BVerfG: Gebührenpflichtiges Verfahren zum Kirchenaustritt verfassungsgemäß

In Nordrhein-Westfalen ist der Kirchenaustritt mit Wirkung für den
staatlichen Bereich beim Amtsgericht zu erklären. Hierfür ist eine
Kirchenaustrittsgebühr von 30 Euro zu entrichten. Der Beschwerdeführer
sieht in dem formalisierten Kirchenaustrittsverfahren und dessen
Gebührenpflichtigkeit eine unzulässige Einschränkung seiner
grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit. Seine
Verfassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Die 3. Kammer des Ersten
Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest, dass die
angegriffenen Regelungen mit Art. 4 Abs. 1 GG (Glaubens- und
Bekenntnisfreiheit) vereinbar sind.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Das formalisierte Verfahren zur Erklärung des Austritts aus einer
Kirche oder aus einer sonstigen Religions- oder
Weltanschauungsgemeinschaft des öffentlichen Rechts und die Erhebung
einer Gebühr in Höhe von 30 Euro sind verfassungsrechtlich
gerechtfertigt. Das Verfahren dient dem legitimen Ziel, die geordnete
Verwaltung der Kirchensteuer sicherzustellen. Dies setzt voraus, dass
Austrittserklärung und Austrittszeitpunkt mit Wirkung für den
staatlichen Bereich zuverlässig erfasst werden. Eine formlose oder in
der Form vereinfachte Austrittserklärung wäre nicht in gleicher Weise
geeignet, die staatlichen Wirkungen der Kirchenmitgliedschaft
verlässlich zu beenden. Die Abgabe der Erklärung beim Amtsgericht oder
schriftlich in öffentlich beglaubigter Form stellt in erhöhtem Maße
sicher, dass Unklarheiten über die Authentizität, die Ernsthaftigkeit
und den genauen Zeitpunkt der Austrittserklärung vermieden werden.
Die Pflicht zur Absolvierung eines gebührenpflichtigen
Austrittsverfahrens ist dem Betroffenen auch zumutbar. Die von der
Durchführung des Verfahrens selbst ausgehende Belastung des
Betroffenen, insbesondere der Zeitaufwand und das Sicherklären in
Glaubensangelegenheiten gegenüber einer staatlichen Stelle, erweist
sich nicht als unangemessen. Auch ist die Erhebung einer Gebühr in Höhe
von 30 Euro verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie dient allein
der Kostendeckung. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes der
Landesregierung beträgt der Arbeitsaufwand für jeden Fall der
Bearbeitung eines Kirchenaustritts trotz des Einsatzes von
Informationstechnik mindestens 15 Minuten. Die Belastung eines
Austrittswilligen mit den Kosten für ein solches Verfahren ist
angesichts der widerstreitenden Belange der geordneten Verwaltung der
Kirchensteuer einerseits und der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit
andererseits dem Grunde nach zumutbar.

Pressemitteilung Nr. 79/2008 vom 30. Juli 2008

Beschluss vom 2. Juli 2008 – 1 BvR 3006/07 –