VG Oldenburg: Entziehung der Fahrerlaubnis und einstweiliger Rechtsschutz

Beschluss des Verwaltungsgerichtes Oldenburg
7. Kammer – vom 19. Februar 2001 – 7 B 188/01 –

Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde wurde vom Nds. OVG durch Beschluss vom 15. März 2001 – 12 MA 1020/01 – abgelehnt. Az.: 7 B 188/01

Verwaltungsgericht Oldenburg

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

des Herrn H., Antragsteller, Proz.-Bev.: …

gegen

die Stadt …, Antragsgegnerin,

Streitgegenstand: Entziehung der Fahrerlaubnis

hat das Verwaltungsgericht Oldenburg – 7. Kammer – am 19. Februar 2001 beschlossen:

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 DM festgesetzt.

G r ü n d e :

1.

Der Antrag des Antragstellers, der die Fahrerlaubnis der Klasse 3 besitzt, war dahingehend auszulegen, dass er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Dezember 2000 enthaltene Entziehung der Fahrerlaubnis begehrt.

Dieser gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässige Antrag ist unbegründet.

Nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO hat ein Widerspruch grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde – wie hier – gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung der angefochtenen Verfügung im öffentlichen Interesse angeordnet hat. Dem Antragsteller ist allerdings zuzugeben, dass die Anordnung im angegriffenen Bescheid in materieller Hinsicht nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet wurde. Dies ergibt sich schon daraus, dass es in der Begründung heißt „Gerade von # geht eine nicht hinnehmbare Gefährdung ……“ ;. Es wurde offensichtlich ein Textbaustein, der der Antragsgegnerin zur Verfügung steht, nicht mit einem individuellen Text ergänzt. Die Begründung durch die Antragsgegnerin war jedoch in formeller Hinsicht noch ausreichend. Insbesondere erging sie schriftlich (s. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Ist die Begründung der Anordnung aber lediglich in materieller Hinsicht zu beanstanden, kann einem Antrag nur dann entsprochen werden, wenn einem Antragsteller ein schutzwürdiges Interesse zuzubilligen ist. Ein Antragsteller kann jedoch gegen eine offensichtlich rechtmäßige Verfügung, und um so eine handelt es sich hier (inzwischen), wie noch dargelegt wird, nicht mit Erfolg einwenden, es bestehe kein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse. Dieses hat zwar die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO zu prüfen, ohne dass dem aber insoweit ein eigenständiges subjektives Recht des Betroffenen korrespondiert (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 3. Juni 1993 – 12 M 2023/93 -, OVGE 44, 327; VG Oldenburg, Beschluss der 7. Kammer vom 16. Januar 1998 – 7 B 5245/97 -, V.n.b., st. Rspr.).

Aber selbst wenn man hinsichtlich der Beurteilung der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung anderer Auffassung wäre, würde sich kein anderes Ergebnis ergeben. Nach Auffassung der Kammer kann nämlich die nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderliche schriftliche Begründung in entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 VwVfG auch noch im gerichtlichen Eilverfahren nachgeholt werden. Dafür sprechen insbesondere prozessökonomische Überlegungen. Vermieden werden soll eine doppelte Inanspruchnahme der Verwaltungsgerichte in derselben Angelegenheit, mit der immer dann zu rechnen ist, wenn ein Antrag lediglich wegen eines Verstoßes gegen eine Form- oder Verfahrensvorschrift (teilweise) Erfolg hat. Den schriftsätzlichen Ausführungen muss allerdings hinreichend deutlich entnommen werden können, dass die fehlende Begründung nunmehr nachgeholt werden soll (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 20. November 1998 – 3 M 67/98 -, NVwZ-RR 1999, 409 <409>; a.A. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 12. Auflage 2000, § 80 Rdnr. 87 m.w.N.). Hiervon ausgehend wurde die Anordnung des Sofortvollzuges durch die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 31. Januar 2001 auch in materieller Hinsicht in ausreichendem Maße begründet (s. S. 2 des Schriftsatzes). Die Antragsgegnerin wird allerdings darauf hingewiesen, dass für sie gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO die Verpflichtung besteht, bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung im jeweiligen Bescheid in ausreichendem Maße (individuell) schriftlich zu begründen.

In materieller Hinsicht ist für den Erfolg eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO entscheidend, ob das private Interesse eines Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches höher als das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes zu bewerten ist. Bei dieser Interessenabwägung sind mit der im vorläufigen Verfahren gebotenen Zurückhaltung auch die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Bei einem offensichtlich Erfolg versprechenden Widerspruch überwiegt das Suspensivinteresse des Betroffenen jedes denkbare öffentliche Vollzugsinteresse.

Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache offensichtlich keinen Erfolg haben wird, insbesondere wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist. Bei der sofortigen Vollziehung eines offenbar zu Unrecht angefochtenen Verwaltungsaktes besteht nämlich regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse. Hat die Behörde die Fahrerlaubnis aller Voraussicht nach zu Recht entzogen, ist davon auszugehen, dass es jederzeit zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch den Antragsteller kommen kann. In dem hier zu überprüfenden Umfang ist der angegriffene Bescheid (inzwischen) offensichtlich rechtmäßig.

Nach summarischer Prüfung ist aller Voraussicht nach davon auszugehen, dass der Antragsteller gegenwärtig zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist und ihm deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes i.d.F. vom 28. April 1998 (BGBl. I, S. 810) – StVG – und § 46 Abs. 1 Satz 1 der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV -) – die Fahrerlaubnis zu entziehen ist. Nach § 46 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese insbesondere dann zu entziehen, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Dabei gelten die in der Anl. 4 vorgenommenen Bewertungen für den Regelfall (s. Vorbemerkung Nr. 3). Gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 hat die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes mit Ausnahme von Cannabis die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zur Folge.

Entsprechendes gilt für die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (s. Nr. 9.3 der Anlage 4). Ferner ist die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Nr. 9.5 nach Entgiftung und Entwöhnung erst nach einjähriger Abstinenz wieder anzunehmen. In diesem Zusammenhang können auch nach dem Inkrafttreten der Fahrerlaubnis-Verordnung weiterhin die Begutachtungs-Leitlinien des Gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr und beim Bundesministerium für Gesundheit – Gutachten Krankheit und Kraftverkehr -, 5. Auflage 1996, berücksichtigt werden, die vor Inkrafttreten der Fahrerlaubnis-Verordnung in ständiger Rechtsprechung als antizipiertes Sachverständigengutachten verwertet worden sind (vgl. z.B. VG Oldenburg, Beschluss vom 3. Juli 1997 – 7 B 1025/97 -, V.n.b.). Unter dem Abschnitt 9 „Drogen und Arzneimittel“ – Unterabschnitt 9.A „Sucht (Abhängigkeit) und Intoxikationszustände“ – heißt es unter anderem, seien die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen, so könnten sie aus gutachterlicher Sicht nur dann wieder als gegeben angesehen werden, wenn der Nachweis geführt werde, dass kein Konsum mehr bestehe. Bei Abhängigkeit sei in der Regel eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung zu fordern, die stationär oder im Rahmen anderer Einrichtungen für Suchtkranke erfolgen könne. Nach der Entgiftungs- und Entwöhnungszeit sei in der Regel eine einjährige Abstinenz durch ärztliche Untersuchungen nachzuweisen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, die besondere Rückfallgefahr bei der Abhängigkeit rechtfertige die Forderung nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen. Im allgemeinen werde man hierfür den Nachweis einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung verlangen müssen. Der Erfolg sei nicht schon bei Abschluss der Entwöhnungsbehandlung zu erkennen, sondern erst nach Ablauf des folgenden, besonders rezidivgefährdeten Jahres (Seite 29). Ferner beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 20. Februar 1987 – 7 C 87/84 -, BVerwGE 77, 40 <42 f.> = NJW 1987, S. 2246 m.w.N.) die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Kraftfahrers, und zwar nach der Maßgabe seiner Gefährlichkeit für den öffentlichen Straßenverkehr. In diesem Zusammenhang sind sämtliche im Einzelfall bedeutsamen Umstände heranzuziehen, die Aufschluss über die körperliche, geistige und charakterliche Eignung geben können.

Hiervon ausgehend ist die Entscheidung der Antragsgegnerin im Ergebnis aller Wahrscheinlichkeit nach gerechtfertigt. Dr. med. W., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, führte in seinem neurologisch-psychiatrischen Führerschein-Gutachten vom 31. August 2000 in der Zusammenfassung und Beurteilung aus, dem Antragsteller fehle jedes Unrechtsbewusstsein. Er sei an Kath gewöhnt. Dies werde in Afrika allgemein als Aufputschmittel genommen. Trotz Hinweises auf die Rechtslage und der damit verbundenen Folgen für ihn habe er jedoch nicht aufgehört, Kath zu nehmen. Auch in der Exploration „hier“ (die Untersuchung erfolgte am 3. Juli 2000) sei keine Einsicht oder Bereitschaft zu erkennen, sich den gegebenen gesetzlichen Verhältnissen anzupassen. Entsprechend hätten sie schon bei der ersten Laboruntersuchung, die zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung des Antragstellers, also für ihn voraussehbar, erfolgt sei, Norephedrin als Abbauprodukt des Kath und ferner Paracetamol nachweisen können. Medikamente wie Aufputschmittel oder Schnupfmittel, die auch zu einem Nachweis von Norpseudoephedrin oder Norephedrin führten, seien vom Antragsteller nicht angegeben worden, so dass man davon ausgehen könne, dass es sich hier eindeutig um das Abbauprodukt von Kath handele. Entsprechend den Bestimmungen könne also davon ausgegangen werden, dass hier eine dauerhafte Abhängigkeit und nicht nur ein gelegentlicher Gebrauch vorliege. Im Übrigen sei der Antragsteller den Auflagen der Antragsgegnerin zur Durchführung eines Drogenabstinenznachweises nicht nachgekommen, da er zum 2. Termin nicht erschienen sei. Somit sei aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse der Antragsteller ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er von Betäubungsmitteln abhängig sei bzw. regelmäßig Betäubungsmittel konsumiere.

Ferner sei nicht auszuschließen, dass er unter Betäubungsmitteleinwirkung Kraftfahrzeuge führe oder geführt habe, da keinerlei Unrechtsbewusstsein vorliege bzw. die Einsicht fehle, dass man Genuss von Drogen im weitesten Sinne und das Führen eines Kfz trennen müsse. Die Beurteilung des Facharztes ist für die Kammer nachvollziehbar, wobei sie allerdings davon ausgeht, dass der Antragsteller aller Voraussicht nach abhängig ist. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass der Antragsteller dem Amtsgericht M. mit Schreiben vom 26. April 1999 mitteilte, er kaue Kath bereits seit etwa 54 Jahren. Die Erklärung erfolgte in einem Verfahren wegen eines Vorfalls vom 20. November 1998. Damals lagen nach einer Strafanzeige des Polizeikommissariats H. vom 20. November 1998 auf dem Rücksitz eines Pkw in einer Plastiktüte 5 Bündel Kath. In den Jackentaschen des Antragstellers seien 6 Bündel dieser Pflanze gefunden worden. Die einzelnen Bündel seien mit Bananenblätter umwickelt gewesen. Die Kathpflanzen seien noch frisch und feucht gewesen. Während der Kontrolle habe der Antragsteller, der auf dem Beifahrersitz gesessen habe, einige Pflanzenteile im Mund gehabt und habe diese gekaut. Nach dem Bericht des Polizeikommissariats H. vom selben Tag erklärte der Fahrer sinngemäß, dass sie diese Pflanzen soeben aus den Niederlanden importiert hätten. Der Antragsteller hätte sie dort ausschließlich zum Eigenverbrauch erworben. Er selber würde diese Pflanze nicht konsumieren. Darüber hinaus wurde am 20. Januar 2000 festgestellt, dass der Antragsteller ca. 1,1 kg Kath in die Bundesrepublik Deutschland einführte (s. Bericht der Polizeiinspektion L. vom 25. Januar 2000). Der wiederholte Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz belegt, dass der Antragsteller trotz des aufgrund der Strafanzeige vom 20. November 1998 gegen ihn eingeleiteten Verfahrens offenbar aufgrund einer Abhängigkeit nicht in der Lage war, den Genuss von Kath in der Folgezeit zu unterlassen.

Zu einem anderen Ergebnis führt es nicht, dass der Antragsteller bei der Begutachtung durch den Facharzt zeitlich, örtlich und zur Person vollorientiert war, ordentlich gekleidet war, und sich depressive oder psychotische Elemente nicht finden ließen. Denn dies ändert nichts daran, dass große Mengen von Kath und besonders wirkungsstarkes Material Hyperaktivität und Aggressivität auslösen können und es gelegentlich zu manischem Verhalten und zu paranoiden Zuständen kommt (vgl. Brenneisen u.a., Schweiz. Med. Wschr. 1991, 1561 <1562>). Auch wenn Entsprechendes bei der Untersuchung des Antragstellers nicht festgestellt wurde, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass derartige gesundheitliche Beschwerden beim Antragsteller bei weiterem Genuss von Kath auftreten können. Im Übrigen kann der Genuss der Droge u.a. auch Herzrhythmusveränderungen und Blutdruckerhöhung auslösen (vgl. Brenneisen u.a., a.a.O. <1563>). Dass Kathgenuss allerdings nur ausnahmsweise gefährdende Akutwirkungen mit sich bringt (vgl. Brenneisen u.a., a.a.O. <1565>), berechtigt nach Auffassung der Kammer nach summarischer Prüfung jedenfalls angesichts des langjährigen Genusses von Kath durch den Antragsteller nicht dazu, entsprechend der Vorbemerkung zur Anlage 4 ausnahmsweise von seiner gegenwärtigen Eignung zum Führen Kraftfahrzeugen auszugehen, zumal ein nachvollziehbares negatives Gutachten vorliegt. So wird auch in der Literatur darauf hingewiesen, dass es häufiger zu psychischer Abhängigkeit vom Cathamin-Typ komme (laut WHO-Einteilung)(vgl. Stimpfl u.a., ÖAZ, 1995, 20 <23>).

Soweit der Antragsteller ausweislich des Gutachtens anlässlich der Untersuchung erklärte, jetzt nehme er kein Kath mehr, da er wisse, dass dies gegen die Gesetze seines Gastlandes verstoße, hält die Kammer diese Behauptung für unglaubhaft. Für ihre Einschätzung spricht schon das Ergebnis des Drogen-Screenings vom 4. Juli 2000. Rechtlich unerheblich ist es, dass nach dem Gutachten Cathinon nicht direkt nachweisbar war. Denn im Gutachten wird auch ausgeführt, dass Norephedrin zusammen mit Norpseudoephedrin und „Cathion“ als Wirkstoff im Genussmittel Kath enthalten sei. Außerdem teilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) der Antragsgegnerin unter dem 8. November 2000 mit, dass Pflanzen sowie Pflanzenteile von Kath in der Bundesrepublik Deutschland dem Betäubungsmittelrecht unterstellt seien. Der Inhaltsstoff von Kath „Cathinon“ ist in Teil B der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführt und abschließend heißt es dort „Pflanzen und Pflanzenteile, (…) in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand mit in dieser oder einer anderen Anlage aufgeführten Stoffen, wenn sie als Betäubungsmittel missbräuchlich verwendet werden sollen“ ;, wobei letzteres hier zu bejahen ist. Im Übrigen teilte der Antragsteller selbst im anwaltlichen Schreiben vom 20. Oktober 2000 sinngemäß mit, er nehme regelmäßig Kath zu sich.

In der Antragsschrift hat der Antragsteller zwar behauptet, er habe in der Vergangenheit immer mal wieder Kath zu sich genommen. Dies sei allerdings lediglich am Wochenende geschehen, ohne dass bei solchen Gelegenheiten ein Kfz geführt worden wäre. Seit etlichen Monaten nehme er unter dem Eindruck der behördlichen Maßnahmen Kath überhaupt nicht mehr zu sich. Diese Ausführungen zum Genuss von Kath hält die Kammer nach summarischer Prüfung angesichts des Vorbringens des Antragstellers in der Vergangenheit jedoch ebenfalls für unglaubhaft. Insbesondere kann die Zeitspanne zwischen dem genannten Schreiben vom 20. Oktober 2000 und der Antragsschrift vom 19. Januar 2001 nicht mit „seit etlichen Monaten“ beschrieben werden. Im Übrigen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. Februar 2001 vorgetragen, er bestreite, Kath „in übermäßigem Umfang“ zu genießen. Diese Äußerung spricht eher dafür, dass der Antragsteller Kath auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch einnimmt. Darüber hinaus ist dieses Vorbringen rechtlich unerheblich. Denn abgesehen von Nr. 9.4 und 9.5 der Anlage 4 führt gemäß Nr. 9.1 aller Voraussicht nach bereits die (aktuelle) Einnahme von Kath zur Ungeeignetheit. Ein anderes Ergebnis ergibt sich schließlich nicht aufgrund der vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. Februar 2001 vorgelegten Ausarbeitung, seines Vorbringens zum mäßigen Alkoholkonsum und seiner sinngemäß Behauptung, er habe bisher kein Fahrzeug in einem Zustand geführt, in dem er dazu ungeeignet gewesen wäre.

Ausgehend vom Gutachten des genannten Facharztes müsste der Antragsteller aller Voraussicht nach u.a. eine einjährige Abstinenz durch ärztliche Untersuchungen nachweisen. Diesen Nachweis hat er bisher jedoch nicht geführt. Es sind angesichts des vom Antragsteller eingeräumten langjährigen Konsums von Kath auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dieser Zeitraum reduziert werden könnte.

Abschließend wird die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass es ratsam erscheint, in Zukunft Entscheidungen, die die Entziehung der Fahrerlaubnis zum Gegenstand haben, näher als im angegriffenen, ursprünglich wohl in formeller Hinsicht rechtswidrigen Bescheid vom 13. Dezember 2000 geschehen zu begründen (s. § 39 Abs. 1 S. 2 VwVfG). So sollen die Betroffenen durch die Begründung in die Lage versetzt werden, sich über einen evtl. Rechtsbehelf gegen die Entscheidung schlüssig zu werden und ihn sachgemäß zu begründen.

Angesichts der Begründung im angegriffenen Bescheid erscheint dies jedoch kaum möglich. Im Wesentlichen heißt es dort lediglich, dass laut Mitteilung der PI Aurich vom 20.01.2000 das sichergestellte BTM ausschließlich dem Eigenkonsum gedient habe. Dies werde auch durch das Schreiben des den Antragsteller vertretenden Rechtsanwaltes vom 20.10.2000 bestätigt. So hätte es nahegelegen, zumindest das Gutachten des Facharztes zu erwähnen. Die Antragsgegnerin hat zwar nach Auffassung der Kammer eine ausreichende Begründung der Entziehung der Fahrerlaubnis mit Schriftsatz vom 31. Januar 2001 nachträglich vorgenommen (s. § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG), auch wenn der Hinweis auf die Anlage 4 erst im Schriftsatz vom 15. Februar 2001 erfolgte. Die Antragsgegnerin geht allerdings bei einem derartigen Verhalten bei der Abfassung von Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis unter Umständen das Risiko ein, gemäß § 80 Abs. 1 S. 2 VwVfG die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen. Abschließend brauchte diese Frage indes selbstverständlich in diesem Verfahren nicht geklärt zu werden (vgl. im Übrigen auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 7. Auflage 2000, § 80 Rdnr. 28, zur möglicherweise analogen Anwendbarkeit des § 80 Abs. 1 S. 2 VwVfG auf Fälle einer Unbeachtlichkeit des Mangels gemäß der hier grundsätzlich auch anwendbaren Vorschrift des § 46 VwVfG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es erschien trotz der vorgenannten Ausführungen nicht angemessen, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 155 Abs. 5 VwGO aufzuerlegen. Denn angesichts der Bedeutung der Fahrerlaubnis für den Antragsteller, der mit anwaltlichem Schreiben vom 14. April 2000 erklärte, ihm würde die Entziehung der Fahrerlaubnis schwerste Nachteile bringen, weil er Vater bzw. „Oberhaupt“ einer insgesamt 10köpfigen Familie mit z.T. noch jungen Kindern sei, war nicht anzunehmen, dass der Antragsteller bei bereits anfänglich ordnungsgemäßer Begründung der Entziehung der Fahrerlaubnis sowie der Anordnung des Sofortvollzuges diese Entscheidungen widerspruchslos akzeptiert hätte. Dafür spricht auch, dass er anderenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, nach Erhalt des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 31. Januar2001 eine verfahrensbeendende Erklärung abzugeben, was indes nicht geschah.

2.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 3, 25 Abs. 2 GKG. Der Antragsteller wandte sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse 3. Nach ständiger Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts, der sich die Kammer angeschlossen hat, ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG im Hauptsacheverfahren hierfür ein Streitwert von 8.000,- DM anzunehmen. Der für das Hauptsacheverfahren anzunehmende Streitwert ist in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren, so dass ein Streitwert von 4.000,- DM festzusetzen ist.