BVerwG: Nichtstaatliche Verfolgung

GG Art 16a Abs 1, AuslG 1990 § 51 Abs 1, AuslG 1990 § 53 Abs 4, MRK Art 3

Urteil vom 20. Februar 2001

Az: 9 C 20.00

Leitsatz / Leitsätze:

1. Politische Verfolgung durch eine Bürgerkriegspartei (hier: inAfghanistan) kann nicht bereits mit der Erwägung verneintwerden, es fehle an einer dauerhaft verfestigtenGebietsherrschaft “nach außen”. Die anhaltende äußeremilitärische Bedrohung schließt das Bestehen einesstaatsähnlichen (quasi-staatlichen) Herrschaftsgefüges imInnern nicht zwingend aus (im Anschluss an BVerfG, NVwZ2000, 1165, insoweit unter Aufgabe von BVERWGE 105, 306).

2. Auch Bedrohungen der Herrschaft im Innern schließen dieAnnahme der Staatsähnlichkeit nicht aus, sofern eine De-facto-Gebietsgewalt vorhanden ist, die tatsächlich eineprinzipiell schutz- und verfolgungsmächtige Ordnung vongewisser Stabilität errichtet hat.

Tatbestand

Der 1958 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischerVolkszugehörigkeit. Er verließ sein Heimatland Mitte Januar 1992 und reiste über Karatschi mitdem Flugzeug nach Deutschland, wo er Asyl beantragte. Er trug vor, er habe seit 1973 derkommunistischen Partei Afghanistans (DVPA/Khalq-Fraktion) angehört. Er sei zuletzt Oberstder afghanischen Luftwaffe gewesen und habe an zahlreichen Kampfeinsätzen gegen dieMudjaheddin teilgenommen. Anfang Februar 1990 habe er sich an einem Putsch gegen dievom Parcham-Flügel der DVPA geführte Regierung Nadschibullah beteiligt. DerUmsturzversuch sei gescheitert; er sei inhaftiert worden, habe aber aus dem Gefängnisentkommen und ausreisen können.

Den Asylantrag des Klägers lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischerFlüchtlinge (Bundesamt) ab (Nr. 1 des Bescheides) und stellte fest, dass die Voraussetzungendes § 51 Abs. 1 AuslG (Nr. 2) sowie des § 53 AuslG (Nr. 3) nicht vorliegen; außerdem enthieltder Bescheid eine Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nach Afghanistan (Nr.4). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, die Verfolgung, die der Kläger bei einerRückkehr in seine Heimat befürchte, sei keine politische Verfolgung, weil es infolge desandauernden Bürgerkriegs zurzeit keine staatliche oder staatsähnliche Gewalt gebe. AuchAbschiebungshindernisse lägen nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungshindernissesnach § 53 Abs. 4 AuslG in Bezug auf Afghanistan verpflichtet und die Klage im Übrigenabgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof die Beklagteverpflichtet, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1AuslG festzustellen; die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten(Bundesbeauftragter) hat er zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshofin seinem Urteil vom 8. Juli 1996 ausgeführt: Der Kläger sei politisch Verfolgter. Zwar sei inAfghanistan gegenwärtig und auf absehbare Zeit eine landesweite, zu politischer Verfolgungfähige Herrschaftsmacht nicht vorhanden. Nach der Machtübernahme durch die MudjaheddinEnde April 1992 hätten sich jedoch über Provinzgrenzen hinweg autonome Teilbereicheherausgebildet, in denen – wenn auch nur regional begrenzt – staatliche bzw. staatsähnlicheGewalt ausgeübt werde.

Eine solche Gewalt gehe zunächst von der Regierung Rabbani in Kabul aus, die jedenfalls fürden ihr verbliebenen Machtbereich generelle Regelungen zur Ordnung derLebensverhältnisse in den beherrschten Gebieten erlassen habe, die grundsätzlich für alle indiesen Territorien lebenden Menschen in gleicher Weise Geltung hätten. Entsprechende – alsübergreifende staatsähnliche Friedensordnungen anzusehende – Rechtsordnungen seien auchin den anderen Machtzonen Afghanistans errichtet worden (so in mindestens drei weiterenMachtbereichen: der Taliban im Süden und Westen, des Kommandanten Kadir im Osten unddes Generals Dostum im Norden; UA S. 48 ff., 58 und 68). Der Feststellung staatlicher bzw.quasi-staatlicher Gewalt stünden weder die Zersplitterung der Macht und die hieraus folgendeUnberechenbarkeit ihrer Ausübung noch die Unfähigkeit der Machthaber entgegen, dieBeachtung des staatlichen bzw. quasi-staatlichen Gewaltmonopols im jeweiligenEinflussbereich sicherzustellen.

Die einzelnen Macht- und Einflusszonen seien in ihren Randbereichen zwar weiterhinumstritten und umkämpft; ohne dauerhafte Friedenslösung sowie ohne anerkannte undabgesicherte Grenzen zwischen den einzelnen Territorien könnten erneut umfassendereKonflikte mit der möglichen Folge des Untergangs eines gesamten Machtbereichs (wie demdes Kommandanten Ismail Khan im Westen) ausbrechen. Dies stelle die Existenz einerstaatlichen oder quasi- staatlichen Herrschaftsgewalt aber nicht in Frage. Die Phase desumfassenden, das ganze Land ergreifenden Bürgerkriegs, in dem die einzelnenGruppierungen nur die Rolle kämpfender Bürgerkriegsparteien einnähmen, sei mit derweitgehenden Einstellung der Kampfhandlungen in den Provinzen und der Konzentration desKampfgeschehens auf Kabul beendet. Allerdings seien die Machthaber von örtlichenRegenten und Militärkommandanten abhängig, deren Loyalität wegen deren Eigenständigkeitund wegen des Fehlens fester ethnischer, religiöser oder politischer Bindungen zweifelhaftsei. Die in den einzelnen Machtzonen herrschenden Gewalten müssten daher ständig mit demAbfall einzelner Orts- oder Regionalherrscher und zugleich mit dem Verlust von Macht undEinfluss in bestimmten Teilregionen rechnen. Anders stelle sich die Situation in den größerenStädten, insbesondere in den Machtzentren wie Kabul, Mazare-Sharif, Jalalabad undKandahar sowie Herat dar, wo die herrschenden Kräfte eine effektive Gewalt ausübenkönnten. Dass es ihnen gelingen könnte, in absehbarer Zeit den Einfluss örtlicher Gewalten inihrem gesamten Bereich entscheidend zurückzudrängen und die Ausübung einerumfassenden Gebietsgewalt zu erreichen, sei jedoch wenig wahrscheinlich.

Der Kläger wäre in den von staatlichen bzw. quasi- staatlichen Kräften beherrschtenstädtischen Regionen in der Gefahr, Opfer asylrechtlich bedeutsamer Verfolgung zu werden.Ihm drohe als ehemaligem ranghohen Offizier und bekannten Piloten, der an Kampfeinsätzengegen die Mudjaheddin im gesamten Land teilgenommen habe, bei einer Rückkehr in seinHeimatland durch alle Machthaber politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.

Darüber hinaus bestehe für ihn die Gefahr, ohne zureichenden Schutz durch die jeweiligenMachthaber Opfer privater Vergeltungs- oder Racheaktionen zu werden. Eine inländischeFluchtalternative bestünde für ihn auch im Machtbereich des Generals Dostum, der überdiesderzeit weder vom Ausland noch vom Landesinneren Afghanistans aus direkt erreicht werdenkönne, nicht. Die Berufung des Bundesbeauftragten bleibe ohne Erfolg, weil dasVerwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht ein Abschiebungshindernis aus § 53 Abs. 4 AuslGi.V.m. Art. 3 EMRK angenommen habe. Dem Kläger drohe nämlich eine unmenschlicheBehandlung durch staatliche bzw. staatsähnliche Herrschaftsgewalten in Afghanistan.

Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Bundesbeauftragten hat dasBundesverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass beim Kläger dietatbestandlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG hinsichtlich Afghanistansvorliegen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufungen des Klägers und desBeteiligten sowie die Revision des Beteiligten zurückgewiesen. Soweit die Vorinstanzen demKläger Asyl nach Art. 16 a Abs. 1 GG und Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG sowienach § 53 Abs. 4 AuslG in Verbindung mit Art. 3 EMRK zugesprochen hätten, verletzten ihreEntscheidungen Bundesrecht. Das Berufungsgericht habe insoweit einen bundesrechtlichnicht uneingeschränkt zutreffenden Maßstab bei der Beurteilung zugrunde gelegt, ob demKläger in Afghanistan Nachstellungen durch eine quasi-staatliche Gebietsgewalt drohten.

Auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundesverfassungsgericht (1. Kammerdes Zweiten Senats) das Verfahren – mit Ausnahme der Entscheidung zu § 53 Abs. 6 AuslG -zur erneuten Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen (Beschlussvom 10. August 2000 – 2 BvR 260/98 und 1353/98 -). Das Bundesverfassungsgericht hat dieAnforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an staatsähnliche Herrschaftsorganisationen ineinem andauernden Bürgerkrieg als zu eng beanstandet. Das Bundesverwaltungsgericht habedem Erfordernis einer dauerhaft stabilisierten Herrschaftsmacht “nach außen” – zwischen denBürgerkriegsparteien – zu viel Gewicht beigemessen. Die Frage, ob nach dem Fortfall derbisherigen Staatsgewalt von einer Bürgerkriegspartei politische Verfolgung ausgehen könne,beurteile sich unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Asylrechts maßgeblich danach,ob diese “nach innen” zumindest in einem Kernterritorium ein Herrschaftsgefüge vongewisser Stabilität tatsächlich errichtet habe. Es sei nunmehr Aufgabe desBundesverwaltungsgerichts, die Erscheinungsformen der quasi-staatlichen Verfolgung unterBeachtung des Verfassungsrechts begrifflich zu präzisieren. Außerdem sei erneutfachgerichtlich zu beurteilen, ob die Annahme politischer Verfolgung ausgeschlossen sei, weilalle in Afghanistan herrschenden Machthaber zur Aufrechterhaltung ihrer militärischenHerrschaft mehr oder minder auf autonome örtliche Kommandanten angewiesen seien.

Zur ergänzenden Begründung der Revision trägt der Bundesbeauftragte vor, dasBundesverwaltungsgericht habe in der aufgehobenen Entscheidung nicht ausschließlich aufdas Andauern des Bürgerkriegs und den Kampf um die Macht in ganz Afghanistan abgestellt.

Vielmehr habe es die Zielsetzung der Bürgerkriegsparteien ersichtlich im unmittelbarenZusammenhang mit der mangelnden Stabilisierung der allgemeinen Situation im gesamtenBürgerkriegsgebiet und der Möglichkeit des jederzeitigen und überall möglichen Aufflackernsvon Kämpfen oder des Abfalls mehr oder minder autonomer örtlicher Kommandanten undClanführer gesehen. Dies sei indes auch nach der Entscheidung desBundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.Der Kläger macht noch geltend, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtsdürfe die Funktion des Asylrechts nicht unberücksichtigt bleiben, politisch Verfolgten Schutzzu gewähren. Daher stehe anders als in der bisherigen Rechtsprechung desBundesverwaltungsgerichts die Fähigkeit der Herrschaftssicherung nach innen und damit dieasylrechtlich entscheidende Beziehung zwischen dem Verfolgten und dem Verfolger amAusgangspunkt der Dogmatik. Einer asylrechtlich bedeutsamen Verfolgung sei der Klägernach dem Berufungsurteil zwar nicht auf gesamtstaatlicher, aber doch auf regionaler Ebeneausgesetzt. Dabei sei auf die aktuelle Lage und die Herrschaft der Taliban abzustellen. Füreine Berücksichtigung der nachträglichen Entwicklung im Revisionsverfahren als Ausnahmevon der Bindung des Revisionsgerichts nach § 137 Abs. 2 VwGO sprächen Gründe derProzessökonomie. Von den Taliban werde quasi-staatliche Herrschaftsgewalt ausgeübt. Andie erforderliche Stabilität nach innen dürften im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit des vonder Verfolgung Betroffenen nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Wenn dieMachthaber zur Aufrechterhaltung ihrer militärischen Herrschaft mehr oder minder aufautonome örtliche Kommandanten angewiesen seien, schließe dies allerdings auch nach derRechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts politische Verfolgung aus. Die vomBundesverfassungsgericht entworfene Konzeption der übergreifenden Friedensordnungberuhe auf dem Begriff der effizienten Herrschaftsausübung. Eine inhaltliche Bestimmungdieses Begriffs sei rechtlich kaum möglich. Dem hierfür maßgeblichen Völkerrecht komme esprimär auf die Durchsetzungsfähigkeit einer Herrschaftsorganisation an. Entscheidend seiinsoweit, ob eine Organisation in der Lage sei, nach innen Anordnungen und Regelndurchzusetzen. Für die Bestimmung der für einen Quasi-Staat erforderlichen gewissenStabilität in einem Kernterritorium sei daher der Begriff der völkerrechtlichen Deliktsfähigkeitein geeignetes Abgrenzungskriterium. Gemessen an diesen Grundsätzen halte dasBerufungsurteil einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand, wenn es feststelle, dass imZeitpunkt der Entscheidung die frühere Zersplitterung der Macht und die hieraus folgendeUnberechenbarkeit der Machtausübung überwunden gewesen sei. Der auf dem Land nochbestimmende Einfluss lokaler Machthaber bestehe in den größeren Städten gerade nicht.

Entscheidungsgründe

Nach der Zurückverweisung des Verfahrens durch das Bundesverfassungsgericht ist über dieRevision des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten (Bundesbeauftragter)erneut zu entscheiden. Ausgenommen ist die rechtskräftig gewordene, aber auflösendbedingte (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 – BVERWG 9 C 5.98 – Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr.198, unter Hinweis auf das Urteil vom 15. April 1997 – BVERWG 9 C 19.96 – BVERWGE 104, 260,263), Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1AuslG im ersten Revisionsurteil. In dem noch anhängigen Umfang ist die Revision desBeteiligten begründet. Das Berufungsurteil steht insoweit mit Bundesrecht nicht in Einklang (§137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Senat kann auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen desBerufungsgerichts nicht abschließend selbst entscheiden, ob dem Kläger ein Anspruch aufAsyl nach Art. 16 a Abs. 1 GG und auf Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG zusteht oderob er hilfsweise ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK geltendmachen kann. Die Sache ist deshalb an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger als ehemaliger ranghoher Offizier undKampfpilot der Luftwaffe des früheren kommunistischen Regimes Nadschibullah damitrechnen muss, bei einer Rückkehr nach Afghanistan von allen lokalen und regionalenMachthabern verfolgt und gegenüber privaten Vergeltungs- oder Racheaktionen schutzlosgelassen zu werden. Daraus kann sich ein Anspruch auf Asylanerkennung nach Art. 16 a Abs.1 GG und auf Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG indes nur ergeben, wenn diedrohende Verfolgung eine “politische” im Sinne des Asylrechts ist. DerVerwaltungsgerichtshof hat dies mit der Erwägung bejaht, dass sich in Afghanistan trotz desFehlens einer gesamtstaatlichen Gewalt weitgehend autonome Teilbereiche herausgebildethätten, in denen – wenn auch nur in regional begrenzter Form – staatliche bzw. staatsähnlicheGewalt ausgeübt werde, die zu politischer Verfolgung im Sinne des Asylrechts fähig sei (UA S.21). Die insoweit zugrunde gelegten Maßstäbe und Schlussfolgerungen sind mit Bundesrechtnicht in vollem Umfang vereinbar; das gilt auch unter Beachtung der zurückverweisendenEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Eine Verfolgung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann “politisch”,wenn sie im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um die Gestaltung und Eigenart derallgemeinen Ordnung des Zusammenlebens von Menschen und Menschengruppen steht, also- im Unterschied etwa zu einer privaten Verfolgung – einen öffentlichen Bezug hat und voneinem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht ausgeht, der der Verletzteunterworfen ist. Politische Verfolgung ist somit grundsätzlich staatliche Verfolgung. Dem Staatstehen solche staatsähnlichen (quasi-staatlichen) Organisationen gleich, die den jeweiligenStaat verdrängt haben oder denen dieser das Feld überlassen hat und die ihn daher insoweitersetzen. Staatlichkeit und Staatsähnlichkeit in diesem Sinne stellen ab auf dasVorhandensein einer in sich befriedeten Einheit, die nach innen alle Gegensätze, Konflikteund Auseinandersetzungen durch eine übergreifende Ordnung in der Weise relativiert, dassdiese unterhalb der Stufe der Gewaltsamkeit verbleiben und die Existenzmöglichkeit desEinzelnen nicht in Frage stellen, insgesamt also die Friedensordnung nicht aufheben. DieMacht, zu schützen, schließt indes die Macht, zu verfolgen, mit ein. Daher hebt dieAsylgewährleistung im Grundgesetz ganz auf die Gefahren ab, die aus einem bestimmtgearteten Einsatz verfolgender Herrschaftsgewalt erwachsen; sie will den Einzelnen vorgezielten, an asylerhebliche Merkmale anknüpfenden Rechtsverletzungen schützen, die ihnihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheitausgrenzen. Darin liegt als Kehrseite beschlossen, dass Schutz vor den Folgen anarchischerZustände oder der Auflösung der Staatsgewalt nicht durch Art. 16 a Abs. 1 GG versprochen ist(vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 – 2 BvR 502, 1000, 961/86 – BVerfGE 80, 315, 333 f.,336; Beschluss vom 10. August 2000 – 2 BvR 260/98 und 1353/98 – NVwZ 2000, 1165 = DVBl 2000,1518 m.w.N.).

Kann ein Verfolgter weder Asyl nach Art. 16 a GG noch asylrechtlichen Abschiebungsschutznach § 51 Abs. 1 AuslG beanspruchen, so braucht er nicht schutzlos zu sein. DieBundesrepublik Deutschland gestattet ebenso wie andere Staaten in Europa Flüchtlingen, diedurch Bürgerkriege oder schwere innere Unruhen zur Flucht veranlasst worden sind (sog.”De-facto-Flüchtlinge”), aus humanitären Gründen den Aufenthalt, obwohl dieVoraussetzungen für eine Anerkennung als politisch verfolgter Flüchtling nicht gegeben sind(BVerfGE 74, 51, 66 f.; 80, 315, 346). Darüber hinaus gewähren das Ausländerrecht in §§ 32, 32a, 33, 53, 54 und 55 AuslG sowie Art. 3 EMRK einen Schutz gegen Abschiebung (vgl. BVerfGa.a.O.; BVERWGE 99, 331; 101, 328, 340; 102, 249; 104, 260; 104, 265; 109, 1, 5f.; 109, 12, 17; vgl.auch Beschluss vom 23. Februar 2000 – BVERWG 9 B 65.00 – Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr.30).

Das Element der “Staatlichkeit” oder “Quasi-Staatlichkeit” von Verfolgung darf nicht losgelöstvom verfassungsrechtlichen Tatbestandsmerkmal des “politisch” Verfolgten betrachtet undgeprüft werden. Es muss vielmehr in Beziehung gesetzt bleiben zu der Frage, ob eineMaßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GGaufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Die Prüfung bestimmterstaatstheoretischer Merkmale für die Annahme vorhandener oder neu entstehenderStaatlichkeit kann mithin für die Beurteilung, ob Verfolgungsmaßnahmen die Qualitätpolitischer Verfolgung haben, nicht schlechthin konstitutiv, sondern nur – wenn auch ingewichtiger Weise – indiziell sein. Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme alspolitische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, dasZusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendesHerrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutzgewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutzausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkretenGemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nurdurch die Flucht entziehen kann. Die Frage, ob in einer Bürgerkriegssituation nach demFortfall der bisherigen Staatsgewalt von einer Bürgerkriegspartei politische Verfolgungausgehen kann, beurteilt sich folglich maßgeblich danach, ob diese zumindest in einemKernterritorium ein solches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität – im Sinne der o.a.übergreifenden Friedensordnung – tatsächlich errichtet hat (BVerfG, Beschluss vom 10. August2000 a.a.O.).

Die Möglichkeit politischer Verfolgung kann daher – abweichend von der bisherigenRechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – nicht bereits mit der Erwägung verneintwerden, es fehle bei allen um die Macht im ganzen Staatsgebiet fortwährend kämpfendenBürgerkriegsparteien an einer dauerhaft verfestigten Gebietsherrschaft nach außen, d.h. vorallem zwischen den sich bekriegenden Machthabern. Die anhaltende (äußere) militärischeBedrohung schließt das Bestehen eines staatsähnlichen Herrschaftsgefüges im Innern nichtzwingend aus. Je nach ihrer Stärke kommt einer solchen Bedrohung zwar erheblichesindizielles Gewicht für eine solche Annahme zu, das aber in dem Maße abnimmt, in dem derBürgerkrieg ohne entscheidende Veränderung der Machtverhältnisse andauert (BVerfG,Beschluss vom 10. August 2000 a.a.O.).

Für die danach in erster Linie maßgebliche Frage nach der Beschaffenheit desHerrschaftsgefüges im Innern des beherrschten Gebietes zwischen dem verfolgendenMachthaber und den ihm unterworfenen Verfolgten bedarf es der Feststellung und Bewertung,ob eine übergreifende Friedensordnung mit einem prinzipiellen Gewaltmonopol existiert, dievon einer hinreichend organisierten, effektiven und stabilen Gebietsgewalt in einemabgrenzbaren (Kern-)Territorium getragen wird. Das setzt vor allem – wie dasBundesverwaltungsgericht ständig und insoweit vom Bundesverfassungsgerichtunbeanstandet ausgesprochen hat (vgl. das aufgehobene Revisionsurteil vom 4. November1997 – BVERWG 9 C 34.96 – BVERWGE 105, 306, 310 m.w.N.) – eine gewisse Stetigkeit undDauerhaftigkeit der Herrschaft voraus, verkörpert vorrangig in der Durchsetzungsfähigkeit undDauerhaftigkeit des geschaffenen Machtapparates. Auch bei einem anhaltenden Bürgerkriegerfordert dies, dass zwischenzeitlich entstandene Machtgebilde voraussichtlich stabil seinwerden. Dabei kommt es entscheidend auf die Lage im Innern an und nur ergänzend indiziellauf etwaige äußere Gefährdungen, welche die Herrschaft nachhaltig in Frage stellen.

Besondere Bedeutung kommt der Zeitspanne zu, während deren die Herrschaftsorganisationbereits Bestand hat. Je länger sich ein Machtgebilde hält, desto eher muss es als dauerhafte,schutz- und verfolgungsmächtige Gebietsgewalt angesehen werden. Besteht es erst kurzeZeit, spricht dies – zumal in einem andauernden Bürgerkrieg – gegen eine “stabilisierte”, zupolitischer Verfolgung fähige Herrschaft (vgl. das Bosnien-Urteil vom 6. August 1996 – BVERWG9 C 172.95 – BVERWGE 101, 328, 334 zu einer Zeitspanne von zwei Monaten). Eine zeitlicheGrenze, die generell und unabhängig von der Bewertung der gesamten Lage im EinzelfallGeltung beansprucht, gibt es gleichwohl nicht. Sie kann nur tatrichterlich wertend festgestelltwerden und entzieht sich der abstrakten rechtlichen Maßstabsbildung. Die Tatsachengerichtemüssen jedoch beachten, dass allein wegen eines andauernden äußerenBürgerkriegsgeschehens die Annahme politischer Verfolgung nicht praktisch auf unabsehbareZeit ausgeschlossen sein kann (BVerfG, Beschluss vom 10. August 2000 a.a.O.).Entsprechendes gilt für Bedrohungen der Herrschaftsgewalt im Innern, etwa durch örtlicheMachthaber, autonome Stammes- oder Clanfürsten oder rebellierende Untertanen. Je längersich die Herrschaftsorganisation trotz solcher Bedrohungen ohne wesentliche Änderung derMachtverhältnisse behauptet, umso weniger ist die Annahme einer staatsähnlichen Gewaltausgeschlossen. Maßgebend ist insoweit namentlich die Fähigkeit, derartige Konflikte überlängere Zeit zumindest zu begrenzen. Neben dem Zeitfaktor können ferner Anzahl, Größe undmachtpolitisches Gewicht autonomer oder nicht befriedeter, dem Zugriff derHerrschaftsorganisation entzogener Gebiete von Bedeutung sein. Je zahlreicher undgewichtiger solche Herrschaftsexklaven sind, umso eher kann dies bei der gebotenenprognostischen Bewertung die tatsächliche Territorialgewalt und damit die staatsähnlicheQualität der Herrschaftsorganisation in Frage stellen.

Nicht entscheidend für die Annahme einer staatsähnlichen Herrschaftsorganisation sinddemgegenüber die Legitimität der Machtausübung, deren Akzeptanz durch alle oder eineMehrheit der Gewaltunterworfenen, die Willkürfreiheit der Herrschaft oder die Beachtungeines menschenrechtlichen Mindeststandards sowie – entgegen der Auffassung des Klägers -die völkerrechtliche Deliktsfähigkeit. Maßgeblich ist nach der Entscheidung desBundesverfassungsgerichts lediglich, ob eine De-facto-Gebietsgewalt vorhanden ist, dietatsächlich eine prinzipiell schutz- und verfolgungsmächtige Ordnung von gewisser Stabilitäterrichtet hat. Kennzeichnend dafür ist vor allem die Erringung eines weitgehenden – auch fürdie Staaten typischen – tatsächlichen (Schutz- und) Gewaltmonopols im Innern, ohne das einegemeinschaftsorientierte Friedensordnung nicht lebensfähig ist (vgl. etwa Urteil vom 6. August1996 a.a.O. BVERWGE 101, 328, 331; Urteil vom 15. April 1997 – BVERWG 9 C 15.96 – BVERWGE104, 254, 257 f.). Dagegen ist es weniger wichtig, in welchen organisatorischen undrechtlichen Formen, Einrichtungen oder Institutionen die Herrschaftsmacht ausgeübt wird; erstrecht ist es nicht unabdingbar, dass bestimmte Verwaltungsstrukturen oder zivilisatorischeErrungenschaften der Daseinsvorsorge wie Bildungs- und Kultureinrichtungen oder etwa einfunktionierendes Gesundheitswesen existieren. Gibt es allerdings solche Strukturen, so sprichtdies für eine verfestigte, auf Dauer angelegte übergreifende Ordnungsmacht.

Das Berufungsurteil wird diesen Grundsätzen nicht voll gerecht. Wie der Senat im erstenRevisionsurteil dargelegt hat, sind die Ausführungen des Berufungsgerichts im Ergebnis dahinzu verstehen, dass in ganz Afghanistan spätestens seit dem Sturz des kommunistischenRegimes Ende April 1992 keine handlungsfähige Staats- oder Reststaatsgewalt mehr besteht.

Der Kläger muss daher nicht damit rechnen, bei der Rückkehr in sein Heimatland von einerhandlungsfähigen Staatsgewalt politisch verfolgt zu werden. Soweit das Berufungsgerichtangenommen hat, dem Kläger drohe politische Verfolgung durch staatsähnlicheOrganisationen, die sich inzwischen in allen Gegenden Afghanistans herausgebildet hätten,hat es einen bundesrechtlich nicht uneingeschränkt zutreffenden Maßstab zugrunde gelegt.Das Berufungsgericht stellt für die Bestimmung eines Machtgebildes als staatsähnlichentscheidend darauf ab, ob neben bestimmten organisatorischen Strukturen eine”übergreifende Friedensordnung” vorhanden ist (UA S. 17 f.). Das entpricht zwar im Ansatzden vorstehenden Grundsätzen (vgl. auch das erste Revisionsurteil vom 4. November 1997a.a.O. BVERWGE 105, 306, 309 f. und zu früheren Entscheidungen des Berufungsgerichts Urteilvom 15. April 1997 a.a.O. BVERWGE 104, 254, 257 ff.). Das Berufungsgericht hat aber bei derAnnahme einer solchen Friedensordnung zu einseitig auf das Bestehen einer abstraktenRechtsordnung im Sinne übergreifender rechtlicher Regeln abgestellt (vgl. UA S. 57 f.). DasBundesverwaltungsgericht hat dies bereits im ersten Revisionsurteil beanstandet; auch dasBundesverfassungsgericht setzt eine tatsächlich ausgeübte, übergreifende Herrschaft voraus,die das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnet.

Damit ist es ferner unvereinbar, wenn das Berufungsgericht eine übergreifende,staatsähnliche Friedensordnung allein wegen der prinzipiellen Versagung des Schutzes fürbestimmte Personengruppen verneinen will (vgl. UA S. 17/18 und Urteil vom 15. April 1997a.a.O. BVERWGE 104, 254, 257 f.). Insoweit verletzt das Berufungsurteil nach wie vorBundesrecht.

Dagegen ist die im ersten Revisionsurteil als zu gering beanstandete Gewichtung derStabilität der Gebietsherrschaft “nach außen” nicht rechtsfehlerhaft. Insoweit stimmt dasBerufungsurteil mit den Anforderungen an staatsähnliche Organisationen in derzurückverweisenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überein. Insbesondere lässtes erkennen, dass es die Stabilität nach außen (d.h. in Afghanistan zwischen den zummaßgeblichen Zeitpunkt um die Vorherrschaft ringenden Bürgerkriegsparteien und -allianzen)berücksichtigt und ihr ein je nach den Umständen erhebliches indizielles Gewicht nichtabspricht. Daraus lässt sich indessen nicht herleiten, dass sich das Berufungsurteil im Ergebnisals richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO). Denn es fehlt an einer hinreichend aussagekräftigen,anhand des richtigen Maßstabs gewonnenen Tatsachengrundlage sowie an einertatrichterlichen Gesamtbewertung aller maßgeblichen Beurteilungsfaktoren, ob in Afghanistanzu politischer Verfolgung fähige quasi-staatliche Herrschaftsorganisationen existieren. Wie inder Revisionsverhandlung erörtert, können die unzureichenden Feststellungen auch nichtdadurch vervollständigt werden, dass der Senat neue Tatsachen zur Entwicklung der Lage inAfghanistan seit der letzten Berufungsverhandlung im Juli 1996 verwertet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es zwar ausnahmsweisezulässig, im Revisionsverfahren entscheidungserhebliche unstreitige oder allgemeinkundigeneue Tatsachen zu berücksichtigen – wie etwa hier, dass es heute in Afghanistan nur nochzwei Bürgerkriegsparteien und damit nur noch zwei als staatsähnlich in Betracht kommendeHerrschaftsgebilde gibt, nämlich das über 85 bis 95% der Fläche Afghanistans (650 000Quadratkilometer) herrschende Regime der Taliban und die sog. Nordallianz, angeführt vonGeneral Massoud und dem früheren Präsidenten Rabbani. Das setzt aber grundsätzlichvoraus, dass dem Revisionsgericht eine abschließende Sachentscheidung ermöglicht wirdund die Nichtberücksichtigung mit der Prozessökonomie in so hohem Maße unvereinbar wäre,dass ihr der Vorrang vor dem Grundsatz der Unbeachtlichkeit neuer Tatsachen imRevisionsverfahren eingeräumt werden darf (vgl. Urteil vom 20. Oktober 1992 – BVERWG 9 C77.91 – BVERWGE 91, 104, 105 ff. m.w.N.; zu Asylverfahren ferner Urteil vom 30. März 1999 -BVERWG 9 C 23.98 – BVERWGE 109, 12, 21 f.; Urteil vom 6. August 1996 a.a.O. BVERWGE 101,328, 340; Urteil vom 19. Januar 1993 – BVERWG 9 C 8.92 – InfAuslR 1993, 235; Urteil vom 28.Februar 1984 – BVERWG 9 C 981.81 – Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 19; vgl. auch Urteil vom23. Februar 1993 – BVERWG 1 C 16.87 – Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 64 NVwZ 1993, 781). Einesolche Ausnahmesituation liegt hier nicht vor. Die als allgemeinkundig in Betracht zuziehenden Tatsachen reichen nämlich nicht aus, um bei der gebotenen Gesamtschau dertatsächlichen Verhältnisse die Staatsähnlichkeit der inzwischen etabliertenHerrschaftsorganisationen abschließend zu beurteilen. Es muss deshalb vorliegend bei derRegel bleiben, dass die Tatsacheninstanzen den entscheidungserheblichen Sachverhaltermitteln und würdigen, während das Revisionsgericht auf die rechtliche Überprüfungbeschränkt ist (vgl. auch Urteil vom 25. Januar 1995 – BVERWG 9 C 279.94 – Buchholz 402.25 § 1AsylVfG Nr. 176).

Eine abschließende Sachentscheidung ist dem Senat schließlich auch deshalb verwehrt, weiles noch der Neubewertung bedarf, ob Bedrohungen der Herrschaft im Innern die Annahmestaatsähnlicher Gewalt ausschließen. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu im erstenRevisionsurteil ausgeführt (a.a.O. BVERWGE 105, 306, 312), gegen die Annahmestaatsähnlicher Gebietsgewalt spreche die Feststellung des Berufungsgerichts, alle derzeit inAfghanistan herrschenden Machthaber seien zur Aufrechterhaltung ihrer militärischenHerrschaft mehr oder minder auf autonome örtliche Kommandanten angewiesen, derenLoyalität zweifelhaft sei. Sie müssten hiernach ständig mit dem Abfall einzelner Orts- oderRegionalherrscher und mit entsprechendem Gebietsverlust rechnen. Außerdem könne esjederzeit zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Kräften auförtlicher oder regionaler Ebene kommen, wobei die Machthaber jeweils nur schlichtend undvermittelnd eingreifen könnten. Damit aber sei die Durchsetzung des für eine staatsähnlicheOrganisation unverzichtbaren territorialen Gewaltmonopols in Frage gestellt. DasBundesverfassungsgericht ist den Erwägungen hierzu im ersten Revisionsurteil nichtentgegengetreten; es hat lediglich angemerkt (Beschluss vom 10. August 2000 a.a.O. BA S. 9 =NVwZ 2000, 1165, 1167 = DVBl 2000, 1518, 1519 f.), es bedürfe “erneuter fachgerichtlicherBeurteilung, ob der vom Bundesverwaltungsgericht hervorgehobene Umstand, dass allederzeit in Afghanistan herrschenden Machthaber zur Aufrechterhaltung ihrer militärischenHerrschaft mehr oder minder auf autonome örtliche Kommandanten angewiesen seien, dieAnnahme politischer Verfolgung ausschließt”. Auch das erfordert eine – dem Berufungsgerichtvorbehaltene – umfassende Neubewertung der tatsächlichen Verhältnisse in Afghanistananhand des vorstehend präzisierten Maßstabs für die Annahme quasi-staatlicher politischerVerfolgung.

Der Senat kann danach im Revisionsverfahren nicht selbst entscheiden, ob in Afghanistan zupolitischer Verfolgung im Sinne des Asylrechts (Art. 16 a Abs. 1 GG, § 51 Abs. 1 AuslG) fähigeHerrschaftsorganisationen bestanden haben oder bestehen, die den Kläger bei einerRückkehr wegen seiner früheren exponierten Stellung in der vom Berufungsgerichtfestgestellten Art und Weise beachtlich wahrscheinlich verfolgen würden. Dies alles hat dasBerufungsgericht in dem erneuten Berufungsverfahren anhand des geändertenPrüfungsmaßstabs noch einmal zu beurteilen. Anders als der Senat im Revisionsverfahren hates dabei aktuelle Tatsachen zugrunde zu legen (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG); im Übrigensind für die tatrichterliche Prognose die allgemeinen Anforderungen desÜberzeugungsgrundsatzes zu beachten (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO; vgl. Urteil vom 4.November 1997 – BVERWG 9 C 11.97 – InfAuslR 1998, 242; Urteil vom 5. Juli 1994 – BVERWG 9 C158.94 – BVERWGE 96, 200, 208 ff.). Sollte das Berufungsgericht einen Anspruch auf Asyl nachArt. 16 a Abs. 1 GG und nach § 51 Abs. 1 AuslG verneinen, müsste es das hilfsweise geltendgemachte Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK (unmenschlicheoder erniedrigende Strafe oder Behandlung durch den Staat oder eine staatsähnliche Gewalt)nach entsprechend erleichterten Anforderungen prüfen.