Die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber markiert einen Wendepunkt in der Sozialpolitik Deutschlands – und ist gleichzeitig zum Zankapfel in politischen, juristischen und gesellschaftlichen Debatten geworden. Was vordergründig als administrative Erleichterung und Schutz vor Missbrauch staatlicher Gelder präsentiert wird, entfaltet bei genauerer Betrachtung eine weitaus tiefere Dimension. Denn es geht um mehr als nur um die Frage, wie Asylbewerber ihre Leistungen empfangen: Es geht um Selbstbestimmung, finanzielle Eigenverantwortung und den feinen Balanceakt zwischen Kontrolle und Freiheit.
Die Idee hinter der Bezahlkarte mag simpel erscheinen: Anstelle von Bargeld erhalten Geflüchtete ihre monatlichen Unterstützungsleistungen auf eine Karte, die nur innerhalb Deutschlands und für festgelegte Zwecke genutzt werden kann. Doch diese Einschränkungen, die für die staatlichen Akteure als notwendiger Schutz vor missbräuchlicher Verwendung gelten, werden von vielen als Eingriff in die persönliche Autonomie der Betroffenen gewertet. Die Kritiker sprechen von Bevormundung und sozialer Kontrolle, während die Befürworter Effizienz und Transparenz preisen. Gerade in einer Zeit, in der der gesellschaftliche Diskurs über Migration und Integration ohnehin polarisiert ist, fungiert die Bezahlkarte als eine Art Brennglas für grundsätzliche Fragen nach der gerechten Behandlung von Schutzsuchenden.
Diese Einführung beleuchtet somit die zentralen Spannungsfelder: Wie viel Kontrolle ist notwendig, um Missbrauch zu verhindern, und ab wann wird diese Kontrolle zu einer Form von Entmündigung? Welche Rechte stehen Asylbewerbern zu, und wie weit darf der Staat in ihre finanzielle Freiheit eingreifen? Die Bezahlkarte für Asylbewerber ist damit nicht nur eine neue Form der Leistungsgewährung, sondern auch ein Spiegelbild der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung um Migration, Integration und Gerechtigkeit.
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Am 16. Mai 2024 trat eine Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in Kraft, die eine Bezahlkarte für Asylbewerber rechtlich verankerte und eine neue Ära der Leistungsgewährung einläutete. Während das System auf Effizienz und Kontrolle abzielt, hat es gleichzeitig eine sehr intensive Debatte um die Grundrechte der Betroffenen sowie deren finanzielle Selbstbestimmung ausgelöst.
Der Gesetzgeber begründete die Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes mit der Notwendigkeit, eine einheitliche, transparente und kontrollierbare Struktur für die Gewährung staatlicher Leistungen an Asylsuchende zu schaffen. Bis zur Änderung des Gesetzes war die gängige Praxis der Unterstützung entweder durch Bargeld oder Sachleistungen geregelt, wobei die Wahl der Leistungsform oft von den Unterbringungsbedingungen der Asylbewerber abhing. Mit der Einführung der Bezahlkarte hat der Gesetzgeber nun eine neue Leistungsform geschaffen, die den bisherigen Modellen an die Seite tritt und in einigen Fällen ersetzt. Hintergrund dieser Reform war eine Übereinkunft zwischen der Bundesregierung und den Ministerpräsidenten der Länder im November 2023, in der die Notwendigkeit eines effizienteren Systems der Leistungsgewährung erörtert wurde. Insbesondere das Ziel, den Verwaltungsaufwand bei der Auszahlung von Asylbewerberleistungen zu reduzieren und die missbräuchliche Verwendung staatlicher Gelder, etwa durch Überweisungen ins Ausland, zu unterbinden, stand im Mittelpunkt der Gesetzesinitiative.
Die Bezahlkarte stellt einen Paradigmenwechsel in der Verwaltung von Asylbewerberleistungen dar. Anstatt Bargeld in die Hände der Geflüchteten zu geben, wird ein monatliches Guthaben auf die Karte geladen, das ausschließlich in Geschäften innerhalb Deutschlands verwendet werden kann. Die rechtlichen Bestimmungen des reformierten AsylbLG sehen hierbei vor, dass die Bezahlkarte keine Verbindung zu einem Bankkonto hat und somit weder Überweisungen ins Ausland noch Kartenzahlungen für Online-Shopping ermöglicht werden. Der Fokus liegt darauf, die staatlichen Mittel für den Zweck der Lebenshaltung in Deutschland einzusetzen und potenzielle Transferverluste ins Ausland zu verhindern.
Diese strikten Einschränkungen sollen sicherstellen, dass die Asylbewerberleistungen nicht für unerwünschte Zwecke genutzt werden. Der Gesetzgeber hat jedoch auch eine begrenzte Bargeldoption vorgesehen, um den Betroffenen eine gewisse Flexibilität zu ermöglichen: Pro Monat kann ein Betrag von bis zu 50 Euro in bar abgehoben werden.
Während das AsylbLG den Rahmen für die Nutzung der Bezahlkarte vorgibt, haben die einzelnen Länder weiterhin die Möglichkeit, eigene Schwerpunktsetzungen vorzunehmen. So können die Länder unter anderem darüber entscheiden, wie hoch der monatlich abhebbare Bargeldbetrag ist und welche Einschränkungen in Bezug auf die Nutzung der Karte gelten.
Diese föderale Flexibilität hat dazu geführt, dass die Bezahlkarte in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich umgesetzt wird. In Bayern etwa wurde die Karte im Rahmen eines Pilotprojekts in mehreren Kommunen eingeführt, wobei die Bargeldabhebung strikt auf 50 Euro pro Monat begrenzt ist. Andere Bundesländer, wie Hamburg, haben dagegen großzügigere Regelungen getroffen und ermöglichen es den Asylbewerbern, mehr Bargeld abzuheben oder die Karte in größerem Umfang zu nutzen.
Die gesellschaftliche Debatte um die Bezahlkarte ist eng mit der Frage nach der Selbstbestimmung und Teilhabe der Asylbewerber verknüpft. Menschenrechtsorganisationen, wie PRO ASYL, kritisieren die Karte als Instrument der staatlichen Kontrolle, das die Geflüchteten in ihrer wirtschaftlichen Autonomie einschränke. Die Begrenzung der Bargeldabhebungen sowie die regionale Beschränkung der Karte erschweren es den Betroffenen, selbstbestimmt über ihre Finanzen zu verfügen. Zudem wird bemängelt, dass die Karte nicht für Online-Einkäufe genutzt werden kann, was insbesondere in ländlichen Gebieten problematisch sei, in denen die Anzahl der Geschäfte, die Kartenzahlung akzeptieren, begrenzt ist.
Politisch wird die Bezahlkarte von den Befürwortern als effizientes und sicheres Instrument gelobt. Es diene nicht nur der besseren Kontrolle der Asylbewerberleistungen, sondern reduziere auch den Verwaltungsaufwand der Kommunen. So müssten diese nicht mehr in regelmäßigen Abständen Bargeld an die Asylbewerber auszahlen, sondern könnten die Leistungen digital und automatisiert auf die Karten buchen.
Die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber hat von Beginn an eine überaus kontroverse rechtliche Debatte ausgelöst, in der vor allem die Begrenzung von Bargeldabhebungen und die Nutzungseinschränkungen der Karte im Mittelpunkt standen. Das Sozialgericht München (SG München) hat sich in einem Beschluss vom 04.09.2024 (Az. S 52 AY 65/24 ER) ausführlich mit der Rechtmäßigkeit dieser Einschränkungen befasst und dabei die Position der Behörden gestützt.
Im Mittelpunkt der Entscheidung des SG München standen die Beschwerden einer Frau aus Sierra Leone und ihrer Tochter, die sich gegen die Einführung der Bezahlkarte als primäre Form der Leistungsgewährung wandten. Die Antragstellerin, die seit August 2023 in Deutschland lebt und im Februar 2024 einen Asylantrag gestellt hatte, machte geltend, dass sie aufgrund ihrer persönlichen Umstände auf Bargeld angewiesen sei. Insbesondere argumentierte sie, dass die Bargeldbegrenzung von 50 Euro pro Monat für sie eine erhebliche Einschränkung darstelle, da sie häufig auf Taxifahrten zu Arztterminen angewiesen sei, die nur in bar bezahlt werden könnten. Zusätzlich wies sie darauf hin, dass sie auf Flohmärkte und günstige Online-Shops angewiesen sei, um ihren Lebensunterhalt günstiger zu gestalten, was mit der Bezahlkarte nicht möglich sei.
Letztlich verwies die Antragstellerin auf ihre Sehbehinderung, die es ihr erschwere, die von der Behörde bereitgestellten Informationen zur Nutzung der Bezahlkarte zu lesen. Sie führte an, dass sie als Analphabetin die Hinweise zur Funktionsweise der Karte nicht richtig habe verstehen können und dass sie daher keine informierte Zustimmung zur Nutzung der Bezahlkarte habe geben können.
Das SG München wies den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz der Antragstellerin ab und stützte dabei die Entscheidung der Behörden, die Leistungen über die Bezahlkarte abzuwickeln. In seinem Urteil stellte das Gericht fest, dass die Einführung der Bezahlkarte im Rahmen der Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) rechtmäßig sei und die damit verbundenen Einschränkungen, insbesondere die Bargeldobergrenze von 50 Euro, keine unzumutbare Belastung für die Antragstellerin darstellten.
Das Gericht argumentierte, dass die Bezahlkarte als rechtmäßige Form der Leistungsgewährung angesehen werden könne, solange die Grundversorgung der Asylbewerber gewährleistet sei. In einer Großstadt wie München sei es zudem ohne größere Schwierigkeiten möglich, Einkäufe in Geschäften zu tätigen, die Kartenzahlung akzeptieren. Die Tatsache, dass einige kleinere Geschäfte oder Märkte nur Bargeld annehmen, wurde als zumutbare Einschränkung bewertet.
Besonders interessant ist, dass das SG München in seinem Urteil explizit auf den Zweck der Verhinderung missbräuchlicher Ausgaben verwies. Die Einführung der Bezahlkarte sei ein legitimes Mittel, um sicherzustellen, dass die Asylbewerberleistungen nur für den vorgesehenen Zweck – die Sicherung des Existenzminimums – verwendet würden. Hierbei sei es auch zulässig, die Möglichkeit von Überweisungen ins Ausland auszuschließen, um zu verhindern, dass staatliche Gelder für unerwünschte Zwecke, wie etwa die Finanzierung von Schleusern, genutzt werden.
Die zentrale Frage in diesem Verfahren war, ob die Begrenzung der Bargeldabhebungen auf 50 Euro pro Monat eine unverhältnismäßige Einschränkung darstellt. Das SG München bejahte die Verhältnismäßigkeit der Bargeldobergrenze und argumentierte, dass der monatliche Betrag von 50 Euro pro Person ausreichend sei, um den Bedarf an Bargeld zu decken. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin zusammen mit ihrer Tochter monatlich insgesamt 100 Euro in bar abheben könne, wurde als nicht gering eingestuft, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin bereits Sachleistungen für Sommerkleidung im Wert von über 600 Euro erhalten hatte.
Das Gericht betonte zudem, dass die Bezahlkarte den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Sicherung des Existenzminimums entspreche. Es stellte klar, dass das Existenzminimum nicht zwingend durch Bargeldleistungen, sondern auch durch Sachleistungen oder Dienstleistungen gewährleistet werden könne. Die Möglichkeit, einen begrenzten Betrag in bar abzuheben, reiche aus, um sicherzustellen, dass die Antragstellerin ihre täglichen Bedürfnisse auch in den Fällen decken könne, in denen Kartenzahlung nicht möglich sei.
Interessant ist der Vergleich mit dem Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom Juli 2024, das zu einer anderen Bewertung der Bargeldbegrenzung gekommen war. Das SG Hamburg hatte entschieden, dass eine pauschale Begrenzung auf 50 Euro pro Monat rechtswidrig sei, da sie die individuelle Lebensgestaltung der Betroffenen unverhältnismäßig einschränke, weshalb in der Konsequenz die Bargeldgrenze auf der Hamburger Bezahlkarte (SocialCard) erhöht wurde (SG Hamburg, Beschluss v. 18.07.2024, Az.: S 7 AY 410/24 ER). Das SG München kam jedoch zu dem gegenteiligen Schluss, dass die pauschale Bargeldbegrenzung verfassungsgemäß und verhältnismäßig sei, solange die Grundbedürfnisse der Betroffenen auf andere Weise gesichert seien.
Ein weiterer zentraler Aspekt des Verfahrens war die Frage, ob die Behörden bei der Einführung der Bezahlkarte ihren Ermessensspielraum korrekt genutzt hatten. Die Antragstellerin argumentierte, dass die Behörde einen Ermessensausfall begangen habe, da sie die Entscheidung, Leistungen nur über die Bezahlkarte zu gewähren, ohne eine individuelle Prüfung ihrer persönlichen Umstände getroffen habe.
Das Gericht wies dieses Argument zurück und stellte fest, dass die Behörde bei der Entscheidung über die Form der Leistungsgewährung einen rechtlich zulässigen Ermessensspielraum habe. In diesem Fall sei das Ermessen korrekt ausgeübt worden, da die Behörde sowohl die Sachlage als auch die gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt habe. Es sei nicht erforderlich, dass die Behörde in jedem Einzelfall eine detaillierte Prüfung der individuellen Bedürfnisse der Betroffenen vornehme, solange die Leistungen im Einklang mit dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden.
Die Folgenabwägung des Gerichts fiel ebenfalls zugunsten der Behörden aus. Das öffentliche Interesse an einer effizienten Verwaltung der Asylbewerberleistungen und der Vermeidung von Missbrauch überwog das individuelle Interesse der Antragstellerin an einer großzügigeren Bargeldgewährung. Die Verwaltungsvereinfachung durch die Bezahlkarte sei ein legitimes Ziel, das die Einschränkungen der Antragstellerin rechtfertige.
Die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber wurde von staatlicher Seite als bedeutender Schritt zur Vereinfachung der Verwaltung und Vermeidung von Missbrauch gelobt. Doch dieser Ansatz ist keineswegs unumstritten. Insbesondere Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsverbände kritisieren die Bezahlkarte scharf und stellen die Frage, ob diese Form der Leistungsgewährung nicht einen gravierenden Eingriff in die Selbstbestimmung der Betroffenen darstellt. Die zentrale Kritik betrifft vor allem die Bargeldobergrenze, die regionale Beschränkung der Karte und den eingeschränkten Zugang zu Online-Einkäufen.
Die wohl heftigste Kritik richtet sich gegen die Bargeldobergrenze. Diese Beschränkung wird von Kritikern als zu restriktiv angesehen, da sie den finanziellen Spielraum der Betroffenen drastisch einschränkt. Im Alltag vieler Asylbewerber – gerade in ländlichen Gegenden oder in kleineren Geschäften, die oft keine Kartenzahlung akzeptieren – ist Bargeld unverzichtbar. Auch auf Flohmärkten, bei Taxis oder in kleinen Läden bleibt die Zahlung mit Karte oft unmöglich.
Die Bezahlkarte reduziert somit die finanzielle Flexibilität, die für viele Asylbewerber essenziell ist, um günstigere Alternativen im Alltag wahrnehmen zu können. Eine Familie, die auf Second-Hand-Waren oder preiswerte Lebensmittel von Märkten angewiesen ist, wird mit 50 Euro Bargeld monatlich kaum auskommen. Für viele Kritiker stellt diese Obergrenze daher einen massiven Eingriff in die Autonomie der Asylbewerber dar, da sie nicht mehr selbstbestimmt entscheiden können, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten. Auch die Subjektivität der Bedürfnisse der Menschen wird dabei außer Acht gelassen, da jeder unterschiedliche Wege findet, seinen Alltag zu organisieren und finanzielle Prioritäten zu setzen.
Ein weiteres Problem ist die regionale Beschränkung der Bezahlkarte, die in einigen Bundesländern gilt. In Bayern beispielsweise kann die Karte nur in bestimmten Postleitzahlengebieten genutzt werden. Diese geografische Begrenzung, die eigentlich dazu dienen soll, Missbrauch zu verhindern, schränkt die Bewegungsfreiheit der Asylbewerber erheblich ein. Für Betroffene bedeutet dies, dass sie ihre Karte nicht frei nutzen können, um auch außerhalb ihres unmittelbaren Umfelds einzukaufen oder notwendige Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.
Diese Einschränkung trifft vor allem Asylbewerber, die auf Dienstleistungen angewiesen sind, die nur in weiter entfernten Regionen angeboten werden. Zudem wird argumentiert, dass die Beschränkung der Bezahlkarte auch ein Hindernis für die sozialen Kontakte der Asylbewerber darstellt, da diese möglicherweise Verwandte oder Freunde in anderen Städten nicht besuchen können, ohne mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert zu werden. Hier wird das Recht auf Freizügigkeit indirekt eingeschränkt. Ein weiteres Argument betrifft den eingeschränkten Zugang der Bezahlkarte zu Online-Einkäufen. Gerade der Kauf von Gebrauchtwaren oder preisgünstigen Haushaltsgegenständen ist häufig nur über Plattformen wie eBay möglich. Die Einschränkung der Bezahlkarte auf stationäre Einkäufe schneidet die Betroffenen von diesen Möglichkeiten ab.
Ein häufig übersehener, aber ebenso gravierender Kritikpunkt betrifft die Stigmatisierung durch die Bezahlkarte selbst. Anders als herkömmliche Bankkarten trägt die Bezahlkarte für Asylbewerber oft keine Namen und unterscheidet sich optisch deutlich von anderen gängigen Zahlungskarten. Dies kann dazu führen, dass Asylbewerber beim Bezahlen identifiziert und möglicherweise diskriminiert werden.
Für die Betroffenen bedeutet dies nicht nur eine psychische Belastung, sondern auch die Gefahr, dass sie im Alltag regelmäßig mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert werden. Die Bezahlkarte wird somit zu einem sichtbaren Symbol für ihre rechtliche und soziale Sonderstellung, was den Integrationsprozess zusätzlich erschweren kann. Diese sichtbare Kennzeichnung der Bezahlkarte wird von vielen Menschenrechtsorganisationen als unnötig und diskriminierend empfunden, da sie die sozialen Barrieren für Asylbewerber erhöht und deren gesellschaftliche Teilhabe erschwert.
Im Kern zielt die Kritik an der Bezahlkarte jedoch auf die Frage, inwieweit der Staat das Recht hat, die Selbstbestimmung der Asylbewerber in solchem Ausmaß einzuschränken. Die Bezahlkarte wird als ein Instrument der staatlichen Kontrolle angesehen, das darauf abzielt, die Ausgaben der Betroffenen zu überwachen und zu regulieren. Befürworter argumentieren, dass dies notwendig sei, um Missbrauch zu verhindern und sicherzustellen, dass die staatlichen Leistungen ausschließlich für den vorgesehenen Zweck verwendet werden. Doch diese Sichtweise greift aus Sicht der Kritiker zu kurz.
Die Bezahlkarte für Asylbewerber ist indes ein Instrument der Bevormundung, das den Asylbewerbern die Möglichkeit nimmt, eigenverantwortlich über ihre finanziellen Mittel zu verfügen. Indem der Staat durch die Bezahlkarte die Verwendungszwecke und Nutzungsmöglichkeiten der Gelder stark einschränkt, verletzt er das grundlegende Prinzip der Selbstbestimmung und greift tief in die persönliche Autonomie der Asylbewerber ein. Besonders problematisch ist dies, wenn man bedenkt, dass Asylbewerber ohnehin schon stark auf staatliche Unterstützung angewiesen sind und in vielen Bereichen ihres Lebens kaum Freiheiten genießen. Die Bezahlkarte verstärkt dieses Gefühl der Ohnmacht und des Kontrollverlusts, womit auch jeglicher Versuch der Integration noch schwerer fallen wird.