Die Arbeitsunfähigkeit betrifft viele Arbeitnehmer und stellt die Unternehmen vor organisatorische Herausforderungen. In Deutschland erreichte die Zahl der Krankentage im Jahr 2023 einen historischen Höchststand. Deshalb ist es besonders wichtig, die rechtlichen Grundlagen zu kennen: Wann gilt ein Arbeitnehmer als arbeitsunfähig? Welche Pflichten hat er, wenn er krank wird? Und wie hat sich das Verfahren mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verändert? Die Antworten darauf gibt es in diesem Artikel.
Laut einem Bericht der DAK lag der Krankenstand in Deutschland 2023 im zweiten Jahr in Folge auf einem Rekordniveau. Im Vergleich zum Vorjahr gab es 13 Prozent mehr Ausfälle und mehr als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer war im Zeitraum von Januar bis Dezember mindestens einmal krankgeschrieben. Durchschnittlich fielen pro Kopf 20 Fehltage an, wobei sich besonders Atemwegserkrankungen wie Erkältungen, Bronchitis und Grippe für das hohe Krankheitsaufkommen verantwortlich zeichneten. Der Krankenstand betrug insgesamt 5,5 Prozent, was bedeutet, dass täglich 55 von 1.000 Arbeitnehmern krankgemeldet waren.
Deutliche Unterschiede zeigen sich zwischen den Berufsgruppen. In der Informatik und Kommunikationstechnologie lag der Krankenstand mit 3,7 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt, während in der Altenpflege und Kinderbetreuung die Werte mit 7,4 beziehungsweise 7,0 Prozent besonders hoch waren. Ein weiterer Grund für den Anstieg ist laut DAK-Vorstandschef Andreas Storm das elektronische Meldeverfahren, das seit 2022 etabliert ist und die Dunkelziffer bei Kurzzeiterkrankungen verringert hat.
Eine Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit die bisher ausgeübten Tätigkeiten nicht mehr verrichten kann oder die Ausführung mit der Gefahr verbunden ist, dass sich die Krankheit verschlimmert. Weiterhin besteht Arbeitsunfähigkeit auch, wenn durch eine bestehende Erkrankung, die alleine noch keine Arbeitsunfähigkeit rechtfertigen würde, absehbare gesundheitliche Probleme entstehen könnten, die eine Arbeitsunfähigkeit unmittelbar verursachen. Das bedeutet, dass gesetzlich nicht nur die aktuelle Unfähigkeit zur Arbeit, sondern auch präventive Gesundheitsaspekte berücksichtigt werden.
Diese Regelungen sind wichtig, um die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen und schon im Vorfeld gegen eine Verschlimmerung von Krankheiten vorzugehen. Doch welche Verpflichtungen ergeben sich daraus für den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer?
Laut § 5 Absatz 1 EntgFG müssen Arbeitnehmer dem Arbeitgeber das Fehlen und die voraussichtliche Dauer der Krankheit unverzüglich mitteilen. Der Arbeitsvertrag oder der Tarifvertrag können dafür auch noch zusätzliche Regelungen enthalten.
Üblicherweise erfolgt die Krankmeldung telefonisch zu Beginn des Arbeitstages. Alternativ ist es möglich, eine entsprechende E-Mail zu verfassen und sich auf diese Weise einen Nachweis über die Krankmeldung zu verschaffen. Vorsicht: Einige Unternehmen verlangen für die Meldung die Nutzung spezieller Melde-Tools. Die genaue Angabe, um welche Erkrankung es sich handelt, ist in der Regel nicht erforderlich. Eine Anzeigepflicht entsteht jedoch dann, wenn für Kollegen ein besonderes Ansteckungsrisiko besteht.
Ob und wann ein Attest erforderlich ist, richtet sich nach dem Arbeitsvertrag. Ist dort nichts geregelt, gilt, dass ein Attest laut § 5 Absatz 1 EntgFG vorgelegt werden muss, wenn die Krankheit länger als drei Kalendertage dauert – also spätestens am vierten Tag der Krankheit. Bei einer Krankheit ab Montag muss das Attest demnach bis spätestens Donnerstag ausgestellt werden. Liegt der vierte Tag auf einem arbeitsfreien Sonntag, reicht der nächste Arbeitstag aus.
Bei kurzfristigen Erkrankungen von ein oder zwei Tagen ist zumeist kein Arztbesuch erforderlich, es sei denn, der Arbeitgeber verlangt das ausdrücklich im Arbeitsvertrag. Wird diese Regelung missachtet, drohen Gehaltskürzungen und Abmahnungen oder sogar Kündigungen. Tipp: Ein kurzer Blick in den Arbeitsvertrag schafft Klarheit.
Mit dem dritten Bürokratie-Entlastungsgesetz wurde Ende 2019 der Übergang von der papierbasierten Krankmeldung zum digitalen Verfahren eingeleitet und die bisher erforderliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform, bekannt als „gelber Zettel“, durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ersetzt. Das neue System soll den Verwaltungsaufwand verringern und die Effizienz steigern:
Arbeitnehmer dürfen während ihrer Krankschreibung grundsätzlich allen Aktivitäten nachgehen, die den Heilungsprozess nicht beeinträchtigen, wie Einkaufen, Spazierengehen und Kinobesuche. Die Ausübung entgeltlicher Nebentätigkeiten ist jedoch strikt untersagt und kann bei Bekanntwerden zur Abmahnung oder Kündigung führen.
Reisen ist prinzipiell erlaubt, insbesondere wenn es der Genesung dient, wie beispielsweise ein Aufenthalt am Meer bei Bronchitis oder Asthma. Um Konflikte zu vermeiden, sollte die Reise allerdings vorher mit dem Arzt abgestimmt und zur Sicherheit beim Arbeitgeber bekannt gegeben werden. Wichtig: Bei einem Krankengeldbezug im Ausland ist die Zustimmung der Krankenkasse erforderlich, um weiterhin Zahlungen zu erhalten.
Während der ersten sechs Wochen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit erhalten Arbeitnehmer weiterhin ihr Gehalt vom Arbeitgeber als sogenannte Entgeltfortzahlung. Ab der siebten Woche zahlt die gesetzliche Krankenkasse Krankengeld, das 70 Prozent des Bruttogehalts beträgt, jedoch maximal 90 Prozent des Nettogehalts (§ 47 Absatz 1 SGB 5). Privatversicherte können zusätzlichen Anspruch auf Krankentagegeld haben.