Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am 28. Oktober 2010
über eine Verfassungsbeschwerde verhandelt, die die Versagung
einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Anordnung der Abschiebung eines
Asylsuchenden nach Griechenland auf der Grundlage der Verordnung (EG)
Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003, der sogenannten
Dublin-II-Verordnung, betraf. Nach dieser Verordnung bestimmt sich,
welcher Mitgliedstaat innerhalb der Europäischen Union für die
Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist. Die Verordnung gibt den
Mitgliedstaaten die Möglichkeit, abweichend von den
Zuständigkeitsregelungen einen Asylantrag in das nationale Verfahren zu
übernehmen (sogenanntes Selbsteintrittsrecht). Von dieser Möglichkeit
hat nunmehr das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf Weisung des
Bundesministeriums des Innern zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch
gemacht und den Bescheid, mit dem es seine Abschiebung nach Griechenland
angeordnet hat, aufgehoben. Es wird darüber hinaus bis zum 12. Januar
2012 in allen Fällen, in denen eine Überstellung von
Drittstaatsangehörigen nach Griechenland in Betracht kommt, das
Selbsteintrittsrecht ausüben, die Betroffenen nicht nach Griechenland
überstellen und die Asylverfahren durchführen. Der Beschwerdeführer hat
das Verfahren für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom gestrigen Tage ist
das Verfahren eingestellt worden. Der Zweite Senat hat keinen Anlass
gesehen, das Verfahren zur Klärung lediglich abstrakter, gegenwärtig
nicht aktueller Fragen des nationalen Verfassungsrechts fortzuführen.
Bereits unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung hatte der Senat beim
Bundesministerium des Innern angeregt zu prüfen, ob von dem
Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht und damit das Verfahren erledigt
werden könnte. Da die mit der Überforderung des Asylsystems eines
Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundenen transnationalen
Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen
sind, und in Anbetracht der vom Bundesminister des Innern in der
mündlichen Verhandlung überzeugend dargestellten Anstrengungen, Defizite
des griechischen Asylsystems in naher Zukunft zu beheben, erschien dem
Senat eine Erledigung des Verfahrens ohne Urteil sachangemessen. Diese
Erwägungen haben nach wie vor Gewicht. Aufgrund der nunmehr ergangenen
Weisung des Bundesinnenministeriums, generell vom Selbsteintrittsrecht
bei Zuständigkeit Griechenlands nach der Dublin-II-Verordnung Gebrauch
zu machen, bedarf es einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
nicht mehr.
Pressemitteilung Nr. 6/2011 vom 26. Januar 2011
Beschluss vom 25. Januar 2011
2 BvR 2015/09