Az.: 12 B 2984/00
Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
(…)
Streitgegenstand: Zwangsgeldandrohung und Zwangsgeldfestsetzung
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg – 12. Kammer – am 31. August 2000 beschlossen:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 10 000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes im Gewerbeuntersagungsverfahren.
Mit Bescheid vom 24. Februar 1999 untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller die Ausübung des Gewerbes “Fuhrunternehmen – Tiefbau und Verkauf von Mutterboden und Füllsand” und die Ausübung aller anderen Gewerbe wegen gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit. Sowohl der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wie auch die gegen die Untersagung gerichtete Klage blieben erfolglos (VG Oldenburg, Beschl. vom 14. Oktober 1999 – 12 B 3539/99 -; Urt. v. 9. Mai 2000 – 12 A 3537/99 -; OVG Lüneburg, Beschl. v. 26. Juni 2000 – 7 L 2344/00 -). Zum 1. April 2000 meldete der Antragsteller bei der Stadt …für eine Firma “B. … Limited” den “Abbau von Sandvorkommen und dessen Verwertung” im Rahmen einer Zweigniederlassung an.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2000 teilte der Antragsgegner dem Antragssteller mit, dass die von ihm angemeldete Firma in der Bundesrepublik Deutschland nicht als rechtsfähig anerkannt und darüber hinaus eine Eintragung im Handelsregister des Amtsgerichts Westerstede bislang nicht erfolgt sei, so dass die gewerblichen Tätigkeiten, die durch diese Firma ausgeübt würden, dem Antragsteller zuzuschreiben seien. Diese Tätigkeiten habe er einzustellen. Gleichzeitig drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 10 000,00 DM an. Mit der Begründung, dass der Antragsteller der Aufforderung, den Gewerbebetrieb einzustellen, nicht nachgekommen sei, setzte der Antragsgegner mit Bescheid vom 13. Juli 2000 das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 10 000,00 DM fest.
Gegen beide Bescheide legte der Antragsteller Widerspruch ein.
Am 10. August 2000 begehrte er gerichtlichen Rechtsschutz mit der Begründung, dass der Sandabbau nicht von ihm sondern der B. … Limited vorgenommen werde. Bei dieser Gesellschaft handele es sich nach neuerer Rechtsprechung um eine rechtsfähige Person. Selbst wenn diese Rechtsfähigkeit nicht anerkannt würde, nehme die B. Gesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Geschäfte wahr und müsse als Adressat etwaiger Bescheide in Anspruch genommen werden. Da der Antragsgegner die Eigenständigkeit dieser Gesellschaften nicht berücksichtige, sei die Anordnung der Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide geboten.
Der Antragsteller beantragt,
“1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 20.07.2000 gegen den Zwangsgeldandrohungsbescheid des Antragsgegners vom 28.06.2000 sowie des Widerspruches des Antragstellers vom 21.07.2000 gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbe-scheid des Antragsgegners vom 13.07.2000 und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage anzuordnen,
2. die Aussetzung der Vollziehung des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides vom 13.07.2000 anzuordnen.”
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er tritt den Ausführungen des Antragstellers im einzelnen entgegen und verweist darauf, dass die B. …Limited noch nicht als rechtsfähig anerkannt sei, da das Verfahren auf Eintragung in das Handelsregister nicht abgeschlossen sei. Im übrigen gehe es nicht um die Eintragung in ein Register sondern um die Untersagung der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten. Die Ausübung des Gewerbes sei dem Antragsteller rechtskräftig untersagt worden. Hiergegen richteten sich die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen nicht. Das EU-Recht dürfte nicht missbräuchlich in Anspruch genommen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners und der Gerichtsakte 12 A 3537/99; sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche des Antragstellers gegen die Zwangsgeldandrohung und Zwangsgeldfestsetzung gerichtet. Die Stattgabe dieses Begehrens hätte die Aussetzung der Vollziehung des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides zur Folge, so dass der zusätzlich gestellte Antrag des Antragstellers unter Nr. 2 ins Leere geht. Auch der Anordnungsantrag bleibt erfolglos.
Grundsätzlich haben gem. § 80 Abs. 1 VwGO Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Hat aber ein Rechtsmittel gegen einen Verwaltungsakt, wie hier die Zwangsgeldandrohung und Zwangsgeldfestsetzung, kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO iVm § 70 NVwVG iVm § 64 Abs. 4 Nds. GefAG), so kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anordnen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Voraussetzung für eine solche Anordnung und damit ein Obsiegen des Antragstellers ist, das sein Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung dasjenige des Antragsgegners am sofortigen Vollzug überwiegt. Erweist sich im Rahmen der Prüfung der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig, kann ein Interesse des Betroffenen an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung in der Regel nicht anerkannt werden. Die summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die angefochtenen Bescheid offensichtlich rechtmäßig sind und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen.
Die Androhung des Zwangsgeldes wie auch seine Festsetzung stützen sich auf § 70 NVwVG iVm §§ 64, 65, 67, 70 NGefAG, deren Voraussetzungen offensichtlich vorliegen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist er auch richtiger Adressat der angefochtenen Bescheide.
Adressat einer Gewerbeuntersagung wie auch der sich anschließenden Vollstreckung kann grundsätzlich nur der Gewerbetreibende selbst sein, also eine natürliche oder juristische Person. So ist bei einer juristischen Person nur diese selbst Gewerbetreibende, nicht deren Gesellschafter oder Geschäftsführer. Bei Personenmehrheiten ohne Rechtsfähigkeit sind dagegen die geschäftsführenden Gesellschafter und nicht die Personenmehrheiten selbst Gewerbetreibende. Hierzu führt der Antragsteller an, dass er nach diesen Grundsätzen nicht mehr als Gewerbetreibender anzusehen sei. Die Gewerbeuntersagungsverfügung habe sich gegen ihn persönlich als damaligen Gewerbetreibenden gerichtet. Er sei Inhaber einer Einzelfirma gewesen. Diese Firma betreibe er jetzt nicht mehr. Er sei auch nicht mehr Gesellschafter der B… GbR. Er sei lediglich Angestellter der neu gegründeten juristischen Person, der B… Limited. Die B… GbR habe die Gesellschaft mit allem Gesellschaftsvermögen und allen zugehörigen Rechten und Pflichten veräußert. Die Gesellschaft sei übernommen worden von der L… N. V. in Curacao. Die L… N. V. sei alleinige Gesellschafterin der unter dem 31. März 2000 errichteten B… Limited. Das vor einem englischen Notar durchgeführte Gründungsverfahren sei betrieben worden von der A… Corporation Limited, die im Auftrag der L… N. V. als zukünftige alleinige Gesellschafterin der zu errichtenden B… Limited deren Gründung betrieben habe. Er selbst sei lediglich Direktor dieser B… Limited, nach Funktion und Kompetenzen vergleichbar einem Geschäftsführer einer GmbH.
Entgegen seiner Auffassung bleibt der Antragsteller aber trotz der Gewerbeanmeldung der B… Limited selbständiger Betreiber der beanstandeten und nach wie vor durchgeführten gewerblichen Tätigkeiten und damit richtiger Adressat der Vollstreckungsakte. Sollte es sich bei der B… Limited um eine nach deutschem Recht nicht rechtsfähige Gesellschaft und damit um eine Personengesellschafthandeln, bleibt der Antragsteller als für diese Gesellschaft handelnder Geschäftführer verantwortlich. Dies schließt ein, dass es sich bei der Gesellschaft um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt. Denn auch diese Personenmehrheit ist nicht Gewerbetreibende – wie oben festgestellt -. Als Gewerbetreibender käme auch insoweit nur der Antragsteller in Betracht. Richtiger Adressat der angefochtenen Maßnahme ist der Antragsteller aber auch dann, wenn die B… Limited nach deutschem Recht rechts- und parteifähig ist.
Ob die Auffassung des Antragstellers, dass mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 9. März 1999 (Rs C-212/97 – GewArch 1999, 375) die im Deutschen Gesellschaftsrecht angewandte Sitztheorie gekippt ist, zutreffend ist, kann im Ergebnis dahinstehen. Der EuGH hat in der genannten Entscheidung entschieden, dass ein Mitgliedstaat die Eintragung der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft nicht verweigern darf, wenn diese Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat unter Ausnutzung der dort geltenden, günstigeren Vorschriften gegründet wurde, ohne dort eine Geschäftstätigkeit auszuüben. Den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats wurden in dieser Entscheidung aber Maßnahmen zur Verhinderung und Verfolgung von Betrügereien sowohl gegenüber der Gesellschaft selbst als auch gegenüber den Gesellschaftern zugestanden. Da sich diese Entscheidung des EuGH lediglich mit der Frage der Gründung einer Zweigniederlassung in einem EU-Mitgliedstaat befasst, ist die Frage, ob eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassene Gesellschaft vor einem deutschen Gericht rechts- bzw. parteifähig ist, nicht entschieden. Es ist durchaus denkbar, dass die Sitztheorie des deutschen internationalen Privatrechts weiterhin Anwendung findet und die Rechtsfähigkeit sich nach dem Recht am Ort des tatsächlichen Sitzes der Hauptverwaltung richtet. Demnach könnten Firmen, die zwar ihren offiziellen Sitz im Ausland haben, bei denen die tatsächlichen Firmeninhaber aber zur Umgehung bundesdeutscher Vorschriften die Firma im Ausland gegründet haben, weiterhin als nicht rechtsfähig angesehen werden, da ihnen die nach deutschem Recht erforderliche konstitutive Eintragung in das deutsche Handelsregister fehlt (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Vorlage des BGH an den EuGH vom 30. März 2000 – VII Z R 370/98 -, DB 2000, 1114 ff.).
Die Frage einer etwaigen Rechtsfähigkeit der B… Limited kann aber deshalb dahinstehen, weil auch bei einer angenommenen Rechtsfähigkeit der Gesellschaft nach den Gesamtumständen des Falles ein sog. Strohmannverhältnis vorliegt. In einem solchen Verhältnis ist der Hintermann, somit der Antragsteller, als der eigentliche Gewerbetreibende anzusehen und damit der richtige Adressat der Gewerbeuntersagung wie auch der sich anschließenden Vollstreckungmaßnahmen. Ein derartiges Strohmannverhältnis liegt vor, wenn ein Gewerbetreibender zur Verschleierung der faktisch-wirtschaftlichen Machtverhältnisse eine natürliche oder – wie hier angenommen – juristische Person vorschiebt, die ohne eigene unternehmerische Tätigkeit nur als Marionette des Gewerbetreibenden am Wirtschaftsleben teilnimmt und ihm damit im Schutze dieses Verhältnisses die ungestörte Ausübung eines untersagten Gewerbes ermöglicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 2. Februar 1982 – 1 C 3.81 -, BVerwGE 65, 12; – 1 C 20.78 -, GewArch 1982, S. 200; – 1 C 14.78 -, GewArch 1982, S. 299). Maßgebliches Indiz für die Annahme eines Strohmannverhältnisses ist der enge zeitliche und ursächliche Ablauf des Gewerbeuntersagungsverfahrens und die Gründung des Betriebes in England. Der Antragsgegner weist auch zu Recht darauf hin, dass die Namensgebung der englischen Firma B… Limited darauf hindeutet, dass der frühere und rechtskräftig untersagte Betrieb sowohl inhaltlich wie auch personell in der Verantwortung des Antragstellers ohne jede Änderung fortgesetzt werden soll. Es ist sowohl die gleiche Adresse für den Betriebssitz gewählt wie auch das gleiche Gewerbe erneut angemeldet worden. Der Antragsteller hat die Gewerbeanmeldung persönlich vorgenommen. Im tatsächlichen Geschäftsablauf des Betriebes, geprägt und nach außen vermittelt durch den Antragsteller, hat es kaum Änderungen gegeben. Die Gründung der Gesellschaft in England erfolgte demnach ausschließlich zu dem Zweck, den Vollzug der rechtskräftigen Gewerbeuntersagung zu umgehen. Der Antraggegner durfte danach den Antragsteller als den eigentlichen Gewerbetreibenden weiterhin in Anspruch nehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20, 13 GKG und bemisst sich nach der angedrohten und festgesetzten Höhe des Zwangsgeldes.
Rechtsmittelbelehrung:
…