personen, die in wirtschaftlich guten Zeiten arbeitslos würden
und hohe Einmalzahlungen erhalten hätten, auf Dauer gegenüber Arbeitslosen bevorzugt würden, die in
wirtschaftlich schlechten Zeiten arbeitslos würden und nur niedrige Einmalzahlungen erhalten hätten. Er
konnte – wie die gegenwärtigen Erfahrungen in Deutschland bestätigen – davon ausgehen, dass gerade
die Gewährung von Einmalzahlungen, wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, in stärkerem Maße als das
regelmäßige Arbeitsentgelt von der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen abhängt.

Beschluss vom 26. September 2005 – 1 BvR 1773/03 –

Karlsruhe, den 25. Oktober 2005