Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat eine
Verfassungsbeschwerde (Vb) gegen die Einführung der Grundschule mit
festen Öffnungszeiten in Sachsen-Anhalt nicht zur Entscheidung
angenommen. Die Beschwerdeführer (Bf) waren zuvor bereits beim
Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt gescheitert.
Das BVerfG stellt zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
fest, dass das Gesetz zur Einführung der Grundschule mit festen
Öffnungszeiten nicht gegen das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG
verstößt. Im Bereich der Schule steht dem elterlichen Erziehungsrecht
gleichgeordnet der Erziehungsauftrag des Staates gegenüber. Die
gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule ist in einem sinnvoll
aufeinanderbezogenen Zusammenwirken zu erfüllen. Der Staat muss dabei in
der Schule die Verantwortung der Eltern für den Gesamtplan der Erziehung
ihrer Kinder achten und für die Vielfalt der Anschauungen in
Erziehungsfragen so weit offen sein, wie es sich mit einem geordneten
staatlichen Schulsystem verträgt.
Der staatliche Spielraum ist durch die Einführung des vorliegenden
integrativen Modells der Grundschule mit festen Öffnungszeiten als
pädagogisches Konzept nicht überschritten. Der Umstand, dass
Grundschulkinder danach pro Schultag 75 Minuten länger in der Schule
anwesend sein müssen, führt nicht dazu, dass den Eltern nicht mehr
genügend Zeit verbleibt, um im Sinne ihrer Vorstellungen und Ziele
erzieherisch auf die Kinder einzuwirken. Es ist verfassungsrechtlich
auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Grundschule mit
festen Öffnungszeiten für alle Kinder verpflichtend eingeführt hat,
anstatt sie nur als Angebot auszugestalten. Damit hat der Staat auf der
Grundlage grundschulpädagogischer Erkenntnisse die bildungspolitische
Entscheidung getroffen, für alle Schüler in Sachsen-Anhalt ein als
kindgerecht und daher sinnvoll angesehenes Modell der Schulgestaltung
umzusetzen.
Beschluss vom 16. April 2002 – Az. 1 BvR 279/02 –
Karlsruhe, den 2. Mai 2002