Lebenshaltungskosten in München begehrt, zurückgewiesen. Weder das
Alimentationsprinzip noch der Leistungsgrundsatz verpflichteten den
Besoldungsgeber in der gegenwärtigen Lage, erhöhten Lebenshaltungskosten
in München durch einen spezifischen Ausgleich Rechnung zu tragen.
Zum Sachverhalt vgl. Pressemitteilung Nr. 102/2006 vom 30. Oktober 2006.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
I. Es existiert kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums,
der den Gesetzgeber verpflichtete, bei der Festsetzung der Bezüge
einen spezifischen Ausgleich für regional erhöhte
Lebenshaltungskosten zu gewähren. Geschützt sind nur diejenigen
Regelungen, die das Bild des Beamtentums in seiner überkommenen
Gestalt maßgeblich prägen, so dass ihre Beseitigung auch das Wesen
des Beamtentums antasten würde. Zu diesem Kernbestand von
Strukturprinzipien gehören unter anderem das Alimentationsprinzip
und der Leistungsgrundsatz. Dem Ortszulagensystem der
Beamtenbesoldung kommt dagegen kein in diesem Sinne wesensprägender
Charakter zu. Bei der Ausgestaltung der Zulagen zur
Beamtenbesoldung handelt es sich um eine Detailregelung, die keinen
zwingenden Bezug zur Angemessenheit der Alimentation aufweist. Für
diese sind vielmehr die Nettobezüge maßgeblich, mithin das, was
sich der Beamte von seinem Gehalt tatsächlich leisten kann. Hierfür
ist nicht entscheidend, ob die Bezüge aus dem Grundgehalt, aus
Grundgehalt und Ortszulage oder aus anderen Komponenten bestehen.
Sieht der Gesetzgeber keinen gesonderten Ausgleich für die örtlich
bedingten Lebenshaltungskosten vor, so kann dies im Hinblick auf
die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht
missbilligt werden, wenn sich die Bezüge gleichwohl auch in
Ballungsräumen noch als angemessen erweisen und damit der
Alimentierungspflicht Rechnung getragen wird.
II. Der Besoldungsgesetzgeber ist durch das Alimentationsprinzip
gegenwärtig nicht verpflichtet, erhöhte Lebenshaltungskosten in
München durch einen spezifischen Ausgleich abzufedern.
Das Alimentationsprinzip gehört zu den verfassungsrechtlich
gewährleisteten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Der Beamte muss
über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und
wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet und ihm
über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus einen seinem Amt
angemessenen Lebenskomfort ermöglicht. Die wirtschaftlichen und
finanziellen Verhältnisse unterscheiden sich regional teilweise
erheblich, so dass unterschiedliche Nettobeträge erforderlich sein
können, damit die Beamten in der Lage sind, sich in der
Lebenswirklichkeit annähernd das Gleiche zu leisten. Es verletzt
das Alimentationsprinzip daher nicht, wenn bei der Bemessung der
Bezüge von Beamten, die das gleiche Amt innehaben, an Wohnsitz oder
Dienstort anknüpfende Abstufungen vorgesehen werden, sofern sich
solche regionalen Unterscheidungen nach Anlass und Ausmaß der
Differenzierung vor dem Gleichheitssatz rechtfertigen lassen.
Welche Alimentation angemessen ist, bedarf allerdings der
Konkretisierung durch den Gesetzgeber und ist von den jeweiligen
Verhältnissen abhängig.
Es ist nicht zu beanstanden, dass es der Gesetzgeber unterlassen
hat, einen spezifischen Ausgleich für in Ballungsräumen erhöhte
Lebenshaltungskosten vorzusehen. Die in bestimmten Ballungsräumen
vergleichsweise hohen Preise spiegeln die dortige Lebensqualität
wider. Sie bringen unter anderem zum Ausdruck, dass ein Leben in
dem betreffenden Standort von einer Vielzahl von Menschen als
attraktiv bewertet wird. Zwar trifft es zu, dass Bezieher niedriger
und mittlerer Einkommen von Teilen dessen, was die Attraktivität
des Lebens an Orten mit hohem Preisniveau ausmacht, gerade aus
Kostengründen nicht oder nur eingeschränkt profitieren können. Auch
wenn berücksichtigt wird, dass etwa Teile des kulturellen Angebots,
gehobene Einkaufsmöglichkeiten und innerstädtische Wohnungen nur
von Personen mit höherem Einkommen intensiv oder überhaupt genutzt
werden können, ist die Einschätzung nicht offensichtlich verfehlt,
dass auch für Bezieher niedrigerer Einkommen den höheren
Lebenshaltungskosten Vorteile gegenüberstehen, die dagegen
sprechen, die geringere Kaufkraft des Beamtengehalts in diesen
Räumen ohne weiteres mit einem entsprechend geringeren
Lebensstandard gleichzusetzen. Als Beispiele seien nur die in
Ballungsräumen reichhaltigeren Bildungsangebote und medizinischen
Versorgungsmöglichkeiten, vielfältigere Freizeit- und
Unterhaltungsangebote auch in den niedrigeren Preissegmenten oder
ortsspezifische Vorteile wie die Nähe zu attraktiven
Erholungsgebieten genannt. Hinzu kommt, dass für die
Amtsangemessenheit der Besoldung eines Beamten nicht allein der
Vergleich zum Lebensstandard von Beamten in kostengünstigeren
Regionen ausschlaggebend ist. Die Amtsangemessenheit der
Alimentation des Beamten bestimmt sich auch durch ihr Verhältnis zu
den Einkommen, die für vergleichbare und auf der Grundlage
vergleichbarer Ausbildung erbrachte Tätigkeiten außerhalb des
öffentlichen Dienstes erzielt werden. Es ist indes nicht dargetan,
dass Beamte wie der Beschwerdeführer gegenüber vergleichbaren
Erwerbstätigen außerhalb des öffentlichen Dienstes in einem Umfang
benachteiligt würden, dass deshalb die Alimentation in München und
Umgebung nicht mehr als „standesgemäß„ angesehen werden könnte.
Es ist allerdings Aufgabe des Gesetzgebers, die tatsächliche
Entwicklung der Lebenshaltungskosten auf relevante Unterschiede
zwischen Stadt und Land zu beobachten, um möglichen Verstößen gegen
den Alimentationsgrundsatz angemessen begegnen zu können.
III. Eine Handlungspflicht des Gesetzgebers ergibt sich auch nicht aus
dem Leistungsgrundsatz. Da die Bezüge so zu bemessen sind, dass sie
dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung
seines jeweiligen Amtes entspricht, muss sich die Stufung der Ämter
auch in der Realität wieder finden. Dies besagt aber nicht, dass
die realen Lebensverhältnisse eines Beamten der Besoldungsgruppe A
13 in München mit denen eines Beamten der Besoldungsgruppe A 12
oder A 11 an einem anderen Ort zu vergleichen wären. Einem
Vergleich zugänglich sind insoweit allein die Beamten der
verschiedenen Besoldungsgruppen am selben Ort. Der Gesetzgeber geht
zulässigerweise davon aus, dass die Beamten den unterschiedlichen
Lebensverhältnissen in München und an Orten außerhalb dieses
Ballungsraums durch entsprechende Lebensgestaltung Rechnung tragen.
Pressemitteilung Nr. 25/2007 vom 6. März 2007
Zum Urteil vom 6. März 2007 – 2 BvR 556/04 –