BVerfG: Erfolglose Vb eines leitenden Klinikarztes gegen Nutzungsentgelt für ärztliche Nebentätigkeiten in den Universitätskliniken

Der Beschwerdeführer ist seit 1989 Universitätsprofessor im
Hochschuldienst des Landes Hessen. Er verfügt über die Nebentätigkeitsgenehmigung, Patienten gegen Vergütung persönlich zu
behandeln. Für die dabei erfolgende Inanspruchnahme des Klinikums und
seines Personals hat der Beschwerdeführer ein Nutzungsentgelt zu
entrichten. Nach dem „Erlass des Hessischen Ministeriums für
Wissenschaft und Kunst vom 30. Juni1994 über das Nutzungsentgelt bei
ärztlichen Nebentätigkeiten in den hessischen Universitätskliniken„ ist
für die Einnahmen aus stationärer Behandlung ein Satz von 20 v.H. der um
den Wahlarztabschlag nach § 6 a Abs. 1 GOÄ geminderten Bruttoeinnahmen
anzusetzen. Auf dieser Grundlage setzte das Hessische Ministerium für
Wissenschaft und Kunst die Höhe des vom Beschwerdeführer zu zahlenden
Nutzungsentgelts für das 2. Halbjahr 1996 auf 386.513, 33 DM fest. Die
hiergegen gerichtete Klage, mit der der Beschwerdeführer beantragte, den
festgesetzten Satz von 20 v.H. um 2/3 herabzusetzen, blieb vor den
Verwaltungsgerichten ohne Erfolg. Seine Verfassungsbeschwerde wurde von
der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur
Entscheidung angenommen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

1. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen nicht gegen Art. 33 Abs. 5
GG. Es gibt keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums mit
dem Inhalt, dass der Dienstherr dem Beamten Einkünfte aus
Nebentätigkeiten ungeschmälert belassen muss, wenn zu ihrer Erzielung
sich der Beamte der Sachausstattung oder des Personals des
Dienstherrn bedient.

2. Mit der Ausgestaltung des Nutzungsentgelts für ärztliche
Nebentätigkeiten in den Universitätskliniken hat der hessische
Beamtengesetz- und -verordnungsgeber den ihm von Verfassungs wegen
zukommenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Aufspaltung, nach der die Behandlung von Kassenpatienten dem Hauptamt
zugeordnet, die traditionell entstandene Versorgung der
Privatpatienten dagegen als Nebentätigkeit mit getrennter
honorarmäßiger Eigenliquidation behandelt wird, erweist sich in
beamtenrechtlicher Hinsicht daher als „atypisch„ und nur
eingeschränkt systemgerecht. Zwar profitiert jede Einrichtung von der
Reputation leitenden Personals, weswegen auch besondere Bedingungen
zur Gewinnung herausragender Persönlichkeiten gerechtfertigt sind.

Aber der leitende Arzt gewinnt seinerseits durch die Möglichkeit
„privater„ Einnahmen. Es kann daher nicht beanstandet werden, dass
der Beamte einen Ausgleich für die privatnützige Inanspruchnahme von
Personal und Material zu leisten hat. Dies gilt umso mehr, als dem
Beschwerdeführer ein weit über die bloße Kostenersparnis
hinausgehender Nutzungsvorteil verbleibt, der darin besteht, dass er
auf die hoch technisierte Infrastruktur der Universitätsklinik
zugreifen kann, die dem jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand
angepasst ist und von einem freiberuflich tätigen Arzt nicht
finanziert werden könnte. Insoweit ist auch das Berufsrisiko
minimiert, weil der leitende Krankenhausarzt weder die
Betriebsstruktur vorhalten noch die Unkosten für Praxisräume,
Personal und Einrichtung aufbringen muss. Das Nutzungsentgelt, das
der Beschwerdeführer zu entrichten hat, schmälert seine Einnahmen aus
der Privatliquidation nicht in einem Umfang, der über die sachlich
gerechtfertigte Abschöpfung der dem Beschwerdeführer zufließenden
Vorteile hinausginge. Mit dem sich aus den einschlägigen Regelungen
ergebenden Satz von 20 v.H. der Bruttoeinnahmen erreicht das
Nutzungsentgelt keine unangemessene, den dargelegten Zielsetzungen
widersprechende Höhe.

Pressemitteilung Nr. 124/2006 vom 28. Dezember 2006

Zum Beschluss vom 8. Dezember 2006 – 2 BvR 385/05 –