Apple muss 13 Milliarden Steuern an Irland zahlen

Apple verliert milliardenschweren Steuerstreit vor dem EuGH: Der Technologieriese muss 13 Milliarden Euro Steuern zahlen, nachdem der EuGH das vorherige Urteil des EuG aufgehoben und entschieden hat, dass Apple durch rechtswidrige Steuervergünstigungen unzulässige Vorteile erlangt hat.

Im Jahr 2016 entfachte die Europäische Kommission einen der aufsehenerregendsten Steuerstreitigkeiten der jüngeren europäischen Geschichte: Es ging um die Frage, ob Irland dem US-Technologiekonzern Apple über viele Jahre hinweg unzulässige Steuervergünstigungen gewährt hatte. Kern des Vorwurfs war die Behauptung, dass die irischen Tochtergesellschaften Apple Sales International (ASI) und Apple Operations Europe (AOE) über Jahrzehnte hinweg von der irischen Steuerpolitik in einer Weise profitierten, die nach Ansicht der Kommission als staatliche Beihilfe zu werten sei. Diese Beihilfen wurden durch Steuervorbescheide ermöglicht, die Apple einen effektiven Steuersatz von nur 0,005 Prozent einräumten. Dies bedeutet, dass Apple von einer Million Euro Gewinn lediglich 50 Euro an den irischen Fiskus abführte.

I. Steuervergünstigungen für Apple in Irland

Die EU-Kommission sah darin einen Verstoß gegen die Binnenmarktvorschriften der Europäischen Union, die darauf abzielen, Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Beihilfen zu unterbinden. Die von Irland gewährten Steuererleichterungen hätten Apple gegenüber anderen Unternehmen in der Union einen nicht gerechtfertigten Vorteil verschafft. Aus Sicht der Kommission mussten diese Vergünstigungen als selektive Vorteile angesehen werden, die den Binnenmarkt und den freien Wettbewerb schädigten.

Als Konsequenz forderte die Kommission im Jahr 2016 von Irland, die unrechtmäßig gewährten Beihilfen in Höhe von 13 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen von Apple zurückzufordern. Diese Rückzahlungsforderung markierte nicht nur einen der größten Steuerfälle in der Geschichte der Europäischen Union, sondern löste auch eine langwierige juristische Auseinandersetzung aus, die sich durch mehrere Instanzen zog.

Gleichwohl wehrte sich Apple vehement gegen die Vorwürfe. Der Konzern argumentierte, dass die Gewinne der beiden irischen Tochtergesellschaften nicht in Irland zu versteuern seien, da die wirtschaftliche Wertschöpfung in den USA stattgefunden habe. ASI und AOE seien vorwiegend für den Vertrieb von Hardwareprodukten außerhalb der USA zuständig gewesen, während die Schaffung der entscheidenden immateriellen Vermögenswerte, wie Patente und Markenrechte, im Heimatland stattfand. Apple sah sich daher zu Unrecht doppelt besteuert, zumal es bereits in den USA Steuern auf die Gewinne gezahlt habe.

Diese Argumentation fand zunächst Unterstützung beim Gericht der Europäischen Union (EuG), das 2020 zugunsten von Apple entschied (EuG, Urt. v. 15.07.2020, Az. T‑778/16 u. T‑892/16). Das Gericht urteilte, dass die Europäische Kommission nicht hinreichend nachgewiesen habe, dass die irischen Steuerregelungen für Apple eine selektive Beihilfe darstellten. Vor allem die Frage, ob die Gewinne tatsächlich den irischen Tochtergesellschaften oder vielmehr dem US-Mutterkonzern zuzurechnen seien, stellte einen zentralen Streitpunkt dar. Der EuG argumentierte, dass Apple in Irland nicht unrechtmäßig bevorzugt wurde, da die Steuerpolitik in Übereinstimmung mit den bestehenden Regelungen gestaltet gewesen sei.

 

II. Rechtswidrige Beihilfe: EuGH verurteilt Apples Steuerpraxis

Nachdem das Gericht der Europäischen Union (EuG) im Jahr 2020 zunächst zugunsten von Apple entschieden hatte, blieb die Europäische Kommission unbeirrt und legte Rechtsmittel ein. Der Fall wurde schließlich vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebracht, der im September 2024 seine Entscheidung fällte.

Der EuGH stellte in dieser Entscheidung klar, dass die von Irland gewährten Steuervergünstigungen eindeutig als rechtswidrige staatliche Beihilfe zu werten sind.

Die durch internationale Geschäfte erzielten Gewinne der irischen Tochtergesellschaften Apple Sales International (ASI) und Apple Operations Europe (AOE) hätten den irischen Einheiten zugerechnet und entsprechend in Irland besteuert werden müssen. Stattdessen blieben diese Erlöse größtenteils steuerfrei, wodurch Apple ein selektiver und ungerechtfertigter Vorteil gewährt wurde – ein Vorgehen, das klar gegen die Wettbewerbsregeln der Europäischen Union verstößt.

Kern des Vorwurfs war, dass Irland Apple durch sogenannte Steuervorbescheide (Tax Rulings) erhebliche Steuererleichterungen einräumte, die zu einem effektiven Steuersatz von nur 0,005 Prozent führten. Aus Sicht des EuGH lag hier eine klare Verzerrung des Wettbewerbs vor. Apple erhielt damit über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten einen Vorteil, der anderen Unternehmen, die in Irland tätig waren, nicht gewährt wurde.

Der EuGH stellte dabei insbesondere klar, dass die von Apple in Irland gehaltenen immateriellen Vermögenswerte, wie Lizenzen für geistiges Eigentum, entscheidend für die Bewertung der steuerlichen Verpflichtungen des Unternehmens waren. Diese Vermögenswerte bildeten die Grundlage für die Gewinne, die außerhalb der USA erzielt wurden, und hätten deshalb in Irland besteuert werden müssen. Die Nichtberücksichtigung dieser Gewinne verschaffte Apple gegenüber anderen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil, der nach Auffassung des Gerichts den Beihilferegelungen der EU widersprach.
 

Konsequenzen für Apple: Apple muss 13 Milliarden Steuern zahlen

Das Urteil des EuGH hat für Apple erhebliche finanzielle Konsequenzen. Der Konzern ist nun endgültig verpflichtet, 13 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen an den irischen Staat zurückzuzahlen. Diese Gelder, die bereits seit 2016 auf einem Treuhandkonto hinterlegt sind, werden nun an Irland weitergeleitet. Der EuGH bestätigte, dass diese Steuervergünstigungen rechtswidrig waren, und stellte zudem klar, dass der Fall mit diesem Urteil abgeschlossen ist – eine weitere Berufung ist ausgeschlossen.

Für Apple ist dies nicht nur ein empfindlicher finanzieller Schlag, sondern auch eine Niederlage in einem der bedeutendsten Steuerstreitigkeiten der letzten Jahre. Der Konzern hatte stets betont, dass die Gewinne seiner irischen Tochtergesellschaften primär in den USA zu versteuern seien, da dort die eigentliche Wertschöpfung stattgefunden habe. Dieses Argument wurde vom EuGH jedoch klar zurückgewiesen.

 

Auswirkungen auf die europäische Steuerpolitik

Das Urteil des EuGH wird weit über den Einzelfall hinaus Auswirkungen haben. Es setzt ein starkes Zeichen dafür, dass die Europäische Union entschlossen ist, gegen selektive Steuerpraktiken vorzugehen, die den Binnenmarkt verzerren und den fairen Wettbewerb untergraben. Staaten, die multinationale Konzerne durch übermäßige Steuervergünstigungen anlocken, stehen künftig unter verstärktem Druck, ihre Steuerpolitik transparenter und gerechter zu gestalten.

Die Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Margrethe Vestager, die für Wettbewerbspolitik zuständig ist, begrüßte das Urteil des EuGH als einen „großen Gewinn für die europäischen Bürgerinnen und Bürger sowie für Steuergerechtigkeit“. Vestager hatte bereits 2016 die Entscheidung der Kommission initiiert, die letztlich zu diesem Urteil führte. In ihrer Stellungnahme betonte sie, dass die Kommission entschlossen sei, solche unfairen Steuerpraktiken weiterhin zu bekämpfen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu schaffen.

Das Urteil des EuGH gegen Apple dürfte zudem die Diskussion über eine harmonisierte Steuerpolitik innerhalb der Europäischen Union neu entfachen. Der Fall zeigt deutlich, dass die unterschiedlichen Steuerregime der Mitgliedstaaten zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen können. Staaten wie Irland, Luxemburg oder die Niederlande, die aufgrund niedriger Unternehmenssteuern und großzügiger Steuerabkommen als bevorzugte Standorte für multinationale Konzerne galten, könnten künftig gezwungen sein, ihre Steuerpolitik im Einklang mit den EU-Regeln zu reformieren.

Die Entscheidung des EuGH hat nicht nur für Apple unmittelbare Konsequenzen, sondern sendet auch ein klares Signal an andere multinationale Konzerne, die in der Europäischen Union tätig sind. Unternehmen wie Amazon, Fiat oder Starbucks, die in den letzten Jahren ebenfalls ins Visier der Europäischen Kommission geraten sind, müssen sich künftig auf eine striktere Überprüfung ihrer Steuervereinbarungen gefasst machen. Das Urteil stellt klar, dass die EU entschlossen ist, gegen Steuervermeidung und unfaire Beihilfen vorzugehen, unabhängig von der wirtschaftlichen Größe und Macht der betroffenen Unternehmen.

 

III. Auswirkungen auf andere Unternehmen und den Wettbewerb

Das Urteil gegen Apple hat nicht nur für den Technologieriesen selbst weitreichende Konsequenzen, sondern sendet auch eine Botschaft an andere multinationale Konzerne, die von günstigen Steuerregimen in der Europäischen Union profitiert haben. Insbesondere Länder wie Irland und Luxemburg, die durch ihre niedrigen Unternehmenssteuersätze zu beliebten Standorten geworden sind, stehen nun stärker unter Druck. Die Entscheidung des EuGH könnte sie zwingen, ihre Steuerpolitik zu überdenken und diese künftig transparenter zu gestalten, um einer erneuten Auseinandersetzung mit der Europäischen Kommission zu entgehen.

In den letzten Jahren gerieten diese Staaten zunehmend in den Fokus der Kritik, da sie durch lukrative Steuerdeals eine Ansiedlung internationaler Großkonzerne förderten. Unternehmen wie Apple, aber auch andere große Tech-Firmen, haben ihre europäischen Standorte oft bewusst nach steuerlichen Gesichtspunkten gewählt. Das Urteil des EuGH, das den Weg zu einer strikteren Kontrolle solcher Abkommen ebnen könnte, markiert einen Wendepunkt. Zukünftig dürfte es für multinationale Konzerne schwerer werden, von Steuervorbescheiden in bestimmten Ländern überproportional zu profitieren.

Neben dem gegenständlichen Urteil erregte am selben Tag eine weitere Entscheidung des EuGH gegen einen weiteren Tech-Giganten erhebliches Aufsehen: Google wurde aufgrund wettbewerbswidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit seinem Preisvergleichsdienst Google Shopping zu einer Geldbuße von 2,4 Milliarden Euro verurteilt. Auch hier bestätigte der EuGH die Entscheidung der Europäischen Kommission, die Google vorgeworfen hatte, seine marktbeherrschende Stellung missbraucht zu haben. Google hatte durch die prominente Platzierung seines eigenen Vergleichsdienstes in den Suchergebnissen die Konkurrenz benachteiligt und damit gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen.

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