BVerfG: Bildberichterstattung

GG Art 5 Abs 1 S 2, GG Art 5 Abs 2, GG Art 2 Abs 1, GG Art 1 Abs 1, KunstUrhG § 22, KunstUrhG § 23 Abs 1 Nr 1, KunstUrhG § 23 Abs 2, BGB § 823, BGB § 1004, BVerfGG § 93c Abs 1 S 1

Beschluss vom 26. April 2001

Az: 1 BvR 758/97
Az: 1 BvR 1857/98
Az: 1 BvR 1918/98
Az: 1 BvR 2109/99
Az: 1 BvR 182/00

Stattgebender Kammerbeschluss: Zum Schutzbereich der Pressefreiheit bei der Bildberichterstattung – Abwägung zwischen Informationsinteresse der Öffentlichkeit und berechtigten Interessen des Abgebildeten – zur Veröffentlichung von Bildnissen der Begleitung einer absoluten Person der Zeitgeschichte – zum Begriff der Zeitgeschichte in KunstUrhG § 23.

Gründe

I.

Die Verfassungsbeschwerden betreffen Fragen des Persönlichkeitsschutzes gegenüber der Bildberichterstattung der Presse.

1. Bei den Beschwerdeführerinnen handelt es sich um Presseunternehmen, die durch die angegriffenen Entscheidungen zur künftigen Unterlassung der Veröffentlichung von Fotografien von Prinz Ernst August von Hannover – dem Kläger in sämtlichen Ausgangsverfahren – verurteilt wurden.

a) Das Verfahren 1 BvR 758/97
Die Beschwerdeführerin gibt unter anderem die wöchentlich erscheinende Zeitschrift NEUE REVUE heraus. In Heft 8/1996 erschien auf Seite 4 unter der Überschrift “Hat ein deutscher Prinz das Herz der schönen Caroline erwärmt?” ein Bericht über eine mögliche Verbindung zwischen Prinz Ernst August von Hannover und Prinzessin Caroline von Monaco, der spekulative Andeutungen über eine gemeinsame Reise der beiden in Asien, möglicherweise mit Aufenthalten in Hotels in Bangkok und Rangun, enthielt. In diesem Zusammenhang veröffentlichte die Beschwerdeführerin ein bei einem anderen Anlass gefertigtes Portraitfoto von Prinz Ernst August von Hannover; neben diesem Foto druckte sie ein weiteres Portraitfoto von Prinzessin Caroline von Monaco ab.

b) Das Verfahren 1 BvR 1857/98
Die Beschwerdeführerin verlegt unter anderem die “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung”. In einer Ausgabe vom 10. August 1997 veröffentlichte sie einen Bericht mit der Überschrift “Es muss Carolines Spange gewesen sein”. Im Rahmen dieser zweispaltigen Glosse wurde ein über dpa vermitteltes Portraitfoto des Prinzen Ernst August von Hannover veröffentlicht. Die Beschwerdeführerin hat in diesem Beitrag, der auf den Titel und den Refrain eines Rockliedes (“Tausendmal berührt, tausendmal ist nichts passiert”, Klaus Lage) anspielt, die Medienberichterstattung über die Verbindung zwischen der Prinzessin Caroline von Monaco und dem Prinzen Ernst August von Hannover persifliert.

c) Das Verfahren 1 BvR 1918/98
Die Beschwerdeführerin ist Verlegerin der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift “Bildwoche”. In Heft 4/1998 veröffentlichte sie auf der Titelseite die Schlagzeile “Caroline und der Prügelprinz. Werden brutale Männer mehr geliebt?” Links neben dieser Schlagzeile druckte die Beschwerdeführerin ein Foto ab, welches Prinz Ernst August von Hannover zeigt und rechts neben der Schlagzeile findet sich ein Portraitfoto von Prinzessin Caroline von Monaco. Beide Fotos sind Teile aus einem anderen Foto, welches anlässlich einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Hannover im Januar 1998 aufgenommen wurde. Es zeigt Prinz Ernst August von Hannover, Prinzessin Caroline von Monaco sowie zwei weitere Personen. In dem Bericht im Innern des Heftes ging die Beschwerdeführerin auch auf einen Vorfall anlässlich einer Gala ein, während dessen Prinz Ernst August von Hannover einen Kameramann tätlich angegriffen hatte. Dem Artikel war neben einem Foto im Zusammenhang mit dem tätlichen Angriff unter anderem ein Foto beigefügt, das Prinz Ernst August von Hannover und Prinzessin Caroline von Monaco gemeinsam zeigt. Auch hierbei handelt es sich um einen Ausschnitt aus dem oben genannten Ursprungsfoto. Prinz Ernst August von Hannover nahm die Beschwerdeführerin – lediglich – wegen der Veröffentlichung des Fotos auf der Titelseite auf Unterlassung der künftigen Veröffentlichung in Anspruch.

d) Das Verfahren 1 BvR 2109/99
Die Beschwerdeführerin verlegt die Zeitschrift FOCUS. In der Ausgabe Nr. 33/98 veröffentlichte sie einen Beitrag mit der Überschrift “Das zahlt er aus der Portokasse”, der sich mit Prinz Ernst August von Hannover und der Einstellung des gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Körperverletzung befasste. Hintergrund war die auch in dem Verfahren 1 BvR 1918/98 betroffene tätliche Auseinandersetzung des Klägers mit einem Kameramann. Im Rahmen des Artikels wurden verschiedene Fotos veröffentlicht, die Prinz Ernst August von Hannover teilweise allein, teilweise mit Prinzessin Caroline von Monaco zeigen. Angegriffen hat Prinz Ernst August von Hannover die Veröffentlichung lediglich eines Fotos, das in der Mitte des Artikels abgedruckt ist und ihn im Smoking zeigt. Dieses Foto war am Abend des 19. November 1997 bei einem “Gala Concert at the festival for the Queen & Duke of Edinburgh” entstanden.

e) Das Verfahren 1 BvR 182/00
Die Beschwerdeführerin verlegt die Zeitschrift “Das Neue Blatt”. In der Ausgabe vom 3. März 1999 veröffentlichte sie im Rahmen des Beitrags “Caroline und Ernst August – ein Liebespaar” insgesamt sieben Fotografien über die Flitterwochen von Prinz Ernst August von Hannover und Prinzessin Caroline von Monaco. Streitgegenstand der Urteile, gegen die sich auch die Verfassungsbeschwerde richtet, war ein Foto des Prinzen Ernst August von Hannover, das ihn lachend auf einer belebten Hotelterrasse zeigt und mit der Überschrift aufgemacht ist: “Unten: ‘Schau mal, da!'” “So ausgelassen haben wir Ernst August noch nie gesehen”. Das Foto gehörte zu der Serie der anderen Fotos, unterschied sich von ihnen aber im Wesentlichen dadurch, dass Prinzessin Caroline von Monaco auf diesem Foto nicht mit abgebildet war.

2. Durch die angegriffenen Entscheidungen erkannten die Gerichte dem Kläger einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 823, 1004 BGB in Verbindung mit § 22Kunsturhebergesetz (KUG) zu. Aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG lasse sich eine Befugnis zurVerbreitung des Bildnisses nicht herleiten, da der Kläger weder als eine absolute, noch – imHinblick auf die in Rede stehenden Fotos – als eine relative Person der Zeitgeschichteanzusehen sei. Mit den Verfassungsbeschwerden machen die Beschwerdeführerinnen inerster Linie Verstöße gegen das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1GG geltend.

3. Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich der Präsident des Bundesgerichtshofes, dieJustizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg sowie der Kläger des Ausgangsverfahrensgeäußert.

II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu 2 bis 5gemäß § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung ihrerGrundrechte auf Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2Buchstabe b BVerfGG). Demgegenüber scheidet hinsichtlich der Beschwerdeführerin zu 1 -Verfahren 1 BvR 758/97 – die Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß § 93 a Abs. 2BVerfGG aus. In sämtlichen Fällen ist die Kammer zur Entscheidung befugt, weil denVerfassungsbeschwerden keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt (§93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerdenmaßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Der Erste Senatdes Bundesverfassungsgerichts hat durch Urteil vom 15. Dezember 1999 – 1 BvR 653/96 – (vgl.BVerfGE 101, 361) die Fragen der Reichweite des Persönlichkeitsschutzes und derPressefreiheit bei der Bildberichterstattung im Grundsätzlichen geklärt. Hieraus lassen sichauch die verfassungsrechtlichen Maßstäbe herleiten, die bei der pressemäßigen Verwendungder hier in Rede stehenden (Portrait-)Fotos zu beachten sind.

1. Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Dies gilt auch für das Verfahren 1 BvR 182/00, indem die Beschwerdeführerin jedenfalls durch den Bevollmächtigten zu 1 als ordentlichenProfessor ordnungsgemäß vertreten ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Ob ein alsLehrbeauftragter tätiger Bevollmächtigter – wie hier der Bevollmächtigte zu 2 – in gleicherWeise in einem verfassungsrechtlichen Verfahren zur Prozessvertretung befugt ist (vgl. zudieser streitigen Frage Klein in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer/Bethge/Winter,BVerfGG, § 22 Rn. 3 m.w.N.), kann deshalb dahinstehen.

2. Die angegriffenen Entscheidungen betreffend die Beschwerdeführerinnen zu 2 bis 5verstoßen gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

a) Durch die Untersagung der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotos wird derSchutzbereich der Pressefreiheit berührt. Im Zentrum der grundrechtlichen Gewährleistungder Pressefreiheit steht das Recht, Art und Ausrichtung, Inhalt und Form desPublikationsorgans frei zu bestimmen. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie einPresseerzeugnis bebildert wird. Der Schutz der Pressefreiheit umfasst auch die Abbildung vonPersonen (vgl. BVerfGE 101, 361 <389>). Ob daneben auch das Grundrecht aufMeinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG betroffen ist, bedarf keiner Entscheidung, dasich dabei keine abweichende Beurteilung ergeben würde.

b) Die Pressefreiheit ist nicht vorbehaltlos gewährleistet. Sie findet gemäß Art. 5 Abs. 2 GGihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen. Dazu gehören die §§ 22 ff. KUG. Auf sie – inVerbindung mit den §§ 823, 1004 BGB – haben die Gerichte sämtliche angegriffenenEntscheidungen gestützt. Die Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften ist Sache derZivilgerichte. Sie müssen dabei jedoch Bedeutung und Tragweite der von ihrenEntscheidungen berührten Grundrechte beachten, damit deren wertsetzende Bedeutung auchauf der Rechtsanwendungsebene gewahrt wird. Geht es – wie hier – umBildnisveröffentlichungen, ist ein möglichst schonender Ausgleich zwischen dem Grundrechtder Pressefreiheit auf der einen und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Abgebildetenauf der anderen Seite herzustellen. Dazu bedarf es einer Abwägung zwischen denwiderstreitenden grundrechtlichen Schutzgütern, die im Rahmen der auslegungsfähigenTatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften vorzunehmen ist und die besonderenUmstände des Falls zu berücksichtigen hat. Da der Rechtsstreit aber ungeachtet desgrundrechtlichen Einflusses ein privatrechtlicher bleibt und seine Lösung in dem -grundrechtsgeleitet interpretierten – Privatrecht findet, ist das Bundesverfassungsgerichtdarauf beschränkt nachzuprüfen, ob die Zivilgerichte den Grundrechtseinfluss ausreichendbeachtet haben. Ein Grundrechtsverstoß, der zur Beanstandung der angegriffenenEntscheidungen führt, liegt insbesondere dann vor, wenn der Schutzbereich der zubeachtenden Grundrechte unrichtig oder unvollkommen bestimmt oder ihr Gewicht unrichtigeingeschätzt worden ist, so dass darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionenim Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 101, 361 <388>; stRspr).

c) Das Landgericht Hamburg und das Hanseatische Oberlandesgericht gehen in ständigerRechtsprechung davon aus, dass Prinzessin Caroline von Monaco eine absolute Person derZeitgeschichte ist und der Kläger als ihr Begleiter als relative Person der Zeitgeschichteanzusehen ist, wenn er zusammen mit ihr in der Öffentlichkeit auftritt. Eine solche Begleitungbewerten die Gerichte als Ereignis der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, dieeine einwilligungsfreie Veröffentlichung von Bildnissen (auch) des Begleiters rechtfertigenkann. Es ist im Ausgangspunkt verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Gerichteihre Entscheidungen in Anlehnung an die Argumentationen zu den Rechtsfiguren der sogenannten absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte begründet und die rechtlicheBeurteilung der Begleitsituation in diesen Kontext gerückt haben.

aa) Es begegnet insbesondere keinen verfassungsrechtlichen Einwänden, dass die Gerichteden Kläger des Ausgangsverfahrens nicht als “absolute Person der Zeitgeschichte” angesehenhaben. Dieser Begriff ergibt sich zwar weder zwingend aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG noch aus derVerfassung. Als abkürzende Ausdrucksweise für Personen verstanden, die unabhängig voneinem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis auf Grund ihres Status oder ihrer Bedeutungallgemein öffentliche Aufmerksamkeit finden und deren Bildnis die Öffentlichkeit deshalb umder dargestellten Person willen der Beachtung wert findet, ist seine Benutzungverfassungsrechtlich im Grundsatz unbedenklich, aber im Einzelfall nur tragfähig, sofern dieAbwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den berechtigtenInteressen des Abgebildeten bei der Rechtsanwendung nicht unterbleibt (vgl. BVerfGE 101,361 <392>).Vorliegend haben sich die Gerichte an dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit orientiertund einen hohen Bekanntheitsgrad des Klägers nicht etwa angezweifelt. DerBekanntheitsgrad einer Person ist aber nur ein Anhaltspunkt eines zeitgeschichtlichenInteresses unter mehreren möglichen, der für sich allein schon deshalb nicht aussagekräftigist, weil die Bekanntheit auch mit einem punktuellen Ereignis verknüpft sein kann. Keinesfallsist es verfassungsrechtlich geboten, sich allein am Bekanntheitsgrad einer Person zuorientieren. Deshalb sind – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin in demVerfahren 1 BvR 182/00 – die Ergebnisse von Meinungsumfragen kein hinreichenderAnhaltspunkt der Beurteilung. Im Übrigen kann aus dem Faktum der öffentlichen Bekanntheitnoch nicht ein normativ schutzwürdiges Interesse an einer umfassenden Information über denBetroffenen folgen. Zwar ist von der Pressefreiheit das Recht der Presse gedeckt, nachpublizistischen Kriterien zu entscheiden, was öffentliches Interesse beansprucht. DiesesSelbstbestimmungsrecht der Presse erfasst aber nicht auch die Entscheidung, wie dasInformationsinteresse im Zuge der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern einzuschätzenund der Ausgleich zwischen den betroffenen Rechtsgütern herzustellen ist. Daher kommt esauf die Einschätzung der Presse allein auch nicht an, wenn – wie bei der Einordnung alsabsolute Person der Zeitgeschichte – zugleich Weichen für die Abwägung zwischenPressefreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht gestellt werden.Indem die Gerichte maßgeblich die “Bedeutung”, die Stellung oder Leistung der betreffendenPerson als Anknüpfungspunkt “berechtigter” Informationsinteressen heranziehen und insoweiteinen normativen Maßstab in die zu treffende Beurteilung mit einfließen lassen, tragen sie derPressefreiheit Rechnung und können zugleich den Persönlichkeitsschutz berücksichtigen,ohne presserechtliche Belange einseitig zu bevorzugen. Ob die Einschätzung vorliegend auchhätte anders ausfallen können, bedarf keiner Entscheidung. Die Bejahung oder – wie hier – dieVerneinung eines besonderen zeitgeschichtlichen Interesses an der Person des Klägers istgrundsätzlich eine Frage fachgerichtlicher Tatsachenbewertung. Dabei kommt es auf denZeitpunkt der von den Gerichten getroffenen Entscheidungen an. Dahinstehen kann deshalbauch, ob die Abwägung auf Grund zwischenzeitlich erfolgter, in der Öffentlichkeit intensivdiskutierter Geschehnisse im Zusammenhang mit dem Kläger heute zur Bejahung seinerEigenschaft als absolute Person der Zeitgeschichte führen würde.

bb) Im Ausgangspunkt ist auch die von der Rechtsprechung weiter verwandte Kategorie der sogenannten relativen Person der Zeitgeschichte verfassungsrechtlich tragfähig. Auch hierbeihandelt es sich um eine lediglich abkürzende Ausdrucksweise für eine nur im Grundsätzlichenvorgenommene, aber stets im Einzelfall zu überprüfende Interessenabwägung zwischen demInformationsinteresse der Öffentlichkeit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht desAbgebildeten. Hiernach wird das die Veröffentlichung eines Bildnisses rechtfertigendeInformationsbedürfnis der Öffentlichkeit nicht wie bei der absoluten Person der Zeitgeschichtegenerell, sondern nur im Zusammenhang mit einem bestimmten zeitgeschichtlichen Vorganganerkannt. Als zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG wird in derRechtsprechung insoweit auch die vertraute Begleitung einer absoluten Person derZeitgeschichte in der Öffentlichkeit angesehen (sog. Begleiterrechtsprechung, vgl. OLGHamburg, ZUM 1990, S. 244 f.; LG Hamburg, ZUM 1998, S. 852 <858>; Soehring, Presserecht, 3.Aufl., 2000, Rn. 21.7 b m.w.N.; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rn. 850 m.w.N.). Dies ist ausverfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Bildnisse von der Begleitperson dürfendanach verbreitet werden, wenn diese zusammen mit dem betreffenden Partner in derÖffentlichkeit auftritt oder wenn sie mit ihm zusammen oder an seiner statt öffentlichrepräsentiert (vgl. Soehring, Presserecht, 3. Aufl., 2000, Rn. 21.7 b). Maßgebend wird einabgeleitetes Interesse der Öffentlichkeit, das nicht um der abgebildeten Person willen,sondern wegen des Interesses an der absoluten Person der Zeitgeschichte besteht, das aberauf die Person ausstrahlt, von dem jene in der Öffentlichkeit begleitet wird.Allerdings kann die Begleitsituation sich, etwa auf Grund des Verhaltens der Begleitperson,derart entwickeln, dass auch ein anerkennenswertes Berichterstattungsinteresse an diesemVerhalten und damit eigenständig an der Begleitperson entsteht. Da die Begriffe derabsoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte nur vereinfachende Kürzel sind, nichtaber rechtlich klar begrenzte Tatbestände umschreiben, gibt es keine absoluteGrenzmarkierung, sondern auch Übergangszonen, etwa in Situationen, in denen dasBerichterstattungsinteresse an der Begleitperson sich verselbständigt.

d) Nach der Systematik des Kunsturhebergesetzes sind die Informationsinteressen derÖffentlichkeit bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals “Bildnisse aus dem Bereich derZeitgeschichte” zu beachten (vgl. BVerfGE 101, 361 <391>). Das weitere demGrundrechtseinfluss offen stehende Tatbestandsmerkmal des “berechtigten Interesses” in § 23Abs. 2 KUG bezieht sich von vornherein nur auf Personen von zeitgeschichtlicher Bedeutungund kann folglich die Belange der Pressefreiheit nicht mehr ausreichend aufnehmen, wenndiese zuvor bei der Abgrenzung des Personenkreises außer Acht gelassen worden sind (vgl.BVerfG, a.a.O., S. 391 f.). Deshalb ist darauf zu achten, dass die gebotene Berücksichtigungder Pressefreiheit nicht durch den formelhaften Einsatz der Rechtsfiguren der absoluten undrelativen Person der Zeitgeschichte und darauf bezogene starre Grenzziehungen vereiteltwird.

Der Bedeutung und Tragweite der Pressefreiheit wird Rechnung getragen, wenn der Begriffder Zeitgeschichte in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht gegenstandsbezogen, etwa allein aufVorgänge von historischer oder politischer Bedeutung, verstanden, sondern vomInformationsinteresse der Öffentlichkeit her bestimmt wird (so ausdrücklich BVerfGE 101, 361<392>). Auch unterhaltende Beiträge sind nicht von vornherein ausgenommen (vgl. BVerfGE101, 361 <392>). Die Frage, ob ein Medienbericht einen besonderen Bezug zumdemokratischen Prozess hat oder nur unterhaltender Art ist, entscheidet nicht über denverfassungsrechtlichen Schutz des Informationsinteresses. Sie kann aber bei der Abwägungmit kollidierenden Rechtsgütern bedeutsam werden (vgl. BVerfGE 34, 269 <283>; stRspr).Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade bei unterhaltenden Beiträgen die Personalisierungein wichtiges Mittel zur Erregung der Aufmerksamkeit der Leser ist (vgl. BVerfGE 101, 361<390>).

Die Anerkennung eines öffentlichen Informationsinteresses bedeutet allerdings nicht, dass derPresse ein schrankenloser Zugriff auf Bildnisse von Personen der Zeitgeschichte eröffnet ist.Vielmehr gibt § 23 Abs. 2 KUG den Gerichten, wenn sie verfassungsrechtlich tragfähig voneinem Ereignis der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ausgegangen sind,ausreichend Möglichkeit, die Anforderungen von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1GG an den Schutz der Persönlichkeit im Rahmen der Rechtsgüterabwägung zur Geltung zubringen (vgl. auch insoweit ausdrücklich BVerfGE 101, 361 <393>). §§ 22, 23 KUG dienen demPersönlichkeitsschutz der Abgebildeten, nicht etwa dem Schutz des Urheberrechts derAbbildenden. Sie wirken insbesondere gegenüber der Presse, indem sie den Abgebildetenvor der Veröffentlichung seines Bildnisses, also vor der Verbreitung eines visuellen Eindrucksvon der Person schützen, über die berichtet wird.

e) Dem im Kunsturhebergesetz verankerten Erfordernis einer einzelfallbezogenen Abwägungzwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den berechtigten Interessen desAbgebildeten genügen die in den Verfahren zu 2 bis 5 angegriffenen Entscheidungen nicht.

aa) Die Fachgerichte haben in der im Verfahren 1 BvR 182/00 angegriffenen Entscheidung denAnspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung des Bildnisses deshalb bejaht, weil derKläger nicht als absolute Person der Zeitgeschichte einzuordnen sei und deshalb dieeinwilligungslose Veröffentlichung nicht hinzunehmen habe. Das Bildnis habe keintatsächliches Geschehen von zeitgeschichtlicher Bedeutung gezeigt und auch keineWortberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis illustriert. Diese Einschätzung derFachgerichte ist vom Bundesverfassungsgericht nur daraufhin zu überprüfen, ob sie Fehlererkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung desGrundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, oder auf einer unrichtigenEinschätzung des Gewichts der unterschiedlichen, gegeneinander abzuwägendenRechtspositionen beruhen (vgl. BVerfGE 42, 163 <169>; 101, 361 <388>).Ob der Gegenstand der Berichterstattung als zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne des § 23KUG dem besonderen Schutz der Pressefreiheit unterliegt, ist verfassungsgerichtlichüberprüfbar. Die Gerichte haben zunächst geprüft und verneint, ob der Kläger eine absolutePerson der Zeitgeschichte sei. Das Ergebnis ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zubeanstanden. Die Gerichte haben aber nicht weiter geprüft, ob gleichwohl ein berechtigtesInformationsinteresse anzunehmen wäre. Sie haben das Vorliegen eines “tatsächlichenGeschehens von zeitgeschichtlicher Bedeutung” ohne nähere Begründung und offenbar in derirrigen Auffassung verneint, dass unterhaltenden Zeitschriftenbeiträgen keinezeitgeschichtliche Bedeutung zuzuschreiben sei. Nimmt ein Gericht die Prüfung, ob einEreignis zeitgeschichtliche Bedeutung hat, in einer nicht der Reichweite der Pressefreiheitgenügenden Weise vor, wird es dem Schutzbereich der Pressefreiheit nicht gerecht. Da derBericht dem Skiurlaub in den Flitterwochen des Klägers mit Prinzessin Caroline von Monacogalt – einem jedenfalls in der Unterhaltungspresse und bei ihren Lesern auf nachhaltigesInformationsinteresse stoßenden Ereignis -, hätte auf der Grundlage der ständigenRechtsprechung dieser Gerichte weiter geprüft werden müssen, ob diesesInformationsinteresse auf Grund der Situation vertrauter Begleitung von Prinzessin Carolinevon Monaco auch im Hinblick auf den Kläger zu bejahen gewesen wäre. Der Bericht derBeschwerdeführerin und die ihn ergänzenden Fotos galten unstreitig einer solchenBegleitsituation und stammten eindeutig aus deren Kontext. Der Kläger hat dieVeröffentlichung der anderen in dem Bericht veröffentlichten Fotos dementsprechend auchgar nicht beanstandet, sondern eine Persönlichkeitsverletzung ausschließlich im Hinblick aufein einzelnes Foto dargetan, auf dem Prinzessin Caroline von Monaco nicht zugleichabgelichtet war, so dass – isoliert und formal betrachtet – keine Begleitsituation abgebildetwar. Aus den auf diesem Foto erkennbaren und im Zusammenhang mit dem Berichtstehenden Begleitumständen sowie den anderen Fotos ergibt sich jedoch, dass es sich um einereignisbezogenes Foto von einer Situation handelt, in der jemand als vertrauteBegleitperson einer absoluten Person der Zeitgeschichte aufgetreten ist (vgl. insoweit auch LGHamburg, ZUM 1998, S. 852 <858>). Es stammt – für jeden Betrachter bei einem vergleichendenBlick auf die anderen Bilder ohne weiteres erkennbar – aus der Serie der Fotos, die währendder Flitterwochen des Klägers mit Prinzessin Caroline von Monaco aufgenommen wordensind.Das Persönlichkeitsrecht des Klägers wäre nach der Begleiter- Rechtsprechung derFachgerichte nicht verletzt worden, wenn das veröffentlichte Foto des öffentlichen Auftretensdes Klägers mit Prinzessin Caroline von Monaco auch diese abgebildet hätte. Es istverfassungsrechtlich jedoch nicht nachvollziehbar, wieso ein Persönlichkeitsverstoß alleindarin liegt, dass auf einem der im Übrigen hinsichtlich einer Begleitsituation identischen Fotosnur der Kläger abgebildet ist. Darauf bezogene Gründe finden sich in den angegriffenenEntscheidungen nicht. Das Oberlandesgericht verneint das Recht der Beschwerdeführerin zurAbbildung, indem es das Foto in die Kategorie “beliebiger”, den Kläger zeigendenAbbildungen ordnet, ohne auch nur zu berücksichtigen, dass es aus dem Kontext desEreignisses stammt, über das berichtet wird. Dass der Kläger auf ihm allein abgebildet wird,spricht für sich nicht dafür, dass sein Persönlichkeitsrecht anders betroffen und damit stärkerbeeinträchtigt ist als bei einer Abbildung zusammen mit der Prinzessin Caroline von Monaco.Eine unterschiedliche Behandlung von derartigen kontextbezogenen Fotos je nachdem, obsich die absolute Person der Zeitgeschichte zusammen mit dem Begleiter auf dem Fotobefindet oder nur ein Ausschnitt mit dem Begleiter allein gewählt worden ist, beruht auf derFeststellung eines formalen Umstandes, der auf die Intensität einerPersönlichkeitsbeeinträchtigung nicht notwendig Einfluss hat und der den Weg zu der stetsgebotenen Abwägung der unterschiedlichen Rechtsgüter verbaut. Unterbleibt eine denverfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Abwägung, fehlt es an einer hinreichendenRechtfertigung des Eingriffs in die Pressefreiheit.

bb) Auch in dem Verfahren 1 BvR 1918/98 haben die Gerichte dem Gewicht des Grundrechtsder Pressefreiheit in Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht hinreichendRechnung getragen. Sie haben ein öffentliches Interesse an der Unterrichtung über dieBegleitsituation zwar anerkannt. Sie gehen aber in Übereinstimmung mit ihrer ständigenRechtsprechung davon aus, dass dabei nur solche Abbildungen des Begleiters veröffentlichtwerden dürfen, die im ausschließlichen Zusammenhang mit dieser Situation stehen (vgl. OLGHamburg, ZUM 1990, S. 244 f.; LG Hamburg, ZUM 1998, S. 852 <858>). Auch dies ist eine sehrformale Betrachtungsweise, die dem berechtigten Interesse der Presse an der Bebilderungihrer Berichte nicht hinreichend Rechnung trägt und die Möglichkeit einer Abwägung desInformationsinteresses mit dem Persönlichkeitsrecht im Einzelfall von vornherein verbaut.

(1) Ergibt die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsschutz inverfassungsrechtlich unbedenklicher Weise, dass die Presse über ein Begleitereignisberichten und dabei auch die Person des Begleiters zum Gegenstand der Berichterstattungwählen und ebenfalls ein Bildnis der Begleitperson veröffentlichen darf, ist dasPersönlichkeitsrecht der Begleitperson entsprechend eingeschränkt. Dabei wird dasPersönlichkeitsrecht durch die Abbildung der Person, also ihre visuelle Zugänglichkeit für dieÖffentlichkeit, berührt, ohne dass die Intensität der möglichenPersönlichkeitsbeeinträchtigung notwendig davon beeinflusst wird, ob und wie das für dieAbbildung konkret verwendete Foto entstanden ist. Eine Beschränkung derPresseveröffentlichung auf Fotos, die aus der konkreten Begleitsituation stammen undzugleich die begleitete Person abbilden, wäre nur dann gerechtfertigt, wenn dieBeeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Begleitperson nur auf diese Weise auf dasverfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß begrenzt werden könnte, ohne zugleich dasberechtigte Anliegen der Pressefreiheit zu verkürzen. Vorauszusetzen wäre, dass der in derBildberichterstattung liegende, grundsätzlich zulässige Persönlichkeitseingriff dadurchgeringer würde, dass die begleitete Person mit abgebildet würde und das Foto aus demBegleitereignis selbst stammte. Dazu jedoch haben die Gerichte nichts festgestellt. Sie habenvielmehr die Grenze des rechtlich Zulässigen generalisierend und formal so gezogen, dassdas Fehlen einer Abbildung der Begleitsituation mit der begleiteten Person den Ausschlag fürdie Rechtswidrigkeit gibt. Damit haben sie die Notwendigkeit einer auf den konkreten Fallbezogenen Abwägung verkannt.

(2) Bei der Abwägung zwischen Persönlichkeitsschutz und Pressefreiheit ist zuberücksichtigen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Zusammenhang mitBildnisveröffentlichungen auf verschiedene Weise beeinträchtigt werden kann: So magbereits eine konkrete Abbildung als solche einen eigenständigen Verletzungseffekt haben,etwa weil der Betreffende in einer besonders unglücklichen Situation oder besondersunvorteilhaft dargestellt wird oder es sich um ein Bildnis aus der Intimsphäre handelt. DesWeiteren kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht dadurch beeinträchtigt werden, dass einBildnis aus seinem Kontext gerissen und in einen anderen gestellt wird, wenn sich also durchden Wechsel des Kontextes der Sinngehalt der Bildaussage erheblich ändert (vgl. BVerfGE101, 361 <381 f.>), etwa weil von der Begleitung abgelenkt und auf eine andere Situationhingeführt wird. Eine solche Änderung der Aussage muss zwar nicht stets, kann aber imkonkreten Fall das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigen, dessen Schutz nur im Kontext derBegleitsituation eingeschränkt ist. Zusätzlich aber kann eine solche Aussageänderung auchAuswirkungen auf die Schutzwirkungen der Pressefreiheit haben. Ein den Sinngehalt derAussage verfälschendes, also die Leser der Zeitung oder Zeitschrift irreführendes Foto genießtkeinen Schutz als Mittel zur Visualisierung eines Geschehens.

(3) Solche Aspekte spielen aber keine Rolle, wenn der ursprüngliche Kontext, aus dem dieAbbildung stammt, gar nicht zu erkennen oder wenn er so neutral ist, dass er denAussagegehalt des Fotos in dem neuen Kontext nicht beeinflusst oder jedenfalls nichtverfälscht. Die Veröffentlichung kontextneutraler Bildnisse als solche dürfte insoweit regelhaftkeine stärkere Persönlichkeitsbeeinträchtigung bewirken als ein den Begleitkontextwiedergebendes Foto.So dürfte es regelhaft bei der Veröffentlichung klassischen Portraitfotos liegen, derenVerwendung in dem Verfahren 1 BvR 1918/98 beanstandet wurde. Ist ein solches Foto in einenaussagelosen Kontext gefügt und insoweit also kontextneutral und scheidet darüber hinauseine Änderung des Sinngehalts des Fotos durch eine Verwendung im Rahmen eineranderweitigen Presseberichterstattung aus, wird seine Veröffentlichung dasPersönlichkeitsrecht der abgebildeten Begleitperson grundsätzlich nicht stärkerbeeinträchtigen als ein die begleitete Person mit abbildendes Foto aus der Begleitsituation.Insbesondere ist mit dem Blick auf die Intensität einer möglichenPersönlichkeitsbeeinträchtigung in der Regel nicht erheblich, ob das Foto sich – wie einPassbild – auf den Kopf und den Körperoberteil konzentriert oder ob auch andere Körperteileabgebildet werden. Aus verfassungsrechtlichem Blickwinkel unwesentlich ist ebenfalls, auswelchem Anlass das Foto gefertigt wurde. Entscheidend ist vielmehr, ob es in dem Sinnekontextneutral ist, dass die Verwendung in einem anderen Zusammenhang nicht zusätzlicheBeeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts bewirkt, die durch die Begleitsituation nichtgerechtfertigt sind. Dies ist in der Rechtsprechung auch schon teilweise anerkannt. So ist diePresse bei einem Wortbericht über ein zeitgeschichtliches Ereignis berechtigt, die an demEreignis beteiligten Personen dem Leser im Bild – in Form eines neutralen Portraitfotos -vorzustellen, auch wenn die hierfür verwendete Aufnahme bei anderer Gelegenheitentstanden ist und das zeitgeschichtliche Ereignis selbst auf dem Foto nicht zum Ausdruckkommt (vgl. LG Hamburg, AfP 1999, S. 523 <524> m.w.N.; vgl. auch Frömming/Peters, NJW1996, S. 958 <961>).Die Möglichkeit der Verwendung kontextneutraler oder kontextgerechter Abbildungen kanndem Persönlichkeitsschutz der Abgebildeten einerseits und der Pressefreiheit andererseitsauch dadurch Rechnung tragen, dass die Anlässe für die Presse verringert werden, überberichtsfähige Ereignisse ständig neue Fotos zu erstellen. Die bisherige Rechtsprechung führtangesichts des für die Presse im Medienwettbewerb bestehenden Visualisierungsdrucks dazu,dass Pressefotografen bei potentiell berichtsfähigen Ereignissen mit einer Begleitperson umstets neue Fotos bemüht sein müssen. Die von Prominenten vielfach beklagten erheblichenBelästigungen durch Pressefotografen werden zwar nicht gänzlich entfallen, können aberabgemildert werden, wenn die Presse zur Bebilderung von Berichten auch beiBegleitpersonen auf früher hergestellte Fotos zurückgreifen darf. Dadurch wird dem Anliegendes Persönlichkeitsschutzes und der Pressefreiheit gleichermaßen genügt.

(4) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hätten die Gerichte im Einzelfall prüfen müssen,ob das Persönlichkeitsrecht des Klägers trotz Wahl eines kontextneutralen Fotos in einer vonder Pressefreiheit nicht mehr gedeckten Weise verletzt worden ist. Der Umstand, dass nur derKläger abgebildet war, hätte keine ausschlaggebende Bedeutung gehabt (siehe oben aa). Beider Bewertung der Intensität des Eingriffs hätten die Gerichte auch berücksichtigen müssen,dass das Foto im Zusammenhang eines Berichts über ein Ereignis genutzt wurde, bei dem derKläger Prinzessin Caroline von Monaco nicht nur begleitet hatte, sondern das ihn selbst zueiner aufsehenerregenden Tat, dem “Prügeln” eines Kameramanns, verleitet hatte. Er hattealso über die bloße Begleitung hinaus aus der Begleitsituation heraus selbst ein Ereignisgeschaffen, an dem die Presse ein eigenständiges Veröffentlichungsinteresse hatte.Dementsprechend wurde im Innenteil der Zeitschrift über dieses Ereignis berichtet und derAußentitel spielte – auch durch die Bezeichnung “Prügelprinz” – auf das Verhalten des Klägersan, das im Innenteil der Zeitschrift in größerem Zusammenhang thematisiert wurde. Wenn dasLandgericht die Veröffentlichung des neutralen Fotos für rechtswidrig hielt, aber ausführte,eine Berichterstattung auf dem Titel über die strafbaren Tätlichkeiten des Klägers – alsoInformationen mit einem erheblich intensiveren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht – wärezulässig gewesen, dann wird auch daran ein Defizit bei der Abwägung deutlich (vgl. zusolchen Konfliktlagen auch Frömming/Peters, NJW 1996, S. 958 <961>). Allein dem Umstand,dass der Kläger ohne die begleitete Person abgebildet worden ist, wird in formalerBetrachtungsweise ein größeres Verletzungsgewicht beigemessen als dem ausdrücklichenBezug auf eine Straftat.

(5) Die einzelfallbezogene Prüfung einer Persönlichkeitsverletzung hat sich nicht schondeshalb erübrigt, weil über ein Sonderproblem zu entscheiden war, nämlich über die Frage,ob eine Veröffentlichung eines Portraitfotos auch dann zulässig ist, wenn dieses gesonderteFoto nicht in dem Artikel selbst, sondern davon abgelöst auf dem Titelblatt erscheint. DieGerichte haben insoweit darauf abgestellt, dass der bebilderte Text auf der Titelseite keinenzwingenden Zusammenhang mit dem Wortbericht dergestalt habe, dass beide nur imZusammenhang wahrgenommen würden. Vielmehr werde von vielen Interessenten am Kiosknur die Titelseite gesehen, die somit eigenständige Bedeutung habe. Auf ihr aber wurde nichtüber ein Ereignis berichtet. Diese Betrachtungsweise trägt der Eigengesetzlichkeitpressemäßiger Betätigung nicht hinreichend Rechnung.Titelseiten haben die Funktion der Aufmerksamkeitsbindung und der Weckung von Neugier(vgl. zur besonderen Bedeutung des Titelblatts auch BVerfGE 97, 125 <144>). Sie könnennaturgemäß den Artikel selbst nicht schon auf der Titelseite bringen. Die Titelankündigungund der Artikel stehen im Zusammenhang miteinander. Bei der Wortberichterstattung ist eineentsprechende Zusammenschau jedenfalls von Zeitungsüberschrift und dem dazugehörigenZeitungsbericht anerkannt (vgl. nur OLG Köln, AfP 1985, S. 295 <296>). Für Titelblatt und Textim Innenteil einer Zeitschrift kann nichts anderes gelten (vgl. BVerfG, 1. Kammer des ErstenSenats, NJW 2001, S. 61 ff.). Jedenfalls dann, wenn – wie hier – auf dem Titelblatt dieHauptperson und die Begleitperson gleichermaßen, wenn auch auf getrennten Bildern,abgebildet werden und, wie bei Titeln üblich, auf einen beide verbindenden Artikelverwiesen wird, und wenn diese Verbindung auch im Text der Schlagzeile zum Ausdruckkommt (“Caroline und ihr Prügel-Prinz – Werden brutale Männer mehr geliebt?”), besteht einhinreichender Zusammenhang zwischen dem Foto und der Berichterstattung über dasEreignis im Zusammenhang der Begleitsituation. Bejaht man einen solchen Kontext zwischenTitel und Bericht, so dürfte als Ereignis der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUGneben der Begleitsituation selbst auch der tätliche Angriff des Klägers auf einen Kameramannanzusehen sein, der ebenfalls eine Visualisierung rechtfertigt, zumindest in Form einesPortraitfotos. Die Gerichte haben nicht dargetan, dass eine zusätzliche Verletzung desPersönlichkeitsrechts allein durch Verwendung des kontextneutralen Fotos erfolgt ist.

cc) Auch in dem Verfahren 1 BvR 2109/99 haben die Gerichte der Pressefreiheit nichthinreichend Rechnung getragen.Gegenstand der Berichterstattung war das gleiche Ereignis wie auch im Verfahren 1 BvR1918/98, der tätliche Angriff auf einen Kameramann. Die Berichterstattung unter Verwendungdes Bildnisses des Klägers betraf nicht nur auf Grund der allgemeinen Begleitsituation,sondern auch auf Grund der in dem Begleitkontext erfolgten strafbaren Gewalttätigkeit desKlägers ein Informationsinteresse der Presse. Die Beschwerdeführerin war auch hier nicht aufdie Verwendung eines Fotos von diesem Ereignis begrenzt. Die Gerichte haben nicht inverfassungsrechtlich tragfähiger Weise begründet, warum die Veröffentlichung der bei einemanderen Anlass gefertigten Abbildung des Klägers ihn in seinem Persönlichkeitsrecht stärkerbeeinträchtigte als die eines Fotos aus der konkreten Situation.Gibt es kontextbezogene Fotos über ein berichtensfähiges Ereignis, so dürfen sieveröffentlicht werden. Gleiches gilt aber für Fotos aus anderem Kontext mit einem dem neuenSachzusammenhang gerecht werdenden Aussagegehalt, wenn dadurch keine zusätzlichePersönlichkeitsverletzung bewirkt wird. Das Grundgesetz schützt vor verfälschendenDarstellungen der Presse, verleiht dem Einzelnen aber nicht einen Anspruch darauf, in derÖffentlichkeit in einer bestimmten Weise dargestellt zu werden (vgl. BVerfGE 99, 185 <194>).Erst recht hat er keinen Anspruch darauf, auf die Rahmendetails einer Abbildung Einfluss zunehmen, wenn sein Persönlichkeitsrecht durch jene nicht eigenständig verletzt werden kann.Zulässig ist deshalb auch die Verwendung kontextgerechter Fotos, die aus einem anderenZusammenhang stammen. Soweit die Gerichte in dem Verfahren 1 BvR 2109/98 daraufabgestellt haben, dass das Foto das zeitgeschichtliche Ereignis im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz1 KUG, zu dessen Illustration die Aufnahme diene, nämlich die körperlicheAuseinandersetzung des Klägers mit einem ihm lästigen Kameramann, nicht darstelle, kanndies nicht maßgeblich sein. Entscheidend ist, ob die konkrete Bildberichterstattung eine überdie von einer zulässigen Abbildung hinausgehende Verletzung des Persönlichkeitsrechtsbewirkt. Dies dürfte im Regelfall ausscheiden, wenn das verwendete Bild kontextneutral oderkontextgerecht ist, also die Aussage nicht verfälscht. Die Gerichte hätten daher darlegenmüssen, worin die Persönlichkeitsverletzung liegt, wenn das streitgegenständliche Foto denKläger – keineswegs unvorteilhaft – in einem Smoking zeigt und das Ereignis, über das in demArtikel berichtet wurde, im Anschluss an ein festliches Ereignis erfolgte (Galaveranstaltung).Insbesondere hätte erwogen werden müssen, wieso dieses Foto den Kläger stärkerbeeinträchtigt als etwa das (nicht beanstandete) Foto, das den Kläger im Zusammenhang mitder körperlichen Auseinandersetzung mit dem Kameramann zeigt und damit den Bezug zurStraftat deutlich versinnbildlicht.

dd) Auch in dem Verfahren 1 BvR 1857/98 haben die Gerichte die verfassungsrechtlichenAnforderungen an die Abwägung von Pressefreiheit und Persönlichkeitsschutz verkannt.In diesem Verfahren stellte sich die besondere Frage, ob die geschilderten Grundsätze überdie Verwendung von kontextneutralen Fotos auch bei Darstellungen Anwendung finden, diereale und der Realität angenäherte fiktive Ereignisse zu einer satirisch geprägten Glosseverbinden und diese mit einem Foto nur der Begleitperson illustrieren. Betroffen ist einneutrales Portraitfoto des Klägers, mit dem ein glossierender Bericht über ihn und PrinzessinCaroline von Monaco bebildert wurde. Das Oberlandesgericht spricht ihm den Charakter derBerichterstattung über ein Ereignis ab, da es sich um eine Satire über”Beziehungsgeschichten” in der Unterhaltungspresse gehandelt habe.Der Bericht gilt – anders als in den übrigen Fällen – nicht einer Ereignisberichterstattung imengeren Sinne. Er enthält eine ereignisbezogene Glosse über den Kläger und die Prinzessin.Dies allein kann aber aus verfassungsrechtlicher Sicht eine abweichende Beurteilung nichtrechtfertigen. Die Presse darf selbst über die Art der Darstellung entscheiden (vgl. BVerfGE101, 361 <389>). Auch die Form der Glosse gehört zu den pressegemäßen Darstellungsformen,deren Nutzung deshalb am Maßstab der Pressefreiheit zu beurteilen ist. Eine satirisch-glossierende Verarbeitung von Ereignissen, über die früher in der Presse berichtet worden ist,genießt unter dem Gesichtspunkt der Pressefreiheit ebenso Schutz wie die üblicheEreignisberichterstattung. Ist das Interesse der Presse an der Bebilderung von Ereignissengrundsätzlich anzuerkennen, bedarf es der Begründung, warum dies bei einerereignisbezogenen Glosse anders sein soll. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts könntedahin zu verstehen sein, dass der Ereignischarakter wegen des nur auf Unterhaltungausgerichteten Gegenstandes verneint wurde. Dies wäre verfassungsrechtlich nicht tragfähig.Sollte aber die Anwendbarkeit der §§ 22 f. KUG grundsätzlich zu bejahen sein, wäre nach denoben entwickelten Grundsätzen die Veröffentlichung eines Portraitfotos des Klägers ausverfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

3. Demgegenüber scheidet die Annahme der Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerinzu 1 im Verfahren 1 BvR 758/97 aus. Die Untersagung der Veröffentlichung des hier in Redestehenden Portraitfotos verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihrer Pressefreiheit, einerleiaus welchem Kontext das Foto stammt.Entsprechend den obigen Ausführungen ist der Pressefreiheit insbesondere bei derInterpretation der “Bildnisse der Zeitgeschichte” im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG Rechnungzu tragen. Der Begriff der Zeitgeschichte wird vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit herbestimmt. Vor diesem Hintergrund ist es auch in diesem Fall verfassungsrechtlichunbedenklich, dass die Gerichte es ablehnen, den Kläger als absolute Person derZeitgeschichte anzusehen.Anders als in den Fällen der Beschwerdeführerinnen zu 2 bis 5 ist es verfassungsrechtlichauch nicht zu beanstanden, dass der Kläger nicht als relative Person der Zeitgeschichtebehandelt und dass die Veröffentlichung des Bildnisses als rechtswidrig angesehen wordenist. Voraussetzung der Befugnis zur Bildnisveröffentlichung in den von derBegleiterrechtsprechung der Fachgerichte erfassten Fällen ist, dass über das Ereignis einervertrauten Begleitung einer absoluten Person der Zeitgeschichte berichtet wird. Vorliegendgehörte das Foto des Klägers zu einem Zeitschriftenartikel, der lediglich eine Spekulationdarüber enthielt, ob Prinzessin Caroline von Monaco und der Kläger möglicherweise diskretin Asien gewesen waren und in Hotels in Bangkok und Rangun übernachtet hatten. ImZeitpunkt der Veröffentlichung war die Verbindung der beiden offenbar noch nicht öffentlichbekannt. Jedenfalls hat die Beschwerdeführerin in dem Artikel selbst nicht beansprucht, überein Ereignis berichtet zu haben. Die bloße Spekulation darüber, eine absolute Person derZeitgeschichte könnte ein bestimmtes Ereignis verwirklicht haben, rechtfertigt jedoch nichteine Bebilderung mit dem Foto einer Person, über deren Teilhabe an dem Ereignis ebenfallsspekuliert wird. Zwar ist in solchen Fällen eine Bebilderung mit einem Bildnis der absolutenPerson der Zeitgeschichte nicht von vornherein ausgeschlossen. Aus dem Grundrecht derPressefreiheit lässt sich jedoch kein Recht der Presse auf eine einwilligungsfreieVeröffentlichung des Bildnisses einer Person herleiten, deren zeitgeschichtliche Bedeutungnach dem Stand der Recherchen der Presse und nach dem Inhalt des Berichts im Zeitpunktder Veröffentlichung nicht feststand. Ein Ereignis der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1Nr. 1 KUG ist nicht der Bericht der Presse, sondern das darin Berichtete. Ist dieses nurspekulativer Natur, so rechtfertigt es nicht eine Beeinträchtigung des Rechts am Bildnis einerPerson, auf die sonst kein hinreichendes Informationsinteresse gerichtet ist.

4. Soweit in den Verfassungsbeschwerden teilweise neben der Verletzung des Grundrechtsauf Pressefreiheit auch eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1GG und Art. 12 GG geltend gemacht wird (1 BvR 758/97 sowie 1 BvR 1918/98), kanndahinstehen, ob die Verfassungsbeschwerden insoweit überhaupt hinreichend begründetworden sind (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Jedenfalls ergeben sich diesbezüglich keineAnhaltspunkte für Grundrechtsverstöße.

5. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Gerichte in den Fällen derBeschwerdeführerinnen zu 2 bis 5 bei Berücksichtigung der sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GGergebenden Vorgaben zu anderen Ergebnissen gekommen wären, beruhen dieEntscheidungen auf dem Verfassungsverstoß und unterliegen deshalb der Aufhebung. DieEntscheidung über die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerinnen folgt aus § 34 aAbs. 2 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.