In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde
…
gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. September 1995 – 2 Ss 290/95 – 45/95 III –
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch …
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 15. September 1999 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, weil dieAnnahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Sie ist nichtzulässig erhoben worden.
Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht der Grundsatz der Subsidiaritätdieses außerordentlichen Rechtsbehelfs (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) entgegen.Dieser Grundsatz will unter anderem erreichen, daß das Bundesverfassungsgerichtweitreichende Entscheidungen nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlagetrifft (vgl. BVerfGE 79, 1 <20>). Dem liegt mit Blick auf § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGGunter anderem die Erwägung zugrunde, daß das Bundesverfassungsgericht vor seinerEntscheidung Gelegenheit haben soll, zunächst die Fallanschauung und dieRechtsauffassung der Fachgerichte kennenzulernen (vgl. BVerfGE 9, 3 <7 f.>; 51, 386<396>). Außerdem wird sichergestellt, daß der Vorrang gewahrt bleibt, der denallgemein zuständigen Gerichten bei der Sachverhaltsermittlung wie bei der Auslegungder einschlägigen einfachrechtlichen Vorschriften nach der gesetzlichenKompetenzordnung und im Hinblick auf die größere Sachnähe gebührt (vgl. BVerfGE 55,244 <247>).
Diesen Vorrang gilt es auch hier zu beachten, weil wegen der Verabreichung vonmehreren Brechmitteln, darunter das Morphiumderivat Apomorphin, mit Blick auf dasGrundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und den Grundsatzder Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich relevante, insbesondere medizinischeFragen zu klären sind (vgl. BVerfGE 16, 194 <198>; 47, 239 <248>), die noch nichtGegenstand eines fachgerichtlichen Verfahrens waren (vgl. BVerfG, Beschluß der 1.Kammer des Zweiten Senats vom 15. Januar 1999 – 2 BvR 1838/98 -, EuGRZ 1999, S.170).
Diese Klärung herbeizuführen, ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts (vgl.BVerfGE 18, 85 <92>; BVerfG, Beschluß der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4.August 1999 – 1 BvR 1022/99 -). Dies wäre mit Sinn und Zweck des Grundsatzes derSubsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht vereinbar. Der Beschwerdeführer hatgegen die auf § 81a Abs. 1 Satz 2 StPO gestützte Maßnahme – die auch im Hinblick aufdie durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Menschenwürde und den in Art. 2 Abs. 1 inVerbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG enthaltenen Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheitgrundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht begegnet (vgl. BVerfGE 16, 194<198 f.>; 17, 108 <117 f.>; 27, 211 <219>; 47, 239 <247 f.>) – im sachnäherenStrafverfahren nicht alle prozessualen Möglichkeiten genutzt, um eine Verkennung vonBedeutung und Tragweite des Grundrechts des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu verhindern(vgl. BVerfGE 81, 22 <27>; 95, 96 <127>).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Limbach