Das Europäische Parlament hat seine Position für die zukünftigen Verhandlungen über die vorgeschlagene Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) am 1. Juni 2023 mehrheitlich festgelegt. Dabei plädierte es größtenteils für eine Verschärfung des Richtlinienvorschlags der EU-Kommission. Diese hatte ihren Vorschlag für eine Direktive zur unternehmerischen Nachhaltigkeitssorgfaltspflicht am 23. Februar 2022 vorgelegt.
Der Vorschlag der Kommission betrifft vor allem die Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt in der Lieferkette. Diese ähneln den Verpflichtungen, die im deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) festgelegt sind. Hauptelemente dieser Pflichten sind die Identifizierung, Prävention, Milderung oder Beendigung aktueller oder potenzieller negativer Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt, die im eigenen Betrieb, in den Tochterunternehmen und in der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens auftreten können.
Mit der Festlegung seiner Position hat das EU-Parlament deutlich gemacht, dass es bei der geplanten Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) weitreichende Verschärfungen im Vergleich zum ursprünglichen Richtlinienvorschlag der EU-Kommission unterstützt.
Das Europaparlament hat vorgeschlagen, den Anwendungsbereich der Sorgfaltspflichten signifikant zu erweitern. Es sieht vor, dass alle Unternehmen mit Sitz in der EU, die mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigen und einen weltweiten Umsatz von über 40 Millionen Euro erzielen, sowie Muttergesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem weltweiten Umsatz von über 150 Millionen Euro den Pflichten unterliegen sollen. Dies stellt eine erhebliche Ausweitung gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission dar, die diese Schwelle nur für Unternehmen in bestimmten Hochrisikosektoren festgelegt hatte. Für alle anderen Unternehmen schlug die Kommission die Schwellenwerte vor, die das Europaparlament nun für Muttergesellschaften festlegen möchte, ohne jedoch eine Konzernzurechnung vorzusehen.
Des Weiteren plädiert das Parlament dafür, dass auch Nicht-EU-Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro die Sorgfaltspflichten erfüllen müssen. Dies gilt jedoch nur, wenn sie mindestens 40 Millionen Euro Umsatz in der EU erzielen. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission.
Aus Sicht der in Deutschland ansässigen Unternehmen würde die CSDDD zu einem “level playing field” führen, da das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) nur auf in Deutschland ansässige Unternehmen oder Unternehmen mit einer Zweigniederlassung in Deutschland anwendbar ist und nicht auf andere ausländische Unternehmen. Mit der Umsetzung der CSDDD würde sich allerdings auch in Deutschland der Kreis der betroffenen Unternehmen erheblich erweitern, da die oben genannten Unternehmen bisher nur dann unter das LkSG fallen, wenn sie mehr als 3.000 (oder ab 1. Januar 2024 mehr als 1.000) Mitarbeiter im Inland beschäftigen.
Die Unternehmen sollen zukünftig dazu verpflichtet werden, eine Strategie und einen Geschäftsplan zu entwickeln und umzusetzen, die mit den Zielen einer nachhaltigen Wirtschaft, der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C gemäß dem Pariser Abkommen und dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 übereinstimmen. Bei Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern soll die Erfüllung dieses Plans Einfluss auf die variable Vergütung der Direktoren haben.
Der Verhandlungsstand ist derzeit noch unsicher. Der EU-Rat hat bereits im November 2022 seine Position festgelegt und sich für einige Erleichterungen im Vergleich zum Vorschlag der EU-Kommission ausgesprochen. Nach der Stellungnahme des Europäischen Parlaments können nun die Trilog-Verhandlungen beginnen. Es bleibt jedoch unklar, welche spezifischen Inhalte die endgültige Fassung der CSDDD haben wird, insbesondere in Bezug auf Sanktionen und Haftung. Politische Diskussionen und Kontroversen begleiten das Regulierungsprojekt weiterhin.
Die Unternehmen können jedoch voraussichtlich mit einer Umsetzungsfrist von mehreren Jahren rechnen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie in der Zwischenzeit keine weiteren Maßnahmen ergreifen müssen. Die CSDDD ist Teil einer Reihe von Maßnahmen, die die EU-Kommission im Rahmen ihres Aktionsplans Sustainable Finance im Jahr 2018 angekündigt hat. Weitere Schritte, wie die EU-Taxonomie und die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung, sind bereits umgesetzt oder stehen kurz vor der Umsetzung in nationales Recht. Beispielsweise hat die Anfang 2023 in Kraft getretene Corporate Sustainability Reporting Directive den Kreis der zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichteten Unternehmen erheblich erweitert. In Deutschland sind künftig etwa 15.000 Unternehmen betroffen, europaweit sogar über 50.000, einschließlich Unternehmen außerhalb der EU.