Beschluß vom 15. Juni 1992 – 11 TH 3483/90 (Vorinstanz VG Frankfurt am Main: IV/1 H 2410/90)
Beschluß
In dem Verwaltungsstreitverfahren (…) wegen Vollzugs des Bildschirmtext-Staatsvertrags hat der 11. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (…) am 15. Juni 1992 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Oktober 1990 die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 18. September 1990 – IV 41 – 04/23 – 9/89 – bezüglich der Untersagung des Btx-Angebots “Partnersuche via Bildschirmtext” wiederhergestellt und bezüglich der in Ziffer 3 des Bescheidtenors angedrohten Vollstreckungsmaßnahme angeordnet.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits hat der Antragsgegner zu tragen.
Auf die Streitwertbeschwerde der Antragstellerin wird der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren unter entsprechender Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht auf 3.000,- DM festgesetzt. Der Streitwert für das Beschwerde verfahren wird ebenfalls auf 3.000,- DM festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I. Die Antragstellerin ist Anbieterin eines Bildschirmtextdienstes im Sinne des Staatsvertrags über Bildschirmtext-Bildschirmtext-Staatsvertrag – vom 24. Juni 1983, der in Hessen mit dem Gesetz zum Staatsvertrag über den Bildschirmtext vom 24. Juni 1983 (GABl. I S. 91) mit Gesetzeskraft veröffentlicht worden ist. Das von der Antragstellerin unter der Bezeichnung “Partnersuche via Bildschirmtext” angebotene Programm bietet unter anderem die Möglichkeit, durch Eingabe bestimmter Zahlenkombinationen Mitglied einer “Geschlossenen Benutzergruppe” (GBG) zu werden und damit in ein entgeltliches Dauerschuldverhältnis zur Antragstellerin zu treten. Der Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung wurde dem Bildschirmtext-Nutzer von der Antragstellerin bisher durch die Bildschirmanzeige des folgenden Textes angeboten:
“GBG ist die Abkürzung für Geschlossene Benutzergruppe und bedeutet, daß die in der GBG veröffentlichten Programme nur von privilegierten Btx-Anschlüssen aus gelesen werden können. In der GBG kostet der Abruf DM 0,12/Seite zzgl. weiterer Gebühren für Einrichtung und Zugang. Wollen Sie unser Programm öfter nutzen, verschaffen wir Ihnen die Möglichkeit, es auf der Grundlage unserer GBG-Teilnahmebedingungen in der GBG lesen zu können. Wählen Sie hierzu das Steuerzeichen bei GBG-Antrag. Sie erhalten eine von Ihnen auszufüllende GBG-Antragsseite auf Ihrem Bildschirm angezeigt, die Sie mit 19 an uns absenden müssen…
Sie können sich die derzeit gültigen GBG-Teilnahmebedingungen, kostenlos abrufbar auf den Btx-Seiten …, schriftlich zusenden lassen.”
Die von der Antragstellerin angebotenen Daten sind in mehrere Rubriken eingeteilt (“Sie sucht Ihn”; “Er sucht Sie”; “Er sucht Ihn”; “Grüne Witwen” usw.). Für die Einrichtung des Zugangs zur Geschlossenen Benutzergruppe verlangt die Antragstellerin pro Rubrik 74,10 DM, für den Zugang zu den Daten innerhalb der Geschlossenen Benutzergruppe pro Jahr und Rubrik 164,16 DM, für das Lesen einzelner Seiten in der Regel zusätzlich 9,99 DM.
Mit Bescheid vom 18. September 1990 untersagte das Regierungspräsidium Darmstadt der Antragstellerin unter Bezugnahme auf Art. 12 Abs. 3 des Bildschirmtext-Staatsvertrags i.V.m. dem Gesetz zum Staatsvertrag über Bildschirmtext vom 24. Juni 1983, die auf bestimmten Btx-Seiten angebotene “Partnersuche via Bildschirmtext” in der Form weiter anzubieten, daß Teilnehmer, die dieses Angebot als Mitglieder einer Geschlossenen Benutzergruppe (GBG) nutzen wollen, vor dem Aufruf oder der Absendung der BGB-Antrags seite nicht unmißverständlich auf die von der Antragstellerin hierfür verlangten Entgelte hingewiesen würden. Gleichzeitig ordnete das Regierungspräsidium Darmstadt die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an, drohte der Antragstellerin für den Fall, daß sie ihr Bildschirmtext-Angebot nach Ablauf von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids noch in der beanstandeten Form anbieten sollte, gemäß Art. 12 Abs. 4 Bildschirmtext-Staatsvertrag die Sperrung der betreffenden Angebo tsseiten mittels der Deutschen Bundespost an und veranschlagte die Kosten dieser Vollstreckungsmaßnahme vorläufig auf 1.000,– DM. Zur Begründung vertrat das Regierungspräsidium die Auffassung, die Antragstellerin verstoße gegen Art. 4 Sätze 2 und 3 Bildschirmtext-Staatsvertrag, weil sie die Teilnehmer vor dem Abruf entgeltlicher Angebote nicht unmißverständlich auf die Höhe des Entgelts hinweise. Im Interesse des Verbraucherschutzes müsse die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung angeordnet wer den. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 18. September 1990 Bezug genommen. Über den gegen diese Verfügung am 21. September 1990 eingelegten Widerspruch der Antragstellerin ist noch nicht entschieden.
Am 20. September 1990 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zur Begründung die Auffassung vertreten, die Art. 4 bis 8 des Bildschirmtext-Staatsvertrags gälten gemäß Art. 3 dieses Staatsvertrags nicht für ihr Bildschirmtext-Angebot, soweit es sich an solche Teilnehmer richte, die als Mitglieder der “Geschlossenen Benutzergruppe” in vertragliche Beziehungen zur Antragstellerin getreten seien. Insoweit seien gemäß Art. 3 Abs. 1 des Bildschirmtext-Staatsvertrags die besonderen Vorschriften dieses Staatsvertrags über die Hinweispflicht in bezug auf entgeltliche Leistungen nicht anwendbar. Vielmehr unterlägen die zum Vertragsgegenstand werdenden GBG-Teilnahmebedingungen der Antragstell erin allein der Inhaltskontrolle durch die Zivilgerichte.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20. September 1990 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18. September 1990 wiederherzustellen und die Anordnung des Sofortvollzugs aufzuheben.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluß vom 29. Oktober 1990 den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Bildschirmtext-Staatsvertrag finde auf das von der Antragstellerin angebotene Programm keine Anwendung, da dieses den dort genannten individuellen Diensten nicht vergleichbar sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluß vom 29. Oktober 1990 Bezug genommen.
Gegen diesen ihr am 14. November 1990 zugestellten Beschluß hat die Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 23. November 1990 Beschwerde eingelegt, mit der sie unter Vertiefung ihres Vorbringens ihr Begehren weiterverfolgt.
Die Antragstellerin hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen des Antragsgegners ihr ursprüngliches Programm aus dem Btx-Rechner entfernt und verwendet jetzt ein anderes Programm, das dem Teilnehmer nach dem Impressum auf einer besonderen Seite einen sogenannten Menübaum mit mehreren Wahlmöglichkeiten zeigt. Wählt der Teilnehmer mit der Ziffer 6 das Menü “Kontaktmarkt”, gelangt er ohne besondere Preisangaben zu den weiteren Seiten des Programms “Partnersuche via Bildschirmtext”. Wählt er mit der Ziffer 8 das Menü “Preislisten”, wird ihm auf einer weiteren Seite eine “Preisliste für Btx-Dienstleistungen” angezeigt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das von der Antragstellerin vorgelegte Ablaufdiagramm (Bl. 79 GA ) Bezug genommen.
Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen und vertritt die Ansicht, Gegenstand der rechtlichen Nachprüfung sei das von der Antragstellerin angebotene Programm in der ursprünglichen; mit dem angegriffenen Bescheid untersagten Form. Er hat nach Bekanntwerden der Programmänderung die Hauptsache für erledigt erklärt und um Entscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO gebeten.
Die Antragstellerin widerspricht der Erledigungserklärung unter Hinweis darauf, daß sie nur im Hinblick auf drohende Vollstreckungsmaßnahmen die Änderung vorgenommen habe und nach wie vor beabsichtige, künftig ihr Programm in der ursprünglichen Fa ssung anzubieten, zumal dieses Programm der Nachprüfung durch die hierfür allein zuständigen Zivilgerichte in fast allen Fällen standgehalten habe.
Dem Senat liegen die die Antragstellerin betreffenden Akten des Regierungspräsidiums Darmstadt (ein Band, B1. 1 bis 164) vor.
II. Über die Beschwerde ist durch den Senat in der Sache zu entscheiden, da sich der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt hat. Die Antragstellerin hat der Erledigungserklärung des Antragsgegners widersprochen.
Die Beschwerde ist zulässig. Die Antragstellerin hat nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für das Rechtsmittel, obgleich sie im Laufe des Beschwerdeverfahrens ihr ursprüngliches Programm aus dem Btx-Rechner genommen und durch ein anderes Programm ers etzt hat, das den Anforderungen des Antragsgegners mindestens teilweise gerecht wird. Denn die Antragstellerin hat die Programmänderung erkennbar nur vorläufig unter dem Druck der angeordneten Vollziehung des angegriffenen Bescheids vorgenommen und möchte alsbald zu ihrem ursprünglichen Programm zurückkehren.
Die Beschwerde ist auch begründet, denn das Verwaltungsgericht hat den Aussetzungsantrag zu Unrecht abgelehnt. Die angegriffene Untersagungsverfügung vom 18. September 1990 ist offensichtlich rechtswidrig, weil es an der erforderlichen Ermächtungsgrundlage für ihren Erlaß fehlt. Deshalb besteht an der Vollziehung der Untersagungsverfügung kein öffentliches Interesse.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts ist Ast. 4 des Bildschirmtext-Staatsvertrags, auf die die gemäß Art. 12 Abs. 2 Bildschirmtext-Staatsvertrag ergangene Untersagungsverfügung gestützt wird, auf die von der Antragstellerin für die Aufnahme eines Teilnehmers in die sogenannte Geschlossene Benutzergruppe und für die laufende Nutzung des GBG-Programms verlangten Vergütungen nicht anwendbar, weil es sich bei dem Antrag des Teilnehmers auf Aufnahme in eine Geschlossene Ben utzergruppe um einen Bestellvorgang und bei den Leistungen der Antragstellerin im Rahmen der laufenden Nutzung des GBG-Prograrnms durch den Teilnehmer um einen individuellen Dienst i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Bildschirmtext-Staatsvertrag handelt. Die durch den Antrag auf Aufnahme in die GBG ausgelösten Rechtsbeziehungen zwischen dem jeweiligen Btx-Teilnehmer und der Antragstellerin sind daher vom sachlichen Geltungsbereich des Bildschirmtext-Staatsvertrags nicht umfaßt und können deshalb nicht Gegenstand behördlicher Aufsichtsmaßnahmen nach Art. 12 Bildschirmtext-Staatsvertrag sein.
Diese der Auffassung der Antragstellerin entsprechende Auslegung des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Bildschirmtext-Staatsvertrag ergibt sich unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte aus dem Wortlaut der Bestimmung, die mit Rücksicht auf die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Fernmeldewesen (Art. 73 Nr. 7 GG) alle Kommunikationsvorgänge aus dem Anwendungsbereich der nachfolgenden Vorschriften ausnimmt, für die die Länder weder unter dem Aspekt “Rundfunk” (vgl. BVerfGE, Urt. v. 28.02 .1961 – 2 BvG 1, 2/60 -, BVerfGE 12, 205 <237> = NJW 1961, 567; Urt. v. 16.06.1981 – 1 BvL 89/78 -, BVerfGE 57, 295 <320> = NJW 1981, 1774) noch unter dem Aspekt “Presse” (Art. 5 Abs. 1, 70, 75 Nr. 2 GG) eine Gesetzgebungskompetenz haben (vgl. hierzu Scherer, Rechtprobleme des Staatsvertrags über Bildschirmtext, NJW 1983, 1832 m.w.N.). Die Länder sind bei Abschluß des Bildschirmtext-Staatsvertrags davon ausgegangen, daß es sich bei Bildschirmtext um ein neues Medium handelt, das sich von den M edien der sogenannten Massenkommunikation (Rundfunk, Presse) dadurch unterscheidet, daß der Teilnehmer selbst aktiv das Medienangebot steuern oder mindestens beeinflussen kann (vgl. amtl. Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zum Staatsvertrag über Bildschirmtext, LT-Drucksache 10/642, S. 14). Nach der amtlichen Begründung sind die Länder bei Abschluß des Staatsvertrags von ihrer Gesetzgebungskompetenz für die Materie Bildschirmtext deshalb überzeugt gewesen, weil die ausschließl iche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Post- und Fernmeldewesen nur die Regelungsbefugnis für die “bloße Organisation der Technik” (a.a.O., S. 15) umfasse. Dabei stützten sich die Länder im wesentlichen auf das erste “Rundfunkurteil” des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1961 (BVerfGE 12, 205), in dem unter anderem folgendes ausgeführt wird (S. 226 f.):
“Fernmeldewesen ist ein technischer, am Vorgang der Übermittlung von Signalen orientierter Begriff. Das Fernmeldewesen hat es mit den Fernmeldeanlagen, also mit technischen Einrichtungen zu tun, mit deren Hilfe Signale ‘in die Ferne’ gemeldet oder übermittelt werden. Das wird durch das Gesetz über Fernmeldeanlagen von 1928 bestätigt, dessen Vorschriften, soweit sie zu berücksichtigen sind, sich nach Sinn und Wortlaut auf Regelungen über Errichtung und Betrieb von Funkanlagen, also auf die Regelung technischer Vorgänge, beschränken. Das in seiner politischen und kulturellen Bedeutung kaum zu überschätzende Massenkommunikationsmittel Rundfunk ist nicht Teil, sondern “Benutzer” der Einrichtung des Fernmeldewesens…
Zum Fernmeldewesen i.S.v. Art. 73 Nr. 7 GG gehören die technischen Voraussetzungen, deren Regelung für einen geordneten Ablauf des Betriebs der Rundfunksender und des Empfangs ihrer Sendungen unerläßlich ist. In Abgrenzung zum Telefon- und Telegrafenwe sen, bei denen das jeweilige Netz “inhaltsneutral” praktisch ohne inhaltliche Einflußnahme in den Dienst freier Kommunikation zwischen Individuen gestellt werde, ist Bildschirmtext nach Auffassung der Länder als neues Medium anzusehen, bei dem es nicht um klar abgegrenzte Individualkommunikation, “sondern um einen ambivalenten, in eine überindividuelle Kommunikation übergehenden Dienst” gehe (amtl. Begründung, a.a.O., S. 15).
Ungeachtet der Frage, ob diese rechtliche Einordnung des Bildschirmtextsystems als Informationssystem eigener Art zwischen den Massenkommunikationsmitteln und den Medien der Individualkommunikation nachvollziehbar ist (vgl. auch hierzu Scherer, a.a.O.: Ladeur, Untersagungsanordnungen gegen Btx-Informationsangebote, NJW 1986, 2748), ist ersichtlich, daß die Länder selbst ihre Gesetzgebungskompetenz und damit ihre Regelungsbefugnis im Bereich Bildschirmtext auf die Anwendungsformen beschränkt sahen, in denen sich dieses Medium von den “klassischen” Fernmeldediensten Telefon und Telegraf wesensmäßig unterscheidet. Dies kommt in der amtlichen Begründung zu Art. 3 des Staatsvertrags (a.a.O., S. 18) wie folgt zum Ausdruck:
“Abs. 1 enthält Ausnahmeregelungen für individuelle Dienste und sonstige Einzelmitteilungen (Satz 1) sowie für Geschlossene Teilnehmergruppen (Satz 2). Satz 1 führt Bestellvorgänge und den Bankverkehr stellvertretend für vergleichbare individuelle Dien ste an; auch bei Bestellvorgängen und im Bereich des Bankverkehrs sind allerdings nur individuelle Vorgänge erfaßt. Satz 1 ist insofern eng auszulegen. Er gilt nur, wenn der Inhalt der jeweiligen Bildschirmtextseite eine individuelle Information für einen bestimmten Teilnehmer darstellt oder wenn Verträge zwischen Teilnehmer und Anbieter geschlossen werden (siehe oben Übersicht in Abschn. A.I S. 10 ff.. Anwendungskategorie 2 auf S. 13).”
Die in Bezug genommene Übersicht enthält eine beispielhafte Aufstellung von Einzelmitteilungen, wobei Bestellungen bei Versandhandelsunternehmen, Kaufhäusern, Buchclubs und Theaterkassen erwähnt werden.
Damit ist nach Auffassung des Senats nicht zu bezweifeln, daß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Bildschirmtext-Staatsvertrag die unmittelbare Anbahnung künftiger zivilrechtlicher Vertragsbeziehungen zwischen dem Btx-Teilnehmer und dem jeweiligen Anbieter von der Anwendung der nachfolgenden Bestimmungen der §§ 4 bis 8 des Staatsvertrags ausnehmen soll, weil es sich dabei auch nach Auffassung der Parteien des Staatsvertrags um Formen der Individualkommunikation handelt.
Eine entsprechende Einschränkung des Geltungsbereichs des Staatsvertrags erscheint auch verfassungsrechtlich geboten, weil der Staatsvertrag sonst Regelungen treffen würde, für die der Bund – auch abgesehen von seiner ausschließlichen Gesetzgebungskomp etenz für das Post- und Fernmeldewesen gemäß Art. 73 Nr. 7 GG – in bezug auf Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 Nr. l, Nr. 11 und Nr. 16 GG) durch entsprechende Kodifizierungen (HGB, AGB-Gesetz, Preisangabengesetz und -verordnung) abschließende Regelungen getroffen und damit eine Sperrwirkung für eine landesrechtliche Regelung derselben Materie geschaffen hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Ungeachtet der zivilrechtlichen Einstufung der über Bildschirmtext mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses üb ermittelten rechtsgeschäftlichen Erklärungen (vgl. hierzu Lachmann, Ausgewählte Probleme aus dem Recht des Bildschirmtextes, NJW 1984, 405 <407 f.> m.w.N.) wird das Bildschirmtextsystem beim “Transport” solcher Erklärungen nur als Übermittlungs weg genutzt, ohne daß dadurch Inhalt oder Charakter der Erklärung verändert werden. Für die Wirksamkeits- und Inhaltskontrolle derartiger Erklärungen enthalten die genannten bundesrechtlichen Rechtsquellen ein umfassendes Regelwerk, das weitergehende Anforderungen durch landesrechtliche Bestimmungen verfassungsrechtlich problematisch erscheinen läßt, was hier jedoch nicht vertieft werden muß.
Die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung selbst hat die Rechtswidrigkeit der gemäß §§ 187 Abs. 3 VwGO, 12 HessAGVwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Vollstreckungsandrohung zur Folge, so daß insoweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs erfolgt. Bezüglich des Streitwerts hält es der Senat für angemessen, für beide Instanzen – für die erste Instanz auf Beschwerde der Antragstellerin – den gesetzlichen Auffagstreitwert i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 3 VwGO festzusetzen, wobei entsprechend ständiger Übung des Senats bei Eilverfahren die Hälfte des in § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG vorgesehenen Betrags angesetzt wird. Die wirtschaftlichen Vorteile, die die Antragstellerin durch die Anwendung des vom Antragsgegner beanstandet en Programms erlangen kann, sind nicht bezifferbar. Es läßt sich nämlich nicht quantifizieren, in welchem Umfang Btx-Teilnehmer sich in die Geschlossene Benutzergruppe für das Programm “Partnersuche via Bildschirmtext” nur deshalb haben aufnehmen lassen, weil sie – die Rechtsauffassung des Antragsgegners als richtig unterstellt von der Antragstellerin nicht ausreichend auf die dadurch entstehenden Kosten hingewiesen worden sind. Deshalb läßt sich auch nicht ermessen, in welchem Umfang dadurch bei der Antr agstellerin die für die Bemessung des wirtschaftlichen Interesses maßgebenden Gewinne gesteigert worden sind oder gesteigert worden wären.
Der Antragsgegner hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen, weil er letztlich unterliegt (§ 154 Abs. 1 VwGO). Für das den Streitwert betreffende Beschwerdeverfahren bedarf es weder einer Kostenentscheidung noch einer Streitwertfestsetzung, da insoweit weder Gerichtskosten erhoben nach außergerichtliche Kosten erstattet werden (Hess. VGH, Beschluß vom 17. März 1988 – 11 TE 2096/87 -).
Der Beschluß ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).