Die Pflegekassen zahlen im Rahmen der Pflegeversicherung an die
stationären Pflegeeinrichtungen eine Pflegevergütung, die die
allgemeinen Pflegeleistungen, die medizinische Behandlungspflege und
die soziale Betreuung abdeckt. Die Kosten für Unterkunft und
Verpflegung tragen die Pflegebedürftigen selbst. Darüber hinaus dürfen
die Heimträger die ihnen entstehenden betriebsnotwendigen
Investitionsaufwendungen, soweit sie durch öffentliche Förderung nicht
vollständig gedeckt sind, den Pflegebedürftigen anteilig gesondert in
Rechnung stellen und auf diesem Weg ihre Investitionsaufwendungen
refinanzieren. Bedürftige Heimbewohner, die ihren Anteil an Unterkunft,
Verpflegung und an den Investitionskosten nicht selbst aufbringen
können, erhalten zur Deckung bei Vorliegen der sonstigen
Voraussetzungen Sozialhilfe.
Das Land Brandenburg förderte für vollstationäre Einrichtungen bis zu
90% der Aufwendungen für notwendige Investitionsmaßnahmen. Im Gegenzug
verpflichtet das brandenburgische Landespflegegesetz die betroffenen
Heimträger, im Umfang der erhaltenen öffentlichen Förderungen freie
Pflegeheimplätze mit sozial bedürftigen Einwohnern Brandenburgs zu
belegen.
Die Verfassungsbeschwerde eines kirchlichen Trägers, der im Land
Brandenburg drei öffentlich geförderte Altenpflegeeinrichtungen
betreibt, gegen die gesetzliche Belegungspflicht wurde von der 2.
Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mangels
Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen.
Dem Nichtannahmebeschluss liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu
Grunde:
Das Eigentumsgrundrecht ist nicht verletzt. Die angegriffenen
Vorschriften des Landespflegegesetzes bestimmen in zulässiger Weise
Inhalt und Schranken des Eigentums. Durch die öffentliche Förderung der
Investitionen werden die Pflegesätze von den Investitionskosten
entlastet. Dies führt dazu, dass auch Pflegebedürftige mit geringem
Einkommen eher in der Lage sind, die Pflegesätze aus dem eigenen
Einkommen zu bestreiten. Die Investitionskostenförderung trägt somit
zur Vermeidung von Sozialhilfeabhängigkeit und zur Verminderung von
Sozialhilfekosten bei. Hieran knüpft das Landespflegegesetz an. Durch
das Belegungsrecht des Staates wird gewährleistet, dass öffentlich
geförderte Pflegeheimplätze vorrangig sozial schwachen Landesbürgern
zugute kommen. Demgegenüber kommt dem Eigentumsgrundrecht der
Beschwerdeführerin ein geringeres Gewicht zu, zumal ihre
Eigentumsposition angesichts der staatlichen Investitionsförderung nur
zu einem geringen Teil auf eigene Leistungen zurückgeht.
Eine Verletzung der Berufsfreiheit liegt nicht vor. Der Eingriff in die
Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin beruht – wie oben
dargelegt – auf vernünftigen Gemeinwohlerwägungen. Zudem ist zu
berücksichtigen, dass die Verdienstmöglichkeiten der Beschwerdeführerin
und ihre Wettbewerbschancen nicht gemindert werden, da ihr für die
bevorrechtigten Nutzer die gleichen Pflegesätze erstattet werden wie
für andere Nutzer. Auch ein Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit der
Beschwerdeführerin ist nicht erkennbar. Die Belegungspflicht trifft die
Beschwerdeführerin ebenso wie die mit ihr in Konkurrenz stehenden
Träger entsprechender öffentlich geförderter freier
Pflegeeinrichtungen.
Auch das kirchliche Selbstbestimmungsrecht ist nicht verletzt. Die
angegriffenen Vorschriften sind durch überragende Gründe des
Gemeinwohls gerechtfertigt. Zwar legitimiert allein der Umstand der
finanziellen Förderung keinen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht
der Kirchen. Die staatliche Rechtsordnung gilt jedoch da
uneingeschränkt, wo sich die karitative Einrichtung – wie im
vorliegenden Fall – ungeachtet ihrer besonderen Zwecksetzung wie ein
anderes Subjekt am Rechtsverkehr beteiligt. Bei der vorzunehmenden
Abwägung ist davon auszugehen, dass die Sicherung der Versorgung mit
für den Pflegebedürftigen finanziell tragbaren Pflegeeinrichtungen im
Interesse des Gesamtwohls von allgemeiner und hoher Bedeutung ist und
ein wichtiges Anliegen des Gesetzgebers darstellt. Zudem besteht ein
legitimes sozialstaatliches Regelungsinteresse, die Stellung des
Sozialleistungsempfängers rechtlich abzusichern oder zu stärken. Auf
der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass der Staat mit den
Fördermitteln erst die finanziellen Grundlagen dafür geschaffen hat,
dass die kirchlichen Träger von Pflegeeinrichtungen in den neuen
Ländern Fuß fassen und Altenpflegeeinrichtungen neu errichten konnten.
Die Beschwerdeführerin hat sich in Kenntnis der zu erwartenden Auflagen
für die Inanspruchnahme einer Förderung entschieden.
Pressemitteilung Nr. 109/2007 vom 13. November 2007
Beschluss vom 17. Oktober 2007 – 2 BvR 1095/05 –