Die Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Die 3. Kammer des Ersten Senats
des Bundesverfassungsgerichts hob die gerichtlichen Entscheidungen auf.
Die Annahme der Fachgerichte, dass die Handwerkskammer berechtigt sei,
bei dem Beschwerdeführer eine Betriebsbesichtigung durchzuführen, sei
mit dem Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 13 Abs. 1 GG
(Unverletzlichkeit der Wohnung) nicht zu vereinbaren.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Das Betreten der Räume diente nicht einem erlaubten Zweck. Zweck des in
§ 17 Abs. 2 HandwO geregelten Betretungsrechts ist die Prüfung der
Eintragungsvoraussetzungen in die Handwerksrolle. Um die Handwerksrolle
korrekt führen zu können, müssen die Handwerkskammern über Informationen
verfügen, die sie zur Prüfung befähigen, ob ein Betrieb einzutragen oder
zu löschen ist. Bei dem Beschwerdeführer liegen die persönlichen
Voraussetzungen für eine Eintragung in die Handwerksrolle erkennbar
nicht vor. In dieser Konstellation kann der Zweck der Ausübung des
Betretungs- und Besichtigungsrechts nicht in der Eintragung des
Beschwerdeführers in die Handwerksrolle bestehen. Es steht bereits
hinreichend sicher fest, dass es für die korrekte Führung der
Handwerksrolle keiner weiteren Informationen mehr bedarf, die durch eine
Betriebsbesichtigung zu erlangen wären.
Zweck des Betretungsrechts ist es dagegen nicht, dass sich die
Handwerkskammern auf diesem Weg Informationen über rechtswidrig tätige
Gewerbetreibende verschaffen können, um bei der zuständigen
Verwaltungsbehörde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren herbeizuführen.
Aufgabe der Handwerkskammern ist es, als Organisation der Selbstverwaltung die Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen und nicht
als staatliche Aufsichts- oder Verfolgungsbehörden tätig zu sein. Dies
wird durch den seit 2004 neu gefassten § 17 Abs. 1 Satz 2 HandwO
bestätigt; denn den Handwerkskammern wird nunmehr ausdrücklich
untersagt, die nach dieser Vorschrift gewonnenen Erkenntnisse, die für
die Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen nicht erforderlich sind, für
andere Zwecke, namentlich für die Verfolgung von Straftaten und
Ordnungswidrigkeiten zu verwerten. Die Beschränkung des Betretungsrechts
der Handwerkskammern auf den Zweck der korrekten Führung der
Handwerksrolle ist umso mehr angezeigt, als anderenfalls der Zutritt der
Handwerkskammern in die Nähe einer – gemäß Art. 13 Abs. 2 GG dem
Richtervorbehalt unterliegenden – Durchsuchung geriete.
Hingegen ist die gesetzliche Regelung in § 17 Abs. 2 HandwO selbst nicht
verfassungswidrig; denn sie ist einer verfassungskonformen Auslegung
zugänglich. Dem Wortlaut entsprechend darf die Prüfung der
Eintragungsvoraussetzungen bei einzutragenden Gewerbetreibenden nur
unter der Fragestellung erfolgen, ob ein Gewerbetreibender durch die
Handwerkskammer tatsächlich in die Handwerksrolle einzutragen ist. Steht
von vorneherein unzweifelhaft fest, dass dies nicht der Fall ist,
besteht kein Betretungsrecht.
Pressemitteilung Nr. 39/2007 vom 3. April 2007
Zum Beschluss vom 15. März 2007 – 1 BvR 2138/05 –