BVerfG: Heß- Kundgebung in Wunsiedel bleibt verboten

Eine vom Antragsteller für den 20. August 2005 in Wunsiedel angemeldete Versammlung unter dem
Thema „Gedenken an Rudolf Heß„ bleibt verboten. Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts
lehnte den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Eilrechtsschutz ab. Dieser
hatte sich bereits vor den Fachgerichten erfolglos gegen den Sofortvollzug des vom Landratsamt Wunsiedel
ausgesprochenen Versammlungsverbots, das sich auf die seit 1. April dieses Jahres geltende
Strafvorschrift des § 130 Abs. 4 StGB stützte, gewandt. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer
öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden
Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht
oder rechtfertigt.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Der Antrag auf Eilrechtsschutz hat keinen Erfolg.

1. Zwar wäre eine Verfassungsbeschwerde nicht von vorneherein unzulässig oder unbegründet. Der
Ausgangskonflikt und die dem versammlungsbehördlichen Verbot zu Grunde liegende Strafrechtsnorm
werfen eine Reihe schwieriger Rechtsfragen auf, die letztlich nur in einem Hauptsacheverfahren geklärt
werden könnten. Insbesondere wäre die umstrittene Verfassungsmäßigkeit des § 130 Abs. 4 StGB zu
prüfen und die Frage zu entscheiden, ob die einzelnen vom Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof
benannten Argumente, insbesondere die Annahme einer Störung des öffentlichen Friedens, das Verbot
einer Versammlung wie der für Wunsiedel geplanten rechtfertigen kann.

2. Die gebotene Folgenabwägung fällt aber zu Lasten des Antragstellers aus.1. Zwar wäre eine Verfassungsbeschwerde nicht von vorneherein unzulässig oder unbegründet. Der
Ausgangskonflikt und die dem versammlungsbehördlichen Verbot zu Grunde liegende Strafrechtsnorm
werfen eine Reihe schwieriger Rechtsfragen auf, die letztlich nur in einem Hauptsacheverfahren geklärt
werden könnten. Insbesondere wäre die umstrittene Verfassungsmäßigkeit des § 130 Abs. 4 StGB zu
prüfen und die Frage zu entscheiden, ob die einzelnen vom Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof
benannten Argumente, insbesondere die Annahme einer Störung des öffentlichen Friedens, das Verbot
einer Versammlung wie der für Wunsiedel geplanten rechtfertigen kann.Bei Ablehnung des beantragten Eilrechtsschutzes (und späterem Erfolg einer Verfassungsbeschwerde)
könnte der Antragsteller die geplante Versammlung nicht durchführen. Da es sich um eine in jährlichen
Abständen immer wieder am Todestag von Rudolf Heß geplante Veranstaltung handelt, ist der Nachteil
für den Antragsteller geringer, als wenn es um eine Demonstration aus einem besonderen aktuellen und
insofern unwiederbringlichen Anlass ginge. Könnte dagegen die Versammlung wie geplant stattfinden und
erwiese sich eine Verfassungsbeschwerde später als unbegründet, wäre die Versammlung unter Verstoß
gegen § 130 Abs. 4 StGB durchgeführt worden. Maßgebende Repräsentanten der politischen Parteien,
auf deren Initiative § 130 Abs. 4 StGB geschaffen worden ist, haben im Deutschen Bundestag mit Blick
auf die vom Antragsteller konkret geplante Veranstaltung zum Ausdruck gebracht, dass sie in ihr eine
Störung des öffentlichen Friedens erkennen, die sogar ein Eingreifen des Gesetzgebers durch Schaffung
einer neuen Strafrechtsnorm erforderlich mache. Dies indiziert, dass den von der Versammlung ausgehenden
Gefahren vom Deutschen Bundestag ein hohes Gewicht beigemessen wird. Das Bundesverfassungsgericht
legt diese Einschätzung des Gesetzgebers seiner Folgenabwägung zu Grunde mit dem Ergebnis,
dass die einstweilige Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile für den Antragsteller geboten
ist.

Beschluss vom 16. August 2005 – 1 BvQ 25/05 –
Karlsruhe, den 17. August 2005