OVG Berlin: Prüfungsgebühren für Referendare

OVG Berlin, Urteil vom 16. April 2002 – OVG 4 B 14.99 (VG 12 A 1058.98)

Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin im Wege schriftlicher Entscheidung durch
(…) am 16. April 2002 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. Juni 1999 geändert. Der Bescheid des Präsidenten des Justizprüfungsamtes Berlin vom 16. Dezember 1997 wird hinsichtlich der Anforderung einer Prüfungsgebühr aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1 000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. September 1998 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung einer Gebühr für die Abnahme seiner zweiten juristischen Staatsprüfung.

Der Kläger wurde am 3. Juni 1996 in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen und unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Referendar ernannt. Der Präsident des Justizprüfungsamtes Berlin ließ ihn durch Bescheid vom 16. Dezember 1997 zur zweiten juristischen Staatsprüfung zu und lud ihn zur Anfertigung der Aufsichtsarbeiten. Zugleich forderte er eine Gebühr in Höhe von 1 000 DM für das Prüfungsverfahren an, die der Kläger am 9. Juni 1998 zahlte. Nachdem er am 10. Juni 1998 die zweite juristische Staatsprüfung bestanden hatte, erhob er mit Schreiben vom 31. August 1998 vorsorglich Widerspruch gegen die Gebührenerhebung. Auf Hinweis des Präsidenten des Justizprüfungsamtes, es bedürfe der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht, nahm der Kläger seinen Rechtsbehelf zurück.

Am 28. September 1998 hat der Kläger Klage gegen den „Gebührenbescheid„ sowie auf Rückzahlung der Gebühr erhoben, zu deren Begründung er geltend gemacht hat, die Gebührenerhebung auf landesrechtlicher Grundlage verstoße gegen die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und sei mit den durch Artikel 33 Abs. 5 GG geschützten Grundsätzen des Berufsbeamtentums unvereinbar.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil im Wege schriftlicher Entscheidung vom 16. Juni 1999 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei zulässig. Eines Widerspruchsverfahrens habe es nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO nicht bedurft, da das der Senatsverwaltung für Justiz angegliederte Justizprüfungsamt Teil einer obersten Landesbehörde sei und eine Nachprüfung auch nicht anderweitig vorgeschrieben werde. Die Erhebung von Prüfungsgebühren stelle weder eine berufsbezogene Prüfungsentscheidung im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 2 AZG dar noch handele es sich bei ihrer Anfechtung um ein beamtenrechtliches Begehren im Sinne des § 126 Abs. 3 Nr. 1 BRRG.

Die Klage sei jedoch unbegründet. Rechtsgrundlage der Gebührenanforderung sei § 1 der auf § 23 Abs. 2 JAG beruhenden Verordnung über die Erhebung von Gebühren in der zweiten juristischen Staatsprüfung (PrüfGebO). Sowohl die Ermächtigungsgrundlage als auch die Verordnung selbst seien mit höherrangigem Recht vereinbar. Mit Erlass des § 23 Abs. 2 JAG habe der Berliner Landesgesetzgeber die ihm zustehende Gesetzgebungskompetenz nicht überschritten. Die Verordnungsermächtigung sei dem landesrechtlich zu regelnden Prüfungsrecht zuzuordnen. Sie enthalte keine besoldungsrechtliche Regelung, lasse die Höhe der Anwärterbezüge vielmehr unangetastet. § 23 Abs. 2 JAG greife auch nicht in Wesen und Inhalt des abschließend geregelten Beamtenverhältnisses auf Widerruf im Vorbereitungsdienst ein. Selbst wenn aus dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit der Ausbildung auf Kostenfreiheit der Prüfung geschlossen werde, rechtfertigten die erheblichen Unterschiede zwischen Laufbahnprüfungen und der zweiten juristischen Staatsprüfung die Annahme, dass die Einführung einer Prüfungsgebühr diesen Grundsatz nicht verletze. Auch die PrüfGebO halte sich im Rahmen der dem Verordnungsgeber zustehenden Gestaltungsfreiheit. Bei der Prüfungsgebühr handele es sich um eine Verwaltungsgebühr. Darauf, in wessen überwiegendem Interesse die Amtshandlung liege, komme es nicht an, da sich die hierauf abstellende Regelung des § 2 Abs. 1 und 2 GebBeitrG an den Verordnungsgeber richte, hier aber die Entscheidung über die Gebührenpflicht vom Gesetzgeber getroffen worden sei. Die Erhebung von Prüfungsgebühren in Höhe von 1 000 DM stehe mit den Geboten des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Einklang, verletze weder das Kostendeckungsprinzip noch – mit Blick auf die gebührenfreie zweite Staatsprüfung für die Lehrämter – den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und sei mit dem Prinzip der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar. Auch die Übergangsregelungen in § 7 Abs. 1 und 2 PrüfGebO seien nicht zu beanstanden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers, zu deren Begründung er geltend macht: Die Erhebung der Prüfungsgebühr verstoße gegen Artikel 33 Abs. 5 GG. Für Leistungen des Dienstherrn, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erfüllung von Dienstpflichten stünden, dürften keine Gebühren erhoben werden. Soweit das Verwaltungsgericht allein auf das Prüfungsverhältnis abstelle, verkenne es, dass er sich während der zweiten Staatsprüfung auch in einem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis befunden habe. Die Gebührenerhebung müsse dem Doppelcharakter des Verhältnisses Rechnung tragen und sowohl prüfungs- als auch beamtenrechtlich zulässig sein. Sollte nur auf einen Rechtsbereich abzustellen sein, wäre die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Zuordnung zum Prüfungsrecht unzutreffend. Dieses regele allein das „Wie„ der Prüfung, während sich das „Ob„ aus dem Beamtenrecht ergebe. Da die Entrichtung der Gebühr Grundvoraussetzung für die Abnahme der Prüfung, insbesondere für die Aushändigung des Prüfungszeugnisses, sei, sei das „Ob„ der Prüfung, mithin eine beamtenrechtliche Frage betroffen. Der Umstand, dass es sich bei der zweiten juristischen Staatsprüfung nicht um eine Laufbahnprüfung, sondern um eine laufbahnvermittelnde Prüfung handele, rechtfertige hinsichtlich des Anspruchs auf unentgeltliche Ausbildung keine abweichende Bewertung, da in beiden Fällen Ausbildungsziel die Vorbereitung auf ein staatliches Amt sei.

Unabhängig hiervon sei es mit Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar, Prüfungsgebühren nur für die Abnahme der zweiten juristischen Staatsprüfung, nicht aber der zweiten Lehramtsprüfung zu erheben. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, Lehrer würden für eine Verwendung im staatlichen Schuldienst vorbereitet, rechtfertige die Differenzierung nicht. Die zweite Lehramtsprüfung stehe einer Laufbahnprüfung schon deswegen nicht näher, weil sie in der Praxis nicht Station auf dem beamtenrechtlichen Berufsweg sei. Sämtliche Einstellungen in den Schuldienst erfolgten im Angestelltenverhältnis, während immerhin ein Teil der Absolventen der zweiten juristischen Staatsprüfung als Beamte eingestellt werde. Der Gedanke der Nachwuchsgewinnung sei nicht nur bei Lehrern, sondern auch in der juristischen Ausbildung maßgebend. Auch Erstere bereite zugleich auf Tätigkeiten außerhalb des Staatsdienstes vor.

Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Änderung des angefochtenen Urteils den Bescheid des Präsidenten des Justizprüfungsamtes Berlin vom 16. Dezember 1997 hinsichtlich der Anforderung einer Prüfungsgebühr aufzuheben, sowie, den Beklagten zu verurteilen, ihm 1 000 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und tritt der Berufung entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Streitakte dieses Verfahrens und auf die den Kläger betreffende Prüfungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Über die Berufung kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 in Verbindung mit § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben.

A. I. Der gegen die Gebührenerhebung gerichtete Klageantrag ist zulässig.

Rechtsschutz ist insoweit im Wege der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) zu gewähren, da die im Bescheid des Präsidenten des Justizprüfungsamtes Berlin vom 16. Dezember 1997 enthaltene Gebührenanforderung die Merkmale eines Verwaltungsakts (§ 35 Satz 1 VwVfG) erfüllt.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass das bei Anfechtungsklagen gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren nicht durchgeführt worden ist. Dabei kann offen bleiben, ob eine Ausnahme von dem Erfordernis einer solchen Nachprüfung nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO in Betracht kommt. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, wäre die Klage zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2000, 172 [173] m.w.N.), der sich der Senat anschließt, ist aus Gründen der Prozessökonomie ein Vorverfahren entbehrlich, wenn sich der auch für die Widerspruchsentscheidung zuständige Beklagte auf die Klage einlässt und deren Abweisung beantragt. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Der Beklagte hat sich in seinen Schriftsätzen nicht auf das Fehlen eines Widerspruchsverfahrens berufen (hält vielmehr ein solches selbst nicht für erforderlich) und sich zur Sache eingelassen. Unter diesen Umständen bedeutete die Abweisung der Klage wegen fehlenden Vorverfahrens einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Formalismus (vgl. BVerwG, a.a.O.).

II. Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Die Gebührenanforderung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Als Rechtsgrundlage der Prüfungsgebühr kommt allein § 1 der Verordnung über die Erhebung von Gebühren in der zweiten juristischen Staatsprüfung (PrüfGebO) vom 19. April 1997 (GVBl. S. 285) in Betracht. Danach erhebt der Präsident des Justizprüfungsamtes in der zweiten juristischen Staatsprüfung für die Abnahme der Prüfung und im Widerspruchsverfahren gegen Prüfungsentscheidungen Gebühren, deren Höhe sich nach §§ 2 bis 7 PrüfGebO richtet. Für die Abnahme der zweiten juristischen Staatsprüfung betrug die Gebühr gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 PrüfGebO (in der damaligen Fassung) regelmäßig 1 000 DM. Diese Regelungen beruhen, soweit – wie hier – Beamte auf Widerruf zur Zahlung herangezogen werden, nicht auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage und sind daher nichtig. Die als Ermächtigung zum Erlass der PrüfGebO herangezogene Regelung des § 23 Abs. 2 des Gesetzes über die juristische Ausbildung (JAG) in der hier maßgeblichen Fassung vom 4. November 1993 (GVBl. S. 554), damals zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. März 1997 (GVBl. S. 69), ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass sie sich nicht auf Beamte auf Widerruf (im juristischen Vorbereitungsdienst) erstreckt.

1. § 23 Abs. 2 JAG, der diesem Gesetz durch Artikel II § 4 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. c des Gesetzes zur Beseitigung des strukturellen Ungleichgewichts des Haushalts (HStrG 96) vom 15. April 1996 (GVBl. S. 126) angefügt wurde, ist im vorbezeichneten Umfang mit höherrangigem (Bundes-) Recht (vgl. Art. 31 GG) nicht vereinbar. Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 JAG wird die Senatsverwaltung für Justiz ermächtigt, Rechtsvorschriften zur Erhebung von Gebühren für das Prüfungs- und Widerspruchsverfahren zu erlassen. Die Gebühren sind mit Beginn des Verfahrens fällig; im Übrigen gelten die Vorschriften des Gesetzes über Gebühren und Beiträge in der jeweiligen Fassung entsprechend (§ 23 Abs. 2 Satz 2 und 3 JAG). Mit diesen Regelungen hat der Berliner Landesgesetzgeber zwar nicht die Grenzen seiner Gesetzgebungskompetenz überschritten. § 23 Abs. 2 JAG steht jedoch, soweit auch Beamte auf Widerruf erfasst werden, mit der bundesrechtlichen Ausgestaltung dieses Rechtsverhältnisses nicht im Einklang.

a) Die Einführung von Prüfungsgebühren in den juristischen Staatsprüfungen fällt allerdings als Regelung des Prüfungsverfahrens in den Kompetenzbereich der Länder.

Das Gebührenrecht stellt verfassungsrechtlich keine eigenständige Sachmaterie dar, sondern ist Bestandteil desjenigen Bereichs, in dem die Verwaltungsbehörden öffentliche Aufgaben wahrnehmen, für die eine Kostendeckung durch Gebühren in Betracht kommt. Die Gesetzgebungskompetenz folgt als Annex dem jeweiligen Sachrecht (vgl. BVerwGE 95, 188 [192 f.]), hier dem Recht der juristischen Staatsprüfungen.

Der getroffenen Gebührenregelung stehen Kompetenzen des Bundesgesetzgebers nicht entgegen.

Das Recht der juristischen Staatsprüfungen ist nicht Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes nach Artikel 73 GG. Ob eine Gesetzgebungskompetenz in diesem Zusammenhang aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Gerichtsverfassung) oder aus Artikel 98 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 GG abzuleiten ist (vgl. dazu Schmidt-Räntsch, DRiG, 5. Aufl. 1995, vor § 5 Rdnr. 3 ff. m.w.N.), kann offen bleiben, da die vom Bund im Deutschen Richtergesetz getroffenen Regelungen in beiden Fällen die landesrechtliche Einführung einer Gebührenpflicht nicht hindern. Die §§ 5 ff. DRiG regeln den Erwerb der Befähigung zum Richteramt, befassen sich aber nicht mit dem Aspekt der Gebührenerhebung. Sollte es sich um Rahmenrecht handeln, könnten diese Vorschriften den Landesgesetzgeber hier nicht binden. Im Falle konkurrierender Gesetzgebung bliebe gemäß Artikel 72 Abs. 1 GG Raum für entsprechende Regelungen des Landes, weil der Bund von seiner Zuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hätte.

Kompetenzen des Bundes im Beamten- und Besoldungsrecht (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GG i.V.m. dem Beamtenrechtsrahmengesetz, Art. 74 a GG) sind nicht berührt, auch wenn sich die Gebührenpflicht u.a. auf Beamte auf Widerruf im juristischen Vorbereitungsdienst erstreckt. Für die kompetenzrechtliche Zuordnung ist entscheidend, ob die Regelung gegenständlich in den in Anspruch genommenen Kompetenzbereich fällt, nicht aber, ob die Kompetenz für eine inhaltlich rechtmäßige oder rechtswidrige Regelung in Anspruch genommen wird (BVerfGE 88, 203 [313]; Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 9. Auflage 1999, Art. 70 Rdnr. 29). Die Ermächtigung des § 23 Abs. 2 JAG hat formell weder Beamten- noch Besoldungsrecht zum Gegenstand. Insbesondere lässt sie die gemäß §§ 59 ff. BBesG gewährten Anwärterbezüge unangetastet. Die Frage, ob die Norm der Sache nach mit Dienstrecht vereinbar ist, stellt sich hier nicht.

b) § 23 Abs. 2 JAG steht indessen inhaltlich mit höherrangigem Recht nicht in Einklang, soweit Beamte auf Widerruf herangezogen werden. Die Erhebung von Prüfungsgebühren ist insoweit mit Wesen und Inhalt des gesetzlich abschließend geregelten Beamtenverhältnisses auf Widerruf im Vorbereitungsdienst nicht vereinbar. Sie widerspricht dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit der Ausbildung.

aa) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst einen Anspruch auf unentgeltliche Ausbildung im Vorbereitungsdienst haben (BVerwGE 52, 183 [188 f.]; 91, 200 [204]; ebenso OVG Münster, RiA 1974, 127 [128] und DÖD 1974, 257; vgl. auch Becker, RiA 1978, 61 [63 f.]; Krebs, VerwArch 70 [1979], 81 [87 f.]; Stelzer, PersV 1976, 169 [175 ff.]).

Grundlage hierfür ist die bundesrechtliche Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf im Vorbereitungsdienst. Den – vom Berliner Landesgesetzgeber umgesetzten – Vorgaben des BRRG ist zu entnehmen, dass dieses Beamtenverhältnis ausschließlich der Ausbildung der Beamtenanwärter und dem Erlangen ihrer Befähigung für die Beamtenlaufbahn dient (vgl. BVerwG, ZBR 1977, 126 [127]; BVerwGE 52, 183 [188]). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a BRRG (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a LBG) kann ein Beamtenverhältnis auf Widerruf begründet werden, wenn der Beamte – als Voraussetzung für die Übernahme in ein anderes Beamtenverhältnis – einen Vorbereitungsdienst abzuleisten hat. Dessen Inhalt und Dauer orientieren sich gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 BRRG an den Erfordernissen der Laufbahn. Im Grundsatz schließt der Vorbereitungsdienst mit einer Prüfung ab (§ 14 Abs. 1 Satz 3 BRRG). Aus dieser Zielrichtung folgt, dass der Dienstherr verpflichtet ist, dem Anwärter während des Vorbereitungsdienstes im Rahmen des Widerrufsbeamtenverhältnisses die entsprechende Ausbildung zu vermitteln, und der Anwärter seinerseits die Pflicht hat, sich dieser Ausbildung ernsthaft zu widmen (vgl. BVerwGE 52, 183 [188]).

Dem inhaltlich begrenzten Zweck des Beamtenverhältnisses entsprechen die Beendigungsgründe. Nach § 22 Abs. 3 BRRG kann der Landesgesetzgeber bestimmen, dass das Beamtenverhältnis eines Beamten auf Widerruf, der die für seine Laufbahn vorgeschriebene Prüfung ablegt, mit der Ablegung der Prüfung (kraft Gesetzes) endet. Dementsprechend sieht § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG die Beendigung des Beamtenverhältnisses u.a. mit Bestehen oder endgültigem Nichtbestehen der Prüfung vor. Die Befugnis, einen Beamten auf Widerruf jederzeit zu entlassen, ist durch § 23 Abs. 4 Satz 2 BRRG (§ 68 Abs. 2 Satz 1 LBG) dahin eingeschränkt, dass dem Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Gelegenheit gegeben werden soll, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und die Prüfung abzulegen.

Die sich aus diesem Beamtenverhältnis ergebenden finanziellen Rechte und Pflichten sind vom Bundesgesetzgeber unmittelbar abschließend geregelt worden. Nach § 59 Abs. 1 BBesG erhalten Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Anwärterbezüge, die gemäß § 60 Satz 1 BBesG grundsätzlich bis zum Ende des laufenden Monats nach Ablegung der Prüfung weitergewährt werden. Die Höhe des Anwärtergrundbetrages bemisst sich nach § 61 BBesG in Verbindung mit der Anlage VIII zum Bundesbesoldungsgesetz. Da sich Anwärter nicht auf das Alimentationsprinzip berufen können (BVerfGE 33, 44 [50]; NVwZ 1993, 467 [Kammer]) und sie auch während ihrer Ausbildung für den Dienstherrn nur eine beschränkte Dienstleistung erbringen, sind diese Bezüge nicht auf Vollalimentation ausgelegt, sondern stellen lediglich eine Hilfe zum Bestreiten des Lebensunterhalts während der Ausbildungszeit dar (BVerfG, NVwZ 1993, 467 [Kammer]). Mit der Festsetzung bestimmter Beträge hat der Bundesgesetzgeber indessen seine Vorstellung über die Angemessenheit der Anwärterbezüge verbindlich zum Ausdruck gebracht. Eine abweichende Gestaltung ist weder dem Landesgesetzgeber (vgl. Art. 74 a Abs. 1, 72 Abs. 1 GG sowie § 1 Abs. 4 i.V.m. §§ 59 ff. BBesG) noch durch Vereinbarung der Beteiligten (vgl. § 2 BBesG) möglich. Ebenso wenig kann der Beamte ganz oder teilweise auf die ihm gesetzlich zustehende Besoldung verzichten (§ 2 Abs. 3 BBesG).

Diese Vorschriften lassen grundsätzlich keinen Raum, landesgesetzlich dem Beamten Kosten seiner Ausbildung aufzuerlegen. Eine Erstattung allgemeiner Ausbildungskosten kommt nur in den gesetzlich festgelegten Ausnahmefällen (zur Rückforderung von Bezügen vgl. § 59 Abs. 5 BBesG und § 63 Abs. 2 BBesG i.V.m. §§ 3, 4 AnwSZV) in Betracht, die einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich sind (BVerwGE 91, 200 [201 f.]). In den vom Gesetzgeber nicht angesprochenen Fällen ist der Dienstherr gehindert, Ausbildungskosten zurückzufordern oder diese im Gebührenwege geltend zu machen. Insoweit muss es bei der bundesgesetzlich grundsätzlich festgelegten finanziellen Lastenverteilung zwischen Dienstherrn und Beamten (vgl. BVerwGE 91, 200 [201 f.]) bleiben. Eine andere landesrechtlich begründete Praxis hätte zur Folge, dass der Anwärter einen Teil der ihm vom Dienstherrn für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung gestellten Mittel wieder dessen Haushalt zuführen müsste und die Anwärterbezüge dadurch entwertet würden. Im Ergebnis käme eine Zahlungspflicht des Anwärters für allgemeine Ausbildungskosten einem mit § 2 Abs. 3 BBesG unvereinbaren aufgezwungenen Besoldungsverzicht (vgl. BVerwGE 52, 183 [190 f.]; zum aufgezwungenen Verzicht auch BVerwGE 82, 196 [203]; 110, 363 [368]) bzw. einer Kürzung der Anwärterbezüge gleich, für die dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehlte.

bb) Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit der Ausbildung schließt die Kostenfreiheit der Prüfung ein (vgl. Stelzer, a.a.O. S. 176 f.). Die Ausbildung als solche ist nicht Selbstzweck, sondern dient der Vorbereitung auf die sie abschließende Prüfung. Ziel des Vorbereitungsdienstes ist der Erwerb der Laufbahnbefähigung. Dementsprechend knüpfen die Regelungen über die Beendigung des Beamtenverhältnisses kraft Gesetzes nicht an den Abschluss der Ausbildung, sondern an Bestehen oder endgültiges Nichtbestehen der Prüfung an (§ 23 Abs. 4 Satz 2 BRRG, § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG, vgl. auch § 15 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 JAG). – Gegenteiliges ergibt sich nicht aus einer etwaigen bereichsspezifischen Unterscheidung zwischen allgemeinen Ausbildungskosten und Prüfungsgebühren, welche das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 52, 183 [186]) in Abgrenzung zu früherer Rechtsprechung (ZBR 1974, 267) vorgenommen hat; denn dieser Argumentation lag eine abweichende Fallgestaltung zu Grunde. Bei den dort erörterten Prüfungsgebühren handelte es sich um vom Dienstherrn freiwillig (ohne entsprechende Verpflichtung) getragene Aufwendungen für einen nicht von ihm, sondern an einer Gemeindeverwaltungsschule durchgeführten Lehrgang, nicht aber um Kostenerstattung für eine im Rahmen der Ausbildungsverpflichtung selbst abgenommene Laufbahnprüfung. Im Übrigen sieht das Bundesverwaltungsgericht die vorbezeichnete ältere Entscheidung insoweit als durch die neuere Rechtsprechung überholt an (BVerwGE 91, 200 [205]).

cc) Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit der Ausbildung beansprucht auch für den im Beamtenverhältnis auf Widerruf geleisteten juristischen Vorbereitungsdienst Geltung. Dieser ist ebenso wie andere Vorbereitungsdienste vom Ausbildungszweck (vgl. BVerfGE 33, 44 [50]; BVerwG, ZBR 1974, 256 [257]; BVerwGE 69, 24 [26 ff.]; 90, 147 [153]; Schmitt, BayVBl 1974, 205 [207 ff.]) geprägt. Der Umstand, dass es sich bei der zweiten juristischen Staatsprüfung in der Terminologie des Laufbahnrechts nicht um eine Laufbahnprüfung, sondern um eine die Befähigung für die Laufbahn vermittelnde zweite Prüfung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG, § 10 Abs. 1 Nr. 3 LfbG) handelt, die nicht ausschließlich auf den Eintritt in den öffentlichen Dienst vorbereitet, rechtfertigt (entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts) keine Differenzierung. Für die Anwendung jenes Grundsatzes kommt es nicht auf das konkrete Ziel der Ausbildung an, sondern auf deren rechtliche Ausgestaltung als Beamtenverhältnis auf Widerruf.

Allerdings unterscheidet sich die zweite juristische Staatsprüfung von den Laufbahnprüfungen des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes im Maß ihrer Ausrichtung auf den öffentlichen Dienst. Sonstige Laufbahnprüfungen bereiten regelmäßig ausschließlich auf den Eintritt in ein Beamtenverhältnis oder das Aufsteigen in einem solchen vor. Sie sind jedenfalls prinzipiell „Stationen„ auf dem im öffentlichen Dienst schon angetretenen Berufsweg (vgl. BVerwGE 30, 172 [174 f.]), auch wenn sich im Zeitpunkt der Ausbildung noch nicht übersehen lässt, ob der Anwärter später wirklich Berufsbeamter werden und seine Arbeitskraft dauernd seinem Amt widmen wird (vgl. BVerwGE 52, 183 [188]). – Demgegenüber dient die zweite juristische Staatsprüfung nicht nur dazu, Nachwuchs für den öffentlichen Dienst bereitzustellen. Sie vermittelt auch die Qualifikation für gesetzlich geregelte Berufe außerhalb des Staatsdienstes wie den des Rechtsanwalts (§ 4 BRAO) und des Notars (§ 5 BNotO) und gehört für andere juristische Tätigkeiten etwa in der freien Wirtschaft zur „abgeschlossenen Berufsausbildung„ (vgl. BVerfGE 39, 334 [372 f.]). Hiermit übereinstimmend orientiert sich der juristische Vorbereitungsdienst nicht ausschließlich am Bild des Richters, Staatsanwalts oder Verwaltungsjuristen. Ausbildung und Prüfung sind vielmehr auf die juristische Berufsausübung insgesamt ausgerichtet (vgl. §§ 9, 13 JAG). Nach § 11 Abs. 1 JAG, §§ 20, 21 JAO findet eine Pflichtstation bei einem Rechtsanwalt statt und können weitere Stationen (Pflichtstation nach Wahl, Wahlstation) außerhalb des öffentlichen Dienstes abgeleistet werden. In der Praxis wird die zweite juristische Staatsprüfung wegen der eingeschränkten Anstellungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst heute sogar in den meisten Fällen (vgl. Schmid-Stein, BayVBl 2000, 12 [14]: etwa 85 %) für eine Berufsausübung außerhalb eines Beamten- oder Richterverhältnisses benötigt.

Diese Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses wirken sich indessen auf die vom Land Berlin in § 8 Abs. 6 Satz 1 JAG bestimmte Rechtsform der Ausbildung nicht aus. Entscheidet sich der Staat für einen Vorbereitungsdienst innerhalb des Beamtenverhältnisses, gelten für den Referendar alle sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten. Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses könnten allein dazu führen, künftig von einer Übernahme in das Beamtenverhältnis abzusehen (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 BRRG; siehe auch BVerfGE 39, 334 [372]; Lecheler, ZBR 2000, 325 ff.).

Der Relevanz des Grundsatzes der Unentgeltlichkeit der Ausbildung steht ebenso wenig entgegen, dass es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Klagen gegen Prüfungsentscheidungen in der zweiten juristischen Staatsprüfung nicht um „Klagen aus dem Beamtenverhältnis„ handelt (zu § 127 BRRG: BVerwG, DÖV 1961, 790 sowie BVerwGE 30, 172 [174] und 38, 105 [106]; zu § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO: BVerwGE 40, 205 [207 f.]). Diese Entscheidungen beruhen auf der Erwägung, dass die Prüfungsentscheidung nicht vom Dienstherrn, sondern vom Prüfungsamt erlassen wird (BVerwG, DÖV 1961, 790), die zweite juristische Staatsprüfung nicht in gleicher Weise wie die Laufbahnprüfungen des mittleren und des gehobenen Dienstes in das Beamtenverhältnis eingebettet ist und nicht ausschließlich den Eintritt in ein Beamten- oder Richterverhältnis oder das Aufsteigen in einem solchen vorbereitet (BVerwGE 38, 105 [106]). Sie sind in einem anderen (prozessrechtlichen) Regelungszusammenhang ergangen und stellen auf hier nicht relevante Aspekte ab (vgl. auch VGH Mannheim, NVwZ-RR 1999, 746 [747]).

Die (auch vom Verwaltungsgericht vorgenommene) Differenzierung zwischen dem zur Prüfungsbehörde (hier: dem Justizprüfungsamt) bestehenden Rechtsverhältnis und dem Ausbildungsverhältnis zur Dienstbehörde (dem Präsidenten des Kammergerichts, § 10 JAG) ist bezüglich des Grundsatzes der Unentgeltlichkeit der Ausbildung unergiebig. Das Beamtenverhältnis auf Widerruf der Rechtsreferendare weicht insoweit nicht von anderen Beamtenverhältnissen dieser Art ab. Der Umstand, dass Ausbildungs- und Prüfungsbehörde nicht identisch sind, stellt keine Besonderheit des juristischen Vorbereitungsdienstes dar, sondern findet sich jedenfalls im Prinzip ebenso bei (reinen) Laufbahnprüfungen für eine Beamtenlaufbahn. Die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen für die Laufbahnen des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes differenzieren wie das JAG zwischen Ausbildung und Prüfung und sehen regelmäßig eine Trennung zwischen Dienst- bzw. Ausbildungsbehörde einerseits und einem die Laufbahnprüfung abnehmenden verselbstständigten Prüfungsausschuss andererseits vor, der entweder bei der jeweiligen Dienstbehörde bzw. der obersten Dienstbehörde oder zusammengefasst für alle Ausbildungsbehörden eingerichtet ist. So werden in den Laufbahnen des nichttechnischen Dienstes der allgemeinen Verwaltung und des gehobenen Polizeivollzugsdienstes die Laufbahnprüfungen von bei der Senatsverwaltung für Inneres gebildeten unabhängigen Prüfungsausschüssen abgenommen (vgl. § 24 APOgD, § 18 APOmD, § 11 APOhD, § 12 APOgDPol). Vergleichbare Regelungen sind in anderen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen enthalten.

Auch hinsichtlich des Umfangs der Verknüpfung des Prüfungsrechtsverhältnisses mit dem Beamtenverhältnis bestehen keine relevanten Unterschiede. Übereinstimmend mit sonstigen Laufbahnprüfungen ist die zweite juristische Staatsprüfung nicht nur beamtenrechtlich überlagert, sondern in das Beamtenverhältnis eingebettet (vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 1999, 746 [747]) und kann nicht losgelöst von diesem beurteilt werden. Der nach § 8 Abs. 6 Satz 1 JAG grundsätzlich im Beamtenverhältnis auf Widerruf zu absolvierende juristische Vorbereitungsdienst wird erst mit der zweiten juristischen Staatsprüfung abgeschlossen (§ 5 Abs. 1 DRiG). Dementsprechend verlängert sich gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 JAG der Vorbereitungsdienst nach Beendigung der Ausbildung bis zum Tag der bestandenen mündlichen Prüfung. Das Beamtenverhältnis endet in der Regel erst mit Bestehen der Prüfung oder bei Nichtbestehen der Wiederholungsprüfung (§ 15 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 JAG) mit der Folge, dass auch während des Prüfungsverfahrens Anwärterbezüge gewährt werden. Die Möglichkeit der Entlassung (vgl. dazu § 12 JAG) ist durch Beamtenrecht (§ 68 Abs. 2 Satz 1 LBG) dahin eingeschränkt, dass dem Beamten Gelegenheit gegeben werden soll, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und auch die Prüfung abzulegen. Die in der zweiten juristischen Staatsprüfung zu erbringenden Leistungen beziehen sich nach Maßgabe des § 5 d Abs. 3 Satz 1 DRiG auf die vorangegangene, im Beamtenverhältnis absolvierte Ausbildung (vgl. auch §§ 9 und 13 JAG). Die Teilnahme an der Prüfung gehört – wie auch sonst – zu den beamtenrechtlichen Dienstpflichten des Referendars; ihre Verletzung kann neben prüfungsrechtlichen Konsequenzen auch Folgen für das Beamtenverhältnis nach sich ziehen (vgl. VGH Mannheim, a.a.O.; VG Karlsruhe, DVBl. 1999, 796 [797 f.]). Soweit das Bundesverwaltungsgericht abgrenzend darauf abgestellt hat, dass ungünstige Ergebnisse bei Laufbahnprüfungen anders als bei der zweiten juristischen Staatsprüfung nicht das Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis bewirken (BVerwGE 30, 172 [174 f.]), sind diese Ausführungen durch die Rechtsentwicklung überholt. Das Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst endet nunmehr auch bei reinen Laufbahnprüfungen gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 BBG, § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG generell kraft Gesetzes u.a. mit Bestehen oder endgültigem Nichtbestehen der Prüfung, so dass der juristische Vorbereitungsdienst insoweit keine Besonderheiten aufweist.

Darauf, inwieweit die zweite juristische Staatsprüfung auf den Eintritt in den öffentlichen Dienst vorbereitet, kommt es hier nicht an. Laufbahnrechtlich ist sie – wie dargelegt – einer Laufbahnprüfung gleichgestellt. Wie diese vermittelt sie eine Eingangsvoraussetzung für den öffentlichen Dienst. Ob der Anwärter nach Erlangen der Befähigung Berufsbeamter bzw. -richter wird, ist im Zeitpunkt der Ausbildung wie auch sonst (vgl. BVerwGE 52, 183 [188]) regelmäßig noch nicht absehbar.

dd) Hiervon ausgehend ist die durch § 23 Abs. 2 Satz 1 JAG ermöglichte Erhebung von Prüfungsgebühren bei Beamten auf Widerruf mit dem bundesrechtlichen Grundsatz der Unentgeltlichkeit der Ausbildung nicht zu vereinbaren, weil sie die bundesgesetzlich festgeschriebene finanzielle Lastenverteilung zwischen Dienstherrn und Beamten durchbricht. Sie knüpft an Amtshandlungen, die sich zwangsläufig aus dem zu Grunde liegenden Beamtenverhältnis ergeben (zum Sachzusammenhang vgl. VGH Mannheim, a.a.O.) mit der Folge, dass die Teilnahme an der Prüfung, zu der der Referendar dienstrechtlich verpflichtet ist, einer Gebührenpflicht unterworfen wird. Diese bewirkt, dass der Beamte bei Fälligwerden der Gebühr (mit Beginn des Prüfungsverfahrens, § 23 Abs. 2 Satz 2 JAG) einen Teil der vom Dienstherrn gezahlten Besoldung wieder dem Landeshaushalt zuführen muss (vgl. Uerpmann, Jura 1997, 297 [298]), obwohl die Höhe der als Hilfe zum Bestreiten des Lebensunterhalts konzipierten Anwärterbezüge bundesgesetzlich festgelegt ist und diese – wie die Regelung des § 60 BBesG bestätigt – nicht nur für die Ausbildungs-, sondern auch für die Prüfungszeit gewährt werden. Die in § 2 Abs. 1 Satz 1 PrüfGebO vorgesehene regelmäßige Gebührenhöhe von 1 000 DM für die Abnahme der zweiten juristischen Staatsprüfung bestätigt rückblickend, dass § 23 Abs. 2 Satz 1 JAG zu einem substantiellen Eingriff in die Anwärterbezüge ermächtigt, der die Größenordnung von 50 v.H. des Anwärtergrundbetrages erreicht oder sogar übersteigt und im Fälligkeitsmonat dessen Zweckbestimmung in Frage stellt. – Anhaltspunkte dafür, dass Referendare stets oder auch nur regelmäßig über Rücklagen verfügen oder anderweitige Einkünfte erzielen, aus denen sie die Prüfungsgebühren bestreiten könnten, bestehen nicht. Auch der Verordnungsgeber hat ausweislich der (nicht veröffentlichten, in das Verfahren eingeführten) Begründung der PrüfGebO (unter a 1.) auf die Anwärterbezüge abgestellt, wenn dort ausgeführt ist, dass es einem Referendar wirtschaftlich möglich und zumutbar sei, von seinen Bezügen (bei einem 26-jährigen unverheirateten Referendar knapp 2 000 DM netto) monatlich 50,00 DM anzusparen, um bei Fälligkeit die Gebühr in Höhe von 1 000 DM entrichten zu können. Diese rechnerische Verteilung der Prüfungsgebühr auf die Gesamtdauer des Vorbereitungsdienstes vermag an dem Eingriff in die Rechte aus dem Beamtenverhältnis nichts zu ändern.

Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass die vorstehenden Erwägungen 1970 zum Fortfall der bis dahin erhobenen Prüfungsgebühren in beiden juristischen Staatsprüfungen (vgl. §§ 22 und 25 Buchst. d des Gesetzes über die juristische Ausbildung vom 29. April 1966 [GVBl. S. 735]) geführt hatten. Zur Aufhebung dieser Normen durch § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes vom 24. November 1970 (GVBl. S. 1934) ist in den Gesetzgebungsmaterialien (Abg.-Drs. V/1283 S. 3) neben gebührenrechtlichen, sozialen und (den in der Abg.-Drs. 13/201 S. 19 [zu § 23 Abs. 2 JAG] allein erwähnten) bildungspolitischen Gründen ausgeführt, durch die Gesetzesänderung werde die unterschiedliche Behandlung gegenüber den Laufbahnbewerbern des mittleren und gehobenen Dienstes, die wie Referendare in der Regel den Vorbereitungsdienst als Beamte auf Widerruf leisteten, im Unterschied zu diesen jedoch keine Prüfungsgebühren zu entrichten hätten, beseitigt. Der Einwand, Referendare würden im Gegensatz zu Laufbahnbewerbern auch für Berufe außerhalb des öffentlichen Dienstes ausgebildet, wurde gerade im Hinblick auf das staatliche Monopol der Juristenausbildung als nicht durchgreifend erachtet. Zur Rechtfertigung des Fortfalls der Prüfungsgebühren wurde schließlich die Überlegung angeführt, dass es wenig sinnvoll erscheine, den Referendaren einerseits Unterhaltszuschüsse (heute: Anwärterbezüge) zu gewähren, sie aber auf der anderen Seite zu zwingen, einen Teil dieser Zuschüsse als Prüfungsgebühren an den Staat zurückzuzahlen.

c) § 23 Abs. 2 JAG ist bundesrechtskonform (Art. 31 GG) dahin auszulegen, dass von Beamten auf Widerruf im juristischen Vorbereitungsdienst Gebühren nicht erhoben werden dürfen.

Der Verstoß gegen Bundesrecht führt nicht zur Verfassungswidrigkeit und Nichtigkeit der Norm. Der Senat ist nicht verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 2 JAG einzuholen. Vielmehr ist eine verfassungskonforme Auslegung der Regelung möglich und geboten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (u.a. BVerfGE 48, 40 [45]; 49, 148 [157]; 69, 1 [55]; 86, 288 [320]) ist eine Norm nur dann nichtig, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Interpretation möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlä- gigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen jedenfalls eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist eine Auslegung geboten, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht (BVerfGE 49, 148 [157]; 69, 1 [55]; 95, 64 [93]; vgl. auch BVerwGE 110, 363 [368 ff.]). Dabei ist das Höchstmaß dessen aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat (BVerfGE 49, 148 [157]; 101, 312 [330]). Grenzen werden der verfassungs- konformen Auslegung nur durch den Wortlaut und den Gesetzeszweck gezogen. Ein Normverständnis, das mit dem Wortlaut nicht in Einklang zu bringen ist, kann auf diese Weise ebenso wenig gewonnen werden wie ein solches, das in Widerspruch zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, seiner prinzipiellen Zielsetzung treten würde (BVerfGE 86, 288 [320]; 95, 64 [93]; 98, 17 [45]; 101, 312 [329]).

§ 23 Abs. 2 Satz 1 JAG lässt nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen mehrere Deutungen zu. Wird die Norm – wie vom Verordnungsgeber – dahin verstanden, dass auch von Beamten auf Widerruf Prüfungsgebühren erhoben werden können, führt dies zu einem verfassungswidrigen Ergebnis, während sie bei restriktivem, diesen Personenkreis ausschließendem Verständnis mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

Wortlaut und Normzweck stehen dieser Interpretation nicht entgegen. § 23 Abs. 2 Satz 1 JAG ermächtigt zum Erlass von Rechtsvorschriften „zur Erhebung von Gebühren für das Prüfungs- und Widerspruchsverfahren„. Diese Formulierung lässt offen, hinsichtlich welcher Prüfungen und von wem Gebühren erhoben werden; sie zwingt nicht zu der Annahme, dass von der Norm Beamte auf Widerruf erfasst werden müssten. Auch der Sinnzusammenhang gebietet ein solches Verständnis der Norm nicht. Die Regelung wird bei restriktiver Auslegung keineswegs sinnlos; es verbleiben vielmehr relevante Anwendungsfälle: § 23 Abs. 2 Satz 1 JAG ermöglicht uneingeschränkt die Heranziehung zu Gebühren in der ersten juristischen Staatsprüfung. Hinsichtlich der zweiten Prüfung kommt eine Gebührenerhebung dann in Betracht, wenn der juristische Vorbereitungsdienst (im Einzelfall oder – wie in anderen Bundesländern – generell) nicht im Beamtenverhältnis auf Widerruf abgeleistet wird.

Dass der Gesetzgeber, wie sich aus den Gesetzgebungsmaterialien (Abg.-Drs. 13/201, S. 16 und 19) ergibt, zur Entlastung des Haushalts eine weitergehende, der Sache nach beide juristische Staatsprüfungen voll erfassende Regelung treffen wollte, spricht nicht gegen deren Einschränkung. Im Interesse der Normerhaltung, das im Zweifel eine verfassungskonforme Auslegung verlangt, kann es nicht darauf ankommen, ob dem subjektiven Willen des Gesetzgebers eine weitergehende als die nach der Verfassung zulässige Auslegung des Gesetzes eher entsprochen hätte (BVerfGE 49, 148 [157]; 69, 1 [55]). Von Bedeutung ist lediglich, dass diese dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht zuwiderläuft (BVerfGE 69, 1 [55]). Die bei verfassungskonformer Auslegung des § 23 Abs. 2 Satz 1 JAG verbleibenden Anwendungsfälle der Norm sind indessen in vollem Umfang vom Willen des Gesetzgebers gedeckt.

2. § 1 PrüfGebO ist nichtig, soweit er die Gebührenerhebung von Beamten auf Widerruf vorsieht. Lässt § 23 Abs. 2 JAG den Erlass einer Gebührenordnung für diesen Personenkreis nicht zu, fehlt es für § 1 PrüfGebO insoweit an der gemäß Art. 64 Abs. 1 VvB erforderlichen Ermächtigung.

B. I. Das mit der Anfechtungsklage gegen die Gebührenanforderung verbundene Leistungsbegehren auf Rückzahlung der Prüfungsgebühr ist zulässig.

Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann gleichzeitig mit der Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ausgesprochen werden, dass und wie dessen Vollziehung rückgängig gemacht wird. Der Verwaltungsakt ist in diesem Sinne „vollzogen„, da der Kläger die festgesetzte Gebühr bezahlt hat (vgl. BVerwGE 108, 364 [368]; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Auflage 2000, § 113 Rdnr. 92 m.w.N.).

Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag ist jedenfalls mit Blick auf den vom Kläger zugleich geltend gemachten Prozesszinsenanspruch, der vom Erfolg der Leistungsklage abhängt (vgl. BVerwGE 108, 364 [369] m.w.N.), zu bejahen.

II. Das Leistungsbegehren ist ebenfalls begründet.

Der Anspruch auf Rückzahlung der Prüfungsgebühr ergibt sich aus § 20 Satz 1 des Gesetzes über Gebühren und Beiträge, der gemäß § 23 Abs. 2 Satz 3 JAG hier entsprechend anwendbar ist. Danach sind überzahlte oder zu Unrecht erhobene Beträge zu erstatten. Mit der Aufhebung der Gebührenanforderung ist der Rechtsgrund für den Verbleib des vom Kläger gezahlten Betrages beim Beklagten entfallen.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB a.F. in Verbindung mit Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die aufgeworfenen beamten- und besoldungsrechtlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung hat.